0206 - Das Vampirnest
aufgeben wollte, er dachte allerdings auch nicht an seine eigene Sicherheit und Deckung.
Easton konnte zu einem Konterschlag ansetzen. Seine Beine schnellten vor, sie wurden zur Zange und umklammerten die Fußgelenke seines Gegners.
Dem plötzlichen Ruck hatte der andere nichts entgegenzusetzen. Er wurde einfach überrascht. Plötzlich befand er sich in der Luft, ruderte mit den Armen und krachte zu Boden.
Den kleinen Tisch verlor er dabei. Er wirbelte über den Boden und wurde von einem Fuß gestoppt.
Easton warf sich augenblicklich nach vorn. Er hatte den rechten Arm erhoben und kreischte: »Jetzt bist du dran!«
Hart wollte er zustoßen, und sein Gegner schaffte es auch nicht mehr, die Beine anzuziehen, um den anderen wegzustoßen, es gelang ihm allerdings, den rechten Arm des Arztes abzuwehren, so daß die Pfahlspitze neben seiner Brust in den Teppich rammte.
»Ich mach dich fertig!« brüllte Easton. Mrs. Gibbons begann zu schreien.
Da schellte es.
Der Gong war laut genug, um auch im Wohnraum vernommen zu werden. Die Vampire und auch Mabel, der einzige Mensch, erstarrten zur Bewegungslosigkeit.
Über Mabels Rücken lief ein Schauer.
Ein Besucher mitten in der Nacht. Eine Hilfe vielleicht? Sie hoffte es. Nur, was konnte dieser Mann schon gegen die anderen ausrichten, gegen die Nichtmenschen?
Die Feindschaft zwischen Gibbons und Easton war vergessen. Plötzlich erinnerten sie sich wieder ihrer Gemeinsamkeiten, und Gibbons drehte sich unter Easton zur Seite, ohne daß dieser etwas dagegen unternahm.
Noch einmal ertönte der Gong.
Easton ließ den Pfahl verschwinden, zog sein Jackett glatt und nickte den anderen zu. »Ich werde nachsehen.«
»Wer kann das sein?« fragte Forman.
Easton hob die Schultern und grinste. »Auf jeden Fall ein Mensch, meine Freunde.«
Und Elisa Lloyd, der dritte weibliche Vampir, flüsterte: »Blut, Freunde. Wir bekommen Blut…«
***
Einer Kugel kann man kaum ausweichen, erst recht nicht, wenn diese aus kurzer Entfernung abgefeuert wird. Im Sprung bemerkte der rothaarige Mann, auf was er sich eingelassen hatte, daß die Revolvermündung gedreht war und nun auf seinen Körper zeigte.
Für eine Zehntelsekunde vielleicht verzerrte sich sein Gesicht, und in dieser Zeitspanne geschah es.
Der Killer drückte ab.
Ein infernalisches Krachen war zu hören. Vor dem Lauf platzte eine Feuerblume auf. Die Kugel schlug wuchtig in den Körper des springenden Mannes, konnte ihn jedoch nicht mehr stoppen, so daß der Rothaarige gegen seine Frau und den Gangster prallte.
Auf seiner Brust war ein roter Fleck zu sehen, der sich schnell vergrößerte.
Der Schwerverletzte oder schon Tote drückte den Killer und seine Geisel in die Ecke.
Die Frau fing fürchterlich an zu schreien. Ihre Nerven spielten nicht mehr mit, und Suko griff ein. Er machte sich nicht erst die Mühe, seine Beretta aufzuheben, das hätte einen Zeitverlust bedeutet, er überbrückte die Entfernung mit einem gewaltigen Satz, und bevor der Killer seine Waffe abermals herumschwenken konnte, traf Sukos Hieb dessen Handgelenk und schleuderte ihm den Revolver aus den Fingern. Der Chinese hatte sehr viel Kraft in den Schlag gelegt, und er wußte auch nicht, ob der andere sich nicht das Gelenk gebrochen hatte, aber das war ihm egal. Hier ging es um das Leben von Unschuldigen.
Der Killer heulte wie eine Sirene. Der Schmerz hatte ihm das Wasser in die Augen getrieben.
Suko packte mit der linken Hand die Schulter des Mannes, riß mit der rechten Hand die Frau aus dem Griff und schleuderte den Killer längs durch den Flur gegen die Garderobe, wo er zwischen die Mäntel fiel und nur noch sein Unterkörper zu sehen war.
Suko wühlte die Kleidung zur Seite, sah das ängstliche Gesicht des Mörders, preßte beide Hände gegen die Brust des Mannes, wobei er ihn mit dem Rücken gegen die Wand drückte.
»So!« zischte der Chinese. »Jetzt hör mir genau zu!« Er mußte laut sprechen, weil die Frau noch schrie, und er wollte auch die Schocksituation des anderen ausnützen. Wenn der Mann tatsächlich zwei Polizisten getötet hatte, dann war er ein eiskalter Profi, den nichts so leicht erschüttern konnte.
»Rede!« zischte Suko. »Woher hast du den Sarg? Zu wem wolltest du?«
»Auf dem Boot!« keuchte der andere. »Die Särge liegen auf dem Boot.«
»Wo genau?«
»Ein altes Haus- und Hotelboot. Es ist nicht mehr im Dienst. Ich werde…«
Was er wollte, erfuhr Suko nie, denn der Kerl beugte seinen Kopf nach vorn und
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