0205 - Gangster zahlen auch mit Blei
Schüsse hören und zurückkommen würde. Sie hätten Ihre Maßnahmen auch in der außergewöhnlichen Situation, in der Sie sich vor Bracks Pistole befanden, darauf einstellen und Phil warnen müssen.«
Ich schrieb mir selbst ein gerütteltes Maß Schuld daran zu, dass Phil im Hospital lag und im besten Fall mit einer Narbe mehr am Körper davonkommen konnte. Immerhin war es nicht nötig, dass der Chef auf mir herumtrat wie auf einem alten Fußabstreifer.
»Hören Sie, Chef«, fauchte ich. »Wenn Sie meinen, ich tauge für den Job nicht mehr, so können Sie meinen Ausweis haben.«
Er hob ein wenig die Augenbrauen.
»Finden Sie, dass das der richtige Weg wäre, die Panne in Ordnung zu bringen?«, fragte er kühl. »Ich bin anderer Meinung. Brack befindet sich immer noch auf freiem Fuß. Ich wünsche, dass Sie ihn innerhalb einer Woche zur Strecke bringen, Jerry. Das ist jetzt Ihre einzige Aufgabe. Die Regelung von John Lunds ›Erbschaft‹ habe ich Sadway übertragen.«
»In Ordnung, Chef«, knurrte ich.
»Danke-, Jerry! Viel Erfolg!«
Ich drehte mich auf dem Absatz um wie ein Rekrut, dem gerade der Wochenendurlaub gesperrt worden ist, und marschierte zur Tür. Mr. Highs Anruf stoppte mich.
»Jerry«, sagte er ruhig, »ich möchte keinen Mann mehr bei der Jagd auf den ›Hässlichen‹ verlieren. Seien Sie vorsichtig, mein Junge.« Sein altes Lächeln huschte über sein Gesicht und bewirkte, dass mir die Welt nicht mehr so abgrundtief schwarz erschien.
Ich fuhr auf dem kürzesten Weg zum Krankenhaus, obwohl ich erst vor zwei Stunden dort gewesen war.
Der Doc hatte mir versprochen, ich dürfte vielleicht ein paar Worte mit Phil wechseln. Es wurde nichts daraus.
Phil schlief noch. Eine freundliche Schwester erlaubte mir einen Blick durch einen Türspalt.
Ich glaube, die Ärzte hatten mächtig an Phil herumgesäbelt. Seine Nase war spitz, seine Hautfarbe erinnerte an Buttermilch und sein blondes Haar hatte den Glanz verloren.
Die Schwester zog mich zurück.
»Sie können ganz unbesorgt sein«, flüsterte sie. »Er wird wieder.«
***
Ich verließ das Hospital und steckte mir auf der Straße eine Zigarette an, um den Geruch nach Desinfektionsmitteln aus der Nase zu bekommen.
Wahrscheinlich kam Phil wirklich wieder auf die Beine, aber ich konnte nur mit Entsetzen daran denken, was passiert wäre, wenn Bracks sagenhafte Schießkünste zu einem besseren Treffer geführt hätten. Nur den Umständen war es zu verdanken, dass Phil noch lebte. Mad Hower, Wardens blonder Mann, war Augenzeuge gewesen. Von ihm wussten wir den Hergang.
Der Held hatte sich, als Brack den Hafengangster erschoss, und ich meinerseits den »Hässlichen« anfiel, in irgendeine Deckung gestürzt.
Er hatte, halb tot vor Angst, zugesehen, wie Brack und ich über das Deck rollten, und er war nicht auf den Gedanken gekommen, zu des einen oder anderen Gunsten einzugreifen, obwohl wir uns so ineinander verbissen hatten, dass er den Gangster und den G-men mit einem alten Waschbrett hätte erschlagen könne. Dann ging ich über Bord.
Nach Howers Aussage hielt sich Brack nicht damit auf, mir eine Kugel nachzuschicken. Er warf sich herum, rannte über das Deck und kletterte auf den Pier.
Sie wissen, dass der Kahn fast eine Manneslänge tiefer lag als der Pier. Phil, der in dem Augenblick herangerast kam und noch fast hundert Yards vom Schlepper entfernt war, als Brack auf den Pier kletterte, stoppte wahrscheinlich sofort und rief den »Hässlichen« an.
Brack knallte los, aber Phil war darauf vorbereitet. Er hielt die Smith & Wesson in der Hand und feuerte gleichzeitig. Er erwischte Brack, aber Brack erwischte auch ihn. Nur der großen Entfernung war es zu verdanken, dass der ehemalige Kunstschütze meinen Freund nicht auslöschte.
Dass Phil den »Hässlichen« getroffen hatte, ergab sich aus Howers Aussagen und den Blutspuren, die wir fanden. Es blieb unklar, wie schwer er erwischt worden war. Offensichtlich hatte er wenig Blut verloren, und auch die Tatsache, dass er spurlos verschwunden war, sprach dafür, dass Phil mit seiner Kugel nicht sehr viel Glück gehabt hatte.
Ganz spurlos übrigens war Brack nicht verschwunden.
Ein Mann vermisste einen alten Ford, den er in der Nähe des Piereingangs abgestellt hatte. Der Wagen wunde noch am gleichen Tag an der 112th Street wiedergefunden. Am Steuer fanden sich Blutspuren, und unsere Chemiker fanden rasch heraus, dass es das gleiche Blut wie im Hafen war.
Bis zur 112th Street war Brack also
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