0205 - Die goldene Kralle
waren.
»Ja, bitte, fragen Sie, meine Herren.«
Babs Päuse wußte nicht viel. Zwischen ihr und Gerd König hatte auch mehr eine lockere Bindung bestanden. Sie ging in ihrem Job auf, während König mehr seinem Hobby, dem Reisen, frönte.
»Ist Ihnen nach seiner letzten Reise etwas aufgefallen?« erkundigte ich mich.
»Wie meinen Sie?«
»War er anders als sonst? Hatte er sich verändert?«
»Nein.«
»Und das wissen Sie genau?« Will Mallmann schaute die Frau mit den rötlich blonden Haaren an.
Barbara Päuse nickte. »Ich glaube schon. Sie müssen wissen, daß wir uns nie so oft sahen.« Sie legte die Stirn in Falten und dachte nach. »Ja, nur zweimal trafen wir uns.«
»Mit dem heutigen Tag?«
»Nein. Da sind es dreimal.«
»Und worüber haben Sie gesprochen?« erkundigte ich mich. »Ich meine, wenn es zu privat wird, dann können Sie auch schweigen.«
»Warum? Er hat wie immer von seiner Reise erzählt und wie toll er es gefunden hat.«
»Wo genau war er denn?«
»In Nepal.«
»Und was wollte er dort?«
Babs verzog die Mundwinkel. »Land und Leute kennenlernen. Das hat er doch immer gesagt. Ja, und dann erfuhr er von dem Tiger.«
»Von welchem Tiger?« schnappte Mallmann.
»Na, sie haben einen Tiger gejagt. Eine richtige Bestie, wie er erzählte. Er war ja nicht allein, die Einheimischen unterstützten ihn. Sie waren wohl eine Woche im Dschungel.«
»Haben Sie die Bestie gefunden?« hakte Suko nach, weil die Frau plötzlich schwieg und auf ihre Hände schaute.
»Ja, das schon.«
»Aber?«
Sie schaute Suko an. »Der Tiger war doch nicht so leicht zu besiegen. Er hat sich gewehrt. Gerd wurde sogar von ihm angegriffen. Er hat einen Schlag gegen die Schulter bekommen. Es war eine ziemlich böse Verletzung. Danach ist es ihm schlecht ergangen. Er hat Fieber bekommen, und wilde Alpträume quälten ihn. Ich habe die Wunde gesehen. Schrecklich, sage ich Ihnen. Sie war selbst hier in Deutschland noch nicht richtig verheilt.«
»Und sonst?« fragte ich.
»Sonst nichts. Wirklich nichts. Er hat über die Reise nichts mehr gesagt.«
Wir schauten uns an, dann stellte ich die entscheidende Frage:
»Wissen Sie vielleicht, wohin er entkommen sein könnte? Gibt es ein Versteck, das sich besonders eignet?«
Babs Päuse überlegte. »Sie meinen, einen Schlupfwinkel?«
»Genau den.«
»Nach Hause wird er wohl kaum laufen«, murmelte Frau Päuse.
»Das glaube ich nicht. Aber die Familie besitzt ein Landhaus in der Lüneburger Heide. Vielleicht hat er sich dorthin zurückgezogen.«
Es waren Worte, über die man nachdenken sollte. Allerdings glaubte ich nicht daran, daß sich Gerd König gerade das Landhaus als Versteck ausgesucht hatte. Nein, das war viel zu riskant. Man hätte ihn zu leicht finden können.
»Sie glauben mir nicht so recht?« vermutete Barbara Päuse.
»Doch, Ihnen glaube ich. Das Landhaus existiert ja. Aber ich kann mir schlecht vorstellen, daß sich Ihr Freund dort versteckt haben sollte.«
»Er ist nicht mein Freund.«
»Entschuldigen Sie.«
Ich schaute die anderen an. Keiner sah mir so aus, als hätte er noch Fragen.
»Dann dürfen wir uns jetzt verabschieden und Ihnen noch gute Besserung wünschen«, sagte Will Mallmann. Er trat dicht an das Bett und reichte Babs Päuse die Hand.
»Danke, Herr Kommissar.«
Auch Suko und ich verabschiedeten uns per Handschlag. Babs Päuse sagte noch: »Bitte, tun Sie mir einen Gefallen. Fangen Sie diese Bestie, bevor sie noch mehr Unheil anrichtet und andere Menschen tötet. Ich bitte Sie wirklich.«
»Wir werden uns bemühen.«
Will Mallmann stand bereits an der Tür, als es von außen klopfte.
Der Kommissar öffnete. Wie auch wir sah er den großen Blumenstrauß, den jemand in der Hand hielt und dann die Schwelle übertrat. Der Mann trug noch immer den gleichen Anzug, an dem ich ihn erkannte, denn sein Gesicht sah ich nicht.
Es war Hans König. Er zeigte sich ziemlich überrascht, uns drei in dem Krankenzimmer zu finden.
Will Mallmann sagte, als er die Tür schloß. »Da nehmen Sie uns einen Weg ab, Herr König. Wir wären sowieso zu Ihnen gekommen, um mit Ihnen über Ihren Bruder zu reden.«
Hans König legte die Blumen zur Seite. Er sah blaß aus, seine Hände zitterten leicht. »Ich habe inzwischen erfahren, was geschehen ist«, sagte er mit leiser Stimme. Die Bewegung, mit der er die Schultern hob, deutete Hilflosigkeit an. »Wirklich, ich kann mir nicht vorstellen, daß er sich zu einem Monster entwickelt haben soll. So etwas kann
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