0206 - Das Vampirnest
Übergewicht und schlug lang hin.
Aus, vorbei…
Ich schaute ihn an. Sein Gesicht zeigte kein Leben mehr. Das geweihte Silber hatte ihn doch zerstört, und als ich mir seine Hand ansah, da sah ich die graue Farbe der Haut. Am Einschußloch sah sie dunkler aus.
Dort lag auch das Blut wie eine Schicht auf ihr. Zum Arm hin wurde die Haut heller.
Er reagierte wirklich wie ein Vampir. Mit geweihtem Silber konnte man auch den synthetischen Blutsaugern ein Ende bereiten. Das freute mich.
So modern die Vampirpillen auch waren, den alten Waffen hatten sie nichts entgegenzusetzen.
Wieder hatte es zwei Tote gegeben, und der Fall war noch längst nicht beendet. Aber wie ging es weiter? Wohin waren die anderen geflohen?
Ich zählte im stillen nach. Da waren noch vier Vampire. Zwei Männer und zwei Frauen. Dann kam Easton hinzu und die blonde Frau, die kein Vampir war, wobei ich mich jedoch fragte, ob sie noch lange ein menschliches Dasein führen konnte.
Ich verließ den Raum und schritt durch die leere Diele. Meine Beretta hatte ich nicht weggesteckt, niemand lauerte mir auf. Das Licht brannte, durch die offene Tür wehte der kalte Nachtwind.
Die Wagen waren verschwunden. Nur ein kleiner Toyota stand noch da.
Und mein Bentley. In ihn setzte ich mich und griff zum Telefon. Ich mußte die Zentrale erreichen, vielleicht hatte sich Suko gemeldet und irgendeine Nachricht hinterlassen, denn der Chinese kannte die Spielregeln genau.
»Oberinspektor Sinclair«, sagte das Mädchen, das die Anrufer zumeist weiter verband, wenn sie nicht direkt wählten. »Man hat nach Ihnen gefragt.«
»Und wer?«
»Inspektor Suko.«
Ich grinste. Also war ihm nichts passiert. »Hat er eine Nachricht hinterlassen?«
»Ja, Sir. Er ist wieder unterwegs. Ich soll Ihnen bestellen, daß Sie zu einem Schiff kommen möchten.«
»Davon gibt es viele.« Ich war plötzlich nervös.
»Das Schiff heißt Star of London.«
»Noch nie gehört den Namen. Und wo liegt es? Hat Inspektor Suko das auch gesagt?«
»Cheyne Walk. Zwischen der Battersea und Albert Bridge.«
»Das ist gar nicht mal so weit weg«, murmelte ich.
»Was sagten Sie, Sir?«
»Nichts Bestimmtes. Eine genauere Angabe können Sie auch nicht machen?«
»Nein, Sir, tut mir leid.«
»Trotzdem, vielen Dank.« Ich hängte ein, saß zwei Sekunden bewegungslos und startete.
Ich war wirklich gespannt, was das Boot mit unserem Fall zu tun hatte…
***
Die Themse wirkte in der Nacht wie eine schwarze Fläche. Der kalte Nordwestwind fuhr über das Wasser, bewegte es zu Wellen, die sich ausbreiteten und den beiden Ufern entgegenliefen, wo sie über Steine und Schwemmsand langsam ausrollten.
Der Wind fuhr auch über die Aufbauten des alten Ausflugdampfers. Als hätte er 1000 Hände, so drang er in jeden Spalt, in jede Ritze, wollte anheben, was nicht fest war und versuchte, an Ecken, Kanten und Vorbauten sein Glück.
Das Schiff, es lag vertäut im Wasser, und ein Steg führte zu ihm hin, wiegte sich im Rhythmus der anlaufenden Wellen, als würde es sich vor der Themse, dessen Namen es trug, verneigen. Leer und verlassen sah es aus, abgewrackt, dem Zerfall überlassen. Es hatte seine Dienste getan, niemand brauchte es mehr.
Die äußere Ruhe täuschte.
Unterhalb der Aufbauten, im Bauch des Schiffes, gärte es. Dort stand die makabre Last. Zwanzig Särge hatte Lady X herschaffen lassen, und jeder Sarg hatte seinen Platz gefunden. Sie standen nebeneinander.
Zehn an jeder Seite.
Eine flackernde Laterne unter der Decke gab zwar Licht, produzierte jedoch auch Schatten, so daß es ein unheimliches Wechselspiel zwischen Hell und Dunkel gab.
Gespenstisch flackerte es über die Särge. Im Bauch des Schiffes schienen selbst die Schatten zu leben und von unheimlichen Reichen und Welten zu flüstern.
Vampiro-del-mar war ebenfalls da. Er allerdings hielt sich auf Deck auf.
Der Supervampir war mißtrauisch. Er glaubte nicht daran, daß sie sich in Sicherheit befanden. Irgend etwas konnte immer geschehen, und dann hieß es achtgeben.
Die Stadt London war ihm nicht geheuer. Hier lebten die großen Feinde, der Geisterjäger John Sinclair und seine Freunde. Vampiro-del-mar hatte es lieber gesehen, wenn sie sich woanders aufgehalten hätten, aber leider hatte man ihm nicht die Befehlsgewalt übertragen.
Im Dunkeln hockte er an Deck und wartete. Ein stummer, grausamer Wächter.
Die anderen waren eingetroffen. Mit Dr. Easton an der Spitze kamen sie.
Und er hatte nur einen Blick auf ihre Gesichter zu
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