0208 - Die sieben Leben des Vampirs
mehr abnehmen«, bestimmte er. »Vielleicht schützt es dich vor den Träumen.«
»Ich glaube mehr, daß es wirklich Ahnungen sind«, versetzte Nicole. Sie deutete nach draußen. »Meinst du nicht, daß die Abschirmung ausreichen müßte? Sie tut es nicht.«
»Du weißt, daß das Amulett stärker ist als jede andere Abschirmung um das Schloß herum. Gehen wir?«
Sie kleideten sich an, verließen das Gebäude und bewegten sich durch das Parkgelände innerhalb der Abschirmung. Obwohl die erfrischende und klare Nacht lockte, wagten beide nicht, den abgeschirmten Bereich zu verlassen, der durch Dämonenbanner und schützende Symbole der Weißen Magie gegen jeden satanischen Zugriff gesichert war.
Als sie nach ein oder zwei Stunden wieder das Schloß betraten und Zamorra sich daran machte, ein wärmendes Getränk bereit zu stellen - ausnahmsweise war Raffael, der alte Diener, nicht aktiv; er hatte den nächtlichen Ausflug wohl nicht mitbekommen und schlief den Schlaf des Gerechten -, klingelte das Telefon.
»Au verflixt«, murmelte Zamorra und sah unwillkürlich auf die Uhr. »Wer ist den so unverschämt, zu nachtschlafender Zeit hier anzuklingeln?«
Es gab mehrere Sprechapparate über das Schloß verteilt, so auch hier im Küchentrakt. Zamorra schob Nicole ihr Glas mit dem heißen Fruchtsaft zu und nahm ab.
»Bill Fleming«, murmelte er überrascht. »Ich hätte es mir denken sollen. Bist du vom Vampir gebissen worden?«
»Woher weißt du das?« kam es aus dem Hörer zurück. »Hör zu, Zamorra, machen wir es kurz. Wir haben es hier mit einem Vampir zu tun, der anscheinend nicht umzubringen ist. Kannst du hierher kommen, statt wir zu euch?«
»Mußt du deshalb unbedingt so teuflisch früh anrufen?«
»Yeah…«, dehnte Bill im breitesten texanischen Slang.
»Mußte, weil wir wissen wollen, ob wir noch ein Bierchen trinken können oder doch fahren müssen.«
»Ein Bierchen«, murmelte Zamorra erschüttert. »Morgens um vier Uhr trinkst du ein Bierchen?«
»Vielleicht auch zwei… hier wird nämlich noch gefeiert. Kommt ihr zwei?«
»Wir fliegen«, verriet Zamorra.
Er hörte, wie Bills Stimme etwas leiser aufklang; offenbar sprach er zu jemand anderem. »Hörst du, Zamorra hat keine Angst vorm Fliegen!«
Dann kam er wieder lauter. »Okay, alter Freund. Bring einen Pfahl mit und gute Laune, dann gehen wir auf Jagd.«
Zamorra nickte.
»Du könntest schon mal einen Steckbrief unseres Vampirs entwerfen«, sagte er. »Ich habe nämlich einen bösen Verdacht. - Wir rufen noch an, wann unsere Maschine landet. See you.«
Er legte ohne weiteren Kommentar auf. Sollte Bill auch ein wenig spekulieren, während er seine zwei Bierchen zu sündhaft früher Morgenstunde trank. Dann setzte er sich zu Nicole an den Küchentisch, griff nach ihrer rechten Hand und streichelte sie sanft.
»Vampir?« fragte Nicole. »Bill hat Ärger mit einem Vampir?«
Zamorra nickte. »Wir fliegen mit der erstbesten Verbindung nach Düsseldorf oder Köln«, sagte er. »Sobald wir halbwegs ausgeschlafen haben und…«
»Und unseren Fruchtsaft getrunken haben«, ergänzte Nicole.
»Nicht schlecht, die Idee, wirklich nicht schlecht. Ich könnte nebenbei ein paar Einkäufe tätigen…«
»Aus!« murmelte Zamorra. »Aus! Das hat uns gerade noch gefehlt!«
***
Im Laufe des Nachmittags landete das Flugzeug. Bill Fleming und Manuela Ford warteten am Terminal auf die beiden Freunde, die mit leichtem Handgepäck heranmarschierten.
»Potzblitz«, entfuhr es Bill Fleming. »Nicole, seit wann bist du so kofferlos?« Ihm waren die Zeiten noch deutlich erinnerlich, in denen Nicole mit einem Stapel von Koffern auf Reisen ging, bestückt mit tausenderlei Textilien, die sie dann doch nicht auspackte, sondern sofort zum Einkauf überging und Zamorras Geldvorräte arg zusammenschrumpfen ließ. Kleider und Perücken waren Nicoles großer Tick, aber in Anbetracht der überragenden Vorzüge, die Nicole darüber hinaus nicht nur als Lebensgefährtin, sondern auch als Sekretärin und Mitstreiterin gegen das Böse besaß, nahm Zamorra es säuerlich lächelnd in Kauf.
Nicole umarmte Bill und Manuela. »Ich hatte eine Idee«, beantwortete sie dann die Frage des Historikers. »Alldieweil ich so viele Sachen ohnehin nicht gleichzeitig anziehen kann, habe ich beschlossen, mich ab jetzt auf das Notwendigste zu beschränken und…«
Bill schielte lüstern auf ihre Handtasche. »Auf einen winzigen Lendenschurz?« hoffte er.
»Wüstling!« fauchte Nicole. »Hat
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