0207 - 1:0 für einen Gangster
Ich möchte mir ’ne Anstecknadel daraus machen lassen.«
»Vielleicht können wir darüber später reden«, sagte ich, und das war nicht einmal vollkommen gelogen.
Sowohl die Polizei als auch wir geben gelegentlich an Leute, die uns einen Dienst erwiesen haben, einen sogenannten Anerkennungsstern, der allerdings von unseren dienstlichen beträchtlich abweicht.
»Ich halte Sie beim Wort«, sagte sie. »Sie sind jedenfalls der erste G-man, dem ich begegne. Ich habe mir euch ganz anders vorgestellt.«
Das tun die meisten Leute. In der Allgemeinheit ist immer noch die Legende verbreitet, wir trügen stets einen blauen Zweireiher und dazu einen Stetson.
»Jetzt sind wir uns also einig«, meinte ich lächelnd. »Sehen Sie sich einmal dieses Foto an und sagen Sie mir, ob Sie die beiden kennen.«
Während sie sich interessiert darüber beugte, knackte es, als ob die Tür geöffnet würde. Aber ich hatte mich getäuscht.
»Den Mann habe ich zwei- oder dreimal gesehen. Wie er heißt, weiß ich nicht. Das Mädchen, dem sie den Kopf abgeschnitten haben, ist eine meiner Kolleginnen. Hier nennt sie sich Aischa und…«
Ich weiß nicht, was mich gerade in diesem Augenblick bewog, nach der Tür zu blicken. Diese war immer noch geschlossen, aber in der Holzfüllung bemerkte ich eine rechteckige Öffnung von ungefähr drei mal vier Inches, in der jetzt eine Hand erschien, die etwas Schwarzglänzendes hielt.
Der Tisch flog um, als ich mich quer darüber gegen das Mädchen warf. Sie kippte mit einem Schreckensschrei mitsamt ihrem Sessel nach hinten.
Durch die Öffnung in der Türfüllung knallte es gedämpft, als ob man Sektpfropfen durch die Gegend fliegen ließ. Der Spiegel zersplitterte. Und dann bellte meine Smith & Wesson auf.
Das Mädchen, dem die Schüsse offenbar gegolten hatten, hatte die Schrecksekunde mit bewundernswürdiger Kaltblütigkeit überwunden. Es rollte gegen die Wand, bis es im toten Winkel lag und der Schütze es nicht mehr erreichen konnte. Das aber wäre gar nicht nötig gewesen.
Es war totenstill geworden. Selbst die Musik, die vorher aus dem Lokal hereingedrungen war, schwieg. Nur unmittelbar vor der Tür hörte ich ein dumpfes Stöhnen. Möglicherweise war das eine Finte, und ich blieb seitlich in Deckung, während ich die Klinke niederdrückte. Nichts erfolgte, aber die Tür bewegte sich nicht. Offenbar hakte sie an irgendetwas.
Dann kamen schnelle Schritte den Gang herauf.
»Da liegt einer«, rief jemand.
»Es sind Löcher in der Tür. Der von drinnen hat geschossen.«
»Verdammt noch mal. Nehmt den Kerl von der Tür weg, damit ich heraus kann«, schimpfte ich.
Es war mir inzwischen klar geworden, dass ich den Schützen erwischt hatte und dieser nun die Tür blockierte.
»Nicht rauslassen! Schließt die Tür zu!«, quakte eine hysterische Stimme.
Eine Zeit lang ging es noch hin und her. Jemand hatte tatsächlich den Schlüssel im Schloss gedreht. Ich verlegte mich also aufs Verhandeln, aber vorläufig nutzte das nichts.
»Lass mich mal, Darling.« Das Mädchen, das ich ganz vergessen hatte, stand hinter mir.
»Ihr könnt den Mann ruhig rauslassen. Er ist ein G-man. Ich habe seinen Ausweis gesehen«, rief sie.
Dennoch dauerte es noch ein paar Minuten, und als die Tür dann aufflog, sah ich die grimmigen Gesichter zweier Cops, die mit gezogenen Colts rechts und links Posten gefasst hatten. Sie bellten mich an, und ich bellte zurück. Zuletzt einigten wir uns.
Zu meiner unangenehmen Überraschung war der Mann, auf den ich blindlings geschossen hatte, tot. Ich brauchte nicht lange danach zu forschen, um wen es sich bei ihm handelte. Er war für die ORIENTAL BAR und einige in der Gegend liegenden anderen Lokale so etwas wie der fliegende Hausfotograf.
Sein legales Geschäft bestand darin, das er Pärchen, die darauf Wert legten, fotografierte und ihnen die Bilder am nächsten Tag gegen Bezahlung zustellte. Natürlich war das nur die eine Seite. An den Fotos, die er ohne Einwilligung der Betroffenen machte, hatte er bestimmt viel mehr verdient. Mich interessierte in erster Linie, wer die Klappe an der Tür angebracht hatte. Des Rätsels Lösung war ebenso einfach wie verblüffend.
Der Besitzer hatte von der Stadtpolizei die Auflage erhalten, an seinen so genannten Konferenzräumen ein Fenster anzubringen, damit man von draußen jederzeit feststellen konnte, ob im Innern alles mit rechten Dingen zuging. Diese Auflage war die Folge eines Feldzuges der Frauenvereine gewesen, die
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