0206 - Das Vampirnest
werfen brauchen, um zu erkennen, daß der Plan aufgegangen war. Die Vampirpillen hatten einen durchschlagenden Erfolg erzielt. Sie hatten die beiden Paare zu blutsaugenden Monstren gemacht.
Aber da war noch jemand mitgekommen. Ein blondhaariges Wesen, ein Mensch und kein Vampir. Das wollte Vampiro-del-mar!
Er hatte genau beobachtet, wo die Kleine hingeschafft worden war. Sie befand sich nicht zusammen mit den anderen in einem Gefängnis, man hatte sie extra eingesperrt.
Vampiro-del-mar wollte sie haben. Er brauchte das Blut, denn lange genug hatte er schmachten müssen. Ihm war es egal, wie Lady X darüber dachte, denn sie wollte das Opfer haben. Ein Geschenk für die Scott, wie der Arzt versicherte.
Das Geschenk sollte sie nicht bekommen.
Er hockte an Deck und schaute zum Ufer hin. Es lief dort flach weiter und stieg später an. Wenn die Themse Hochwasser führte, konnten die Wiesen die Flut auffangen. Oberhalb der ansteigenden Uferböschung führte eine schmale Straße vorbei. Erst dahinter lag der Cheyne Walk, über den auch nachts der Verkehr rollte, was an den heranund weghuschenden Lichtschleiern zu erkennen war.
Die Wagen waren von den Besuchern bis dicht an den Steg gefahren worden. Selbst im Dunkeln konnte Vampiro-del-mar die Spuren erkennen, die von den Reifen im weichen Boden hinterlassen worden waren.
Auf den Uferwiesen rührte sich nichts. Ein Verfolger war nicht zu sehen.
Es blieb dunkel.
Vampiro-del-mar ging davon aus, daß er es wagen konnte, das Schiff ohne Wache zurückzulassen. Niemand würde sich für den alten Kahn interessieren, über dessen Aufbauten der Wind pfiff. Wo früher die Passagiere an Tischen und auf Bänken gesessen hatten, war alles verrottet. Das Holz war im Lauf der Zeit faulig geworden. Schimmel wuchs auf Bänken und Tischen. Die großen Scheiben waren längst zerbrochen. Niemand hatte es für nötig befunden, die Splitter wegzufegen.
Vampiro-del-mar erhob sich.
Eine große, schreckliche Gestalt. Themse abwärts fuhr ein Boot der Polizei. Es hatte Positionsleuchten gesetzt. Für einen Moment schwenkte sogar der breite Strahl eines Scheinwerfers über das Wasser, so daß die Wellen blitzende Hauben bekamen.
Vampiro-del-mar schaute dem Boot nach. Sein schreckliches Gesicht verzerrte sich noch mehr. Er dachte an die Menschen auf dem Boot. Sie waren potentielle Opfer. Er wußte allerdings auch, daß es gefährlich werden konnte, wenn er sie angriff, denn großes Aufsehen wollte und mußte er vermeiden.
In den Bauch des alten Schiffes führte ein Niedergang. Es war schon gespenstisch, wie sich Vampiro-del-mar darauf zu bewegte. Man vernahm keinen Laut. Der riesenhafte Vampir schien über den Planken zu schweben.
Er schritt in Richtung Brücke. Das einst weiß angestrichene Metall hatte längst Rost angesetzt. Wenn der Supervampir mit seiner Klaue darüber fuhr, rieselte er zu Boden. Unterhalb der Brücke befand sich der Niedergang. Er führte in den Bauch des Schiffes.
Der unheimliche Blutsauger stieg die Stufen hinab. Dabei mußte er sich ducken, um nicht mit dem Kopf anzustoßen. Der Bauch des Schiffes war in mehrere Lagerräume unterteilt. In dem größten standen die zwanzig Särge.
Aber dahin wollte er nicht. Er vernahm auch die Stimmen der anderen.
Deutlich hörte er das Organ dem Scott heraus. Sie sprach von den Vampirpillen und daß sie erst am Beginn eines langen Weges standen.
Vampiro-del-mar war von den Pillen nicht so überzeugt. Er war ein uraltes Monstrum und sehnte sich danach, seine alten Diener zurückzubekommen. Erst wenn er sie hatte, fühlte er sich wohl. Aber sie waren so schnell nicht zu bekommen, irgendwo in der Erde, vergraben unter Ruinen und Bergen von Geröll schliefen sie und warteten darauf, erweckt zu werden, so wie man ihn erweckt hatte.
Da er jedoch nicht genau wußte, wo er den Hebel ansetzen sollte und von Solo Morasso ebenfalls keine Unterstützung bekam, weil er andere Sorgen hatte, mußte sich Vampiro-del-mar mit dem zufriedengeben, was man ihm anbot.
Das waren nun mal die modernen Blutsauger.
Als Vampiro-del-mar den Gang erreicht hatte, der den Bauch des Schiffes teilte, blieb er stehen. Vor ihm, am Ende des Ganges, befand sich eine schmale Tür. Dahinter lag die Kammer, in die man das blonde Mädchen gesteckt hatte.
Lady X wollte sich später mit ihm beschäftigen, dann jedoch war es zu spät.
Geduckt ging der Supervampir weiter, bis er die Tür erreicht hatte. Er konnte sie aufdrücken, wenn erden schweren Holzriegel zur
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