0203 - Die Geisterfrau
Augenblick… Was hältst du übrigens von der Annahme seiner Lordschaft, mit Uther Pendragon verwandt zu sein?«
Zamorra grinste.
»Ich könnte ja mal Merlin fragen«, bemerkte er. »Der hat den ollen Knaben ja persönlich gekannt.«
»Nutzt nichts«, winkte Nicole ab. »Erstens würde Merlin dir auf eine so dämliche Frage nicht antworten, zweitens wird er kaum Zeit gehabt haben, den Stammbaum der Pendragons weiterzuverfolgen. Du weißt selbst wie sehr ihm Artus' Ende selbst heute, nach so vielen Jahrhunderten, noch zu schaffen macht.«
Zamorra zuckte mit den Schultern. »Was das angeht«, bemerkte er nachdenklich, »habe ich immer ein äußerst befremdliches Gefühl.«
»Welches?«
»Es sind Dinge, die man nicht mit ein paar Worten abhandeln kann«, sagte der Parapsychologe. »Denk an Jesus, der zwölf Jünger um sich scharte. Mit diesen versuchte er – nein, er versuchte es nicht nur, sondern er tat es –, sich für das Gute einzusetzen. Dies geschah sehr zum Ärger jener Mächte, die wir als ›böse‹ bezeichnen. Und dann passierte es, daß einer der Jünger zum Verräter wurde. Er hieß Judas.«
Nicole sah Zamorra prüfend an. »Schön«, sagte sie. »Das gehört zur Allgemeinbildung. Aber was hat das mit Merlin zu tun?«
»Jahrhunderte später«, fuhr Zamorra unbeirrt fort, »gab es einen Mann, der Artus hieß. Auch er scharte Getreue um sich, und diese dreizehn Männer setzten sich für das Gute ein. Und wieder war einer ein Verräter – Mordred.«
Nicole wurde blaß.
»Du meinst, daß Merlin…?«
»Ich meine gar nichts«, erwiderte Zamorra. »Mir fällt nur auf, daß in beiden Fällen die Zahl Dreizehn eine entscheidende Bedeutung hat. Und irgendwie habe ich das Gefühl, daß unser Freund Merlin derzeit dabei ist, wieder eine Gruppe aufzubauen, die sich der Zahl Dreizehn nähert. Ich bin gespannt, was aus diesem dritten Versuch wird. Bei Gelegenheit, wenn ich mal zufällig dran denke, werde ich ihn darauf ansprechen.«
»Du mußt verrückt sein«, flüsterte Nicole einigermaßen fassungslos.
»Nicht verrückter als Sir Winston, der seine Vorfahren bei Uther Pendragon sucht«, lächelte Zamorra. »Aber laß uns beim Thema bleiben.«
»Richtig«, griff Nicole den Faden wieder auf. »Ich werde heute mittag die Lady noch ein wenig piesacken. Mit der stimmt etwas nicht.«
»Bitte? Wie kommst du darauf?«
»Nenn es weibliche Intuition, wenn du willst«, erwiderte Nicole und erhob sich aus dem bequemen Sessel. Zamorra betrachtete gedankenverloren die rassige Linie ihrer langen Beine. »Ich habe da so eine sehr dumpfe Ahnung und ein komisches Gefühl, wenn ich Mylady sehe. Ich möchte sie noch ein wenig provozieren. Vielleicht explodiert sie endlich und geht aus sich heraus.«
»Wie meinst du das?«
»Das Ei beim Frühstück. Bills Ei«, sagte sie und rollte langsam zur Tür. »Es ist nicht von allein zerplatzt.«
»Ich weiß«, sagte Zamorra. »Es platzte, als ich das Amulett berührte.«
Nicole lächelte und streckte die Hand nach dem Türgriff aus, um ihn niederzudrücken. Langsam glitt sie hinaus. »Wenn du mich suchst, ich bin ein bißchen bei Bill. Mal sehen, was die Ahnenforschung macht. – Was dir bei dem Ei wahrscheinlich nicht aufgefallen ist, konnte ich sehen, weil ich günstiger saß.«
»Und was ist dir aufgefallen?« fragte Zamorra gespannt. Es kam öfters vor, daß Nicole Beobachtungen machte, die ihm selbst entgingen, weil er zu sehr aktiv in magische Phänomene verstrickt war.
»Als das Ei zerbrach und sich als zerfließender ›Rohling‹ entpuppte«, sagte Nicole, »waren Myladys Augen direkt darauf gerichtet.«
***
Zamorra starrte auf die Tür, die Nicole hinter sich geschlossen hatte. Er hörte ihre dröhnenden Rollschuhe, die sich über den Korridor entfernten.
Mylady…
Lady Beatrice Pendrake sollte mit dem Spuk zu tun haben?
Langsam schüttelte er den Kopf. Es war ziemlich unwahrscheinlich. Daß sie das Ei angesehen hatte, als es unter Zamorras Amulettberührung explodierte, konnte Zufall sein, mußte Zufall sein. Wenn es die anderen Vorfälle nicht gegeben hätte, hätte Zamorra daran geglaubt!
So aber nicht.
An dem Ei allein hätte Lady Beatrice beteiligt gewesen sein können. Hätte. Aber dann hätten alle anderen Phänomene auch nur in ihrer Nähe stattfinden können. Beispiele gab es genug in der Parapsychologie. Menschen, in deren Nähe Bilder von der Wand fallen oder Glühbirnen zerplatzen. Wo Rolltreppen stehenbleiben oder Uhren. Wo sich Löffel
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