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0203 - Um Mitternacht am Galgenberg

0203 - Um Mitternacht am Galgenberg

Titel: 0203 - Um Mitternacht am Galgenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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mit Schals gegen den schneidenden Fahrtwind.
    In Korsika gärte es politisch. Die Korsen wollten weg von Frankreich und schielten mit einem Auge nach Moskau.
    Manchmal überholten wir Esel. Die meisten waren mit Körben und Lasten hochbepackt. Ihre Besitzer trotteten hinter den Tieren her, dick eingemummt in warme Kleidung.
    Eine blasse Wintersonne schien. Schneeflocken wurden zu regelrechten Feldern, besonders in den Schattenlagen, wo wenig Sonne hinkam.
    Ich rauchte eine Zigarette. Bill nuckelte ebenfalls an einem Sargnagel, und Suko schaffte es als einziger von uns, die Augen zu schließen und zu dösen.
    Ty Everett hatte nicht übertrieben. Als wir uns mitten in dem gewaltigen Gebirgsmassiv befanden, wurde der Weg nicht nur schmaler, sondern auch schlechter. Schlaglöcher säumten ihn in unregelmäßiger Reihenfolge. Jetzt wurde auch Suko wach. Ich grinste schadenfroh.
    »Was ist?« fragte der Chinese.
    »Nichts.«
    Suko reckte sich. Er schaute aus dem Fenster. Dünner Staub wurde von den Reifen hochgewirbelt.
    An feuchten Stellen war es auch Matsch. Auf manchen Pfützen schimmerte noch eine dünne Eisschicht.
    Zwei Stunden dauerte die Fahrt. Gefälle, Anhöhen, Kurven, schlechte Pisten. Ein ewiges Wechselspiel.
    Einmal fragte Ty Everett, ob wir eine Pause einlegen wollten. Einstimmig entschieden wir uns dagegen.
    Immer mehr Zeit verfloss. Es wurde Nachmittag, auch der verging, und die Dämmerung wanderte wie ein unendlicher grauer Schatten über den Himmel.
    Auch Bill wurde es zuviel. »Wie lange fahren wir denn noch, Mann?«
    »Nicht länger als zehn Minuten.«
    »Und du bist dir sicher?«
    Ty nickte.
    »Na denn.«
    Er behielt recht. Als wir in eine Senke hineinrollten, sahen wir nicht nur steinige, karge Felder an den Berghängen, sondern auch die Häuser des Dorfes Clemenza. Steinhäuser mit flachen Dächern. Manche schimmerten rötlich, wenn Ziegel verwendet worden waren, andere wiederum bestanden aus den gleichen Steinen wie die Grundmauern.
    Zwei Bauern, die auf ihren Feldern arbeiteten, schauten uns nach. Praktisch mit dem letzten Rest des Tageslichts fuhren wir nach Clemenza ein.
    »Und wohin?« fragte Bill.
    »Erst einmal zum Pfarrer«, erwiderte Ty. Er kurvte in eine enge Gasse. Das Geräusch des Motors trieb Kinder von der Fahrbahn in die Hauseingänge, von wo sie dem Range Rover nachstarrten. »Ich muss dem Mann schließlich den Verbleib des Fundstücks erklären.«
    »Er kann froh sein, dass es so gekommen ist«, machte ich mich vom Rücksitz her bemerkbar.
    »Das erklären Sie ihm mal selbst.«
    »Werde ich auch.«
    Wir fuhren auf die Kirche zu. Davor gab es einen kleinen Platz. Einige Menschen hatten sich dort versammelt und sprachen miteinander. Zumeist waren es Frauen. Als wir stoppten, sahen sie uns aus großen Augen an.
    Jeder von uns war froh, die Fahrt hinter sich zu haben. Zumindest den ersten Teil, denn zum Galgenberg war es noch ein schönes Stück. Da wollten wir hinfahren.
    Wie Suko, Bill und Ty Everett reckte auch ich mich, brachte Bewegung in meinen müden Kreislauf, und Ty schritt auf eine Gruppe von Menschen zu. Er sprach mit ihnen. Was sie redeten, konnten wir nicht verstehen, die Leute zeigten nur immer auf das Pfarrhaus.
    Everett kam zurück. Unter seinen Schuhen knirschten die Steine.
    »Was ist los?« fragte Bill.
    »Der Pfarrer ist nicht da.«
    »Ist das hier ein Grund, beunruhigt zu sein?« wollte ich wissen.
    »Ja, denn er hätte jetzt die Messe lesen müssen. Nun ist er nicht aufzufinden.«
    »Sehen wir nach«, schlug Suko vor und nahm mir damit das Wort aus dem Mund.
    Bill bedachte mich mit einem schrägen Blick. Ein Schritt brachte mich neben den Reporter. »Vermutest du Ärger?« fragte mein Freund. Ich nickte.
    »Wieso?«
    »Wenn ich die Menschen hier sehe, die sich keinen Rat wissen, dann ist das nicht normal. Welcher Pfarrer lässt schon seine Messe sausen, es sei denn, er wäre krank.«
    »Sicher, wenn du das so siehst.«
    Suko und Ty Everett waren schon vorgegangen. Wir beeilten uns, sie einzuholen. Über einen plattierten Weg schritten wir, bis wir vor der Tür des Pfarrhauses stehen blieben. Dort trafen wir nicht nur mit Suko und dem Reporter zusammen, sondern sahen auch zwei ältere Männer, die ein wenig ratlos wirkten.
    »Wir haben geklingelt«, erklärte der eine in einem stark dialektbeeinflussten Französisch, »aber es hat niemand geöffnet.«
    »Gibt es sonst noch was?« wollte Everett wissen.
    »Ja, wir haben Geräusche vernommen.« Der Sprecher hob die

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