0205 - Gangster zahlen auch mit Blei
John Lunds Züge? Bevor ich mir darüber klar werden konnte, grinste der Gangsterboss schon.
»Das würde ihm schlecht bekommen.«
»Lund, ich warne Sie. Sie haben Brack von Anfang an unterschätzt. Sie halten ihn für primitiv und brutal. Brutal ist er bestimmt, aber nicht primitiv. Sie haben ihn damals bei der Arguzzo-Sache hineinlegen können, aber genau betrachtet ist es Ihnen nur zur Hälfte gelungen. Sie wollten, dass er wegen Mordes verknackt wurde, und das wäre sicherlich geschehen, wenn er Sie als Auftraggeber genannt hätte. Sie hätten Ihren Kopf schon aus der Schlinge gezogen, aber der Mord wäre an Brack hängen geblieben. Er erkannte das, nannte nicht ein einziges Mal Ihren Namen, sondern machte aus dem Mord einen Eifersuchtstotschlag und kam damit durch. Solange er dann im Zuchthaus saß, dachte er nur darüber nach, wie er es Ihnen heimzahlen könnte. Jetzt ist er frei, und er hat eine Pistole in den Fingern. Der ›Hässliche‹ schießt besser als jeder Mann von Ihnen.«
»Wer besorgte ihm die Pistole?«
»Nicht das FBI«, antwortete ich und konnte ein kleines Grinsen nicht unterdrücken. »Sie haben sich genug Feinde gemacht, die nur darauf warten, einen Burschen, der den Mut hat, sich mit Ihnen anzubinden, eine Kanone in die Hand zu drücken.«
»Warden«, murmelte Lund. Es war, als notiere er den Namen auf seiner Abschussliste.
»Wenn Sie es wünschen, sorge ich dafür, dass Sie unter Polizeibewachung gestellt werden.«
Er brach in schallendes Gelächter aus.
»Der Witz wäre zu gut. John Lund steht unter dem Schutz der Polizei! Glauben Sie wirklich, G-man, ich wüsste mir nicht gegen einen einzelnen Mann zu helfen? Unterstehen Sie sich, mir Cops oder G-men vor das Haus zu stellen! Ich ließe sofort eine Beschwerde nach Washington los.«
Ich stand auf. »Wir mögen den Anblick von Leichen nicht, Lund, nicht einmal den Anblick von Ihrer Leiche. Aus diesem Grund habe ich Sie gewarnt.«
»Danke schön, G-man«, entgegnete er spöttisch.
McCoster öffnete mir wortlos die Tür. Vorbei an den Leibgardisten, brachte mich der Butler hinaus.
Ich fuhr zum Hauptquartier. Von Phil lag eine Nachricht vor. Von Steven Warden fehlte noch jede Spur.
***
Am Abend begann es zu regnen, und der Regen hielt die ganze Nacht an.
Phil schlug fluchend den Kragen des Trenchcoats hoch.
»Ist das Leben nicht eine Hölle?«, knurrte er. »Ein Ganove wie Lund sitzt vorm Kaminfeuer, schlürft einen zwanzigjährigen Whisky und reibt sich die Hände, während zwei ehrliche G-men wie du und ich im Regen stehen und auf dem besten Weg sind, sich eine doppelseitige Lungenentzündung zu holen. Wenn ich wenigstens wüsste, warum du dich von dieser Stelle nicht trennen kannst. Das letzte Mal habe ich als Achtzehnjähriger so ausdauernd vor einem Haus gestanden, aber es wohnte auch eine süße Siebzehnjährige darin, die alle männlichen Vertreter unseres College auf die Palme brachte. Ich habe fünf Nächte damit verbracht, vor dem Haus zu stehen, um einen Schimmer von ihr hinter den Fenstern zu erwischen. Anschließend musste ich den üppigsten Schnupfen meines Lebens auskurieren.«
Ich lachte leise. »War sicherlich auch die größte Liebe deines Leberts.«
»Ja«, stimmte Phil nachdenklich zu. »Später ist mir nie wieder ein Girl so himmlisch schön vorgekommen.« Er verscheuchte die Erinnerungen an die Siebzehnjährige. »Befindet sich in dem Haus vielleicht ein Mädchen, das annähernd an meine damalige Flamme heranreicht? Nein, also warum stehen wir hier?«
Ich konnte Phils Frage nicht beantworten, denn genau wusste ich selbst nicht, warum ich hier Posten bezog. Ein unerklärbares Gefühl der Unruhe hatte mich in dieser Nacht vor Lunds Villa in die Park Avenue getrieben. Phil war kameradschaftlich genug gewesen, um mitzugehen. Jetzt standen wir schon drei Stunden auf der Straße, ohne dass sich irgendetwas ereignet hätte.
Vor zwei Stunden etwa hatte ein Mann mit einem Wagen die Villa verlassen. Er war noch einmal ausgestiegen, um das Tor zu schließen, und wir hatten den Butler erkannt.
Phil hatte fast den ganzen Tag nach Warden gesucht, aber es war vergeblich gewesen. Der Hafengangster war wie vom Erdboden verschwunden. Phil hatte die Suche aufgeben und den Blonden nach Hause schicken müssen.
Durch das Gittertor konnten wir einen Teil der Villa sehen. Im Erdgeschoss brannten hinter zwei Fenstern Lichter.
Kurz nach Mitternacht wurde hinter einem Fenster das Licht gelöscht. Wenig später flammte in der
Weitere Kostenlose Bücher