0211 - Die letzte Runde zahlt der Tod
machen sollte.
Dem Absender musste klar sein, dass ich seine Angaben nachprüfte. Das war es auch, was ich zuallererst tat. Ich rief unser Office an und bat darum, über unsere Zweigstelle in Miami, die entsprechenden Informationen einzuziehen. Dann legte ich mich endgültig schlafen. Ich nahm mir vor, mich absolut nicht mehr stören zu lassen. Aber…
Genau drei Stunden später riss das Schrillen des Telefons mich erneut aus dem Schlaf. Die Antwort aus Miami war angekommen.
Mrs. Lewis hatte im Hotel Miramare gewohnt. Sie war' tatsächlich vierundzwanzig Stunden vor den Mord abgereist, ohne aber ihr Appartement aufzugeben. Am Tag nach dem Tod ihres Ehemannes war sie am Spätnachmittag zurückgekommen.
Zu dieser Zeit erwartete sie bereits ein Telegramm, aufgrund dessen sie endgültig abreiste. Dieses Telegramm war die Nachricht von der Ermordung Gus Lewis gewesen. Wenn ich die Angabe, die der anonyme Klient der Kanzlei Wilson gemacht hatte, bis jetzt für faulen Zauber gehalten hatte, so musste ich mir jetzt eingestehen, dass wenigstens ein Körnchen Wahrheit daran war. Maria Lewis hatte angegeben, sie sei bis zum Erhalt der Todesnachricht in Miami gewesen. Das stimmte nicht.
Die Zeit zwischen dem Verlassen des Hotels und ihrer Rückkehr hätte genügt, um nach New York zu fliegen, den Mord zu begehen und nach Florida zurückzufliegen.
Allerdings hing das in keiner Weise mit den Geschäften Lewis zusammen.
Marias Gründe konnten, wenn sie die Täterin war, nur persönlicher Natur gewesen sein.
Ich wusste, es würde keinen Zweck haben, sie deshalb zu vernehmen. Sie würde tausend Ausreden bereit haben, die ich ihr nicht widerlegen konnte. Ich musste am anderen Ende beginnen.
Also kabelte ich nochmals nach Miami. Dann legte ich mich erneut aufs Ohr.
Ich hätte so gern noch ein paar Stunden geschlafen, aber es ging nicht. Einmal fielen mir die Augen zu, und dann fuhr ich mit einem heillosen Schreck hoch. Ich hatte geträumt, Maria Lewis stände, bewaffnet mit einem ungeheuren Schlachtermesser, vor meinem Bett und wollte mir die Kehle durchschneiden. Es hatte keinen Zweck mehr. Ich stand auf. Ein heißes Bad, eine kalte Dusche und dann ein starker Kaffee brachten mich so halbwegs auf die Beine.
Um halb zwölf kam ich im Office an. Auch Phil war gerade eingetrudelt. Ich erzählte ihm, was sich inzwischen getan hatte, und er trabte los, um sich Maria Lewis Familie anzusehen. Sie war eine geborene Amalfi, und die Leute wohnten in Little Italy in Elizabeth Street 117.
Inzwischen setzte ich mich mit der Stadtpolizei in Verbindung. Lieutenant Crosswing und Captain Borner waren gerade erst nach Hause gefahren. Die Vernehmungen der Gangster waren mehr oder weniger erfolglos verlaufen. Die Gangster behaupteten übereinstimmend, der ganze Klamauk sei nur durch das plötzliche Erscheinen der Cops geschürt worden. Bis auf drei hatte man sie wieder freigelassen, und unter diesen drei befand sich zu meiner stillen Freude der Kerl, der uns angepflaumt hatte.
Er und die anderen sollten wegen Anstiftung zum Aufruhr dem Gericht vorgeführt werden. Sie konnten mit je einem halben Jahr Gefängnis rechnen, wenn sie großes Glück hatten.
Gegen zwei Uhr kam Phil zurück. Er berichtete mir Folgendes:
Die Amalfis wohnen in einem der Mietshäuser in der Elizabeth Street, das von unzähligen Italienern bevölkert ist. Ich traf nur Marias Mutter Lucia und fünf Kinder zwischen sechs und dreizehn Jahren an. Zwei Jungen von vierzehn und fünfzehn Jahren arbeiten als Laufburschen im unteren Manhattan, ein Bruder von siebzehn in einer Eisfabrik und einer von neunzehn Jahren als Kellner in einem italienischen Restaurant. Zusammen mit Maria und Luisa waren es also elf Geschwister. Dabei war die dicke Lucia Amalfi sicherlich nicht älter als vierzig Jahre. Die Wohnung war sauber und ordentlich. Mrs. Amalfi war zurückhaltend und misstrauisch. »Was wollen Sie eigentlich von mir?«, fragte sie kopfschüttelnd. »Wir haben noch niemals etwas mit der Polizei zu tun gehabt und haben auch kein Verlangen danach. Es ist gewiss traurig, wenn Marias Mann ermordet wurde, aber davon wissen wir nichts. Er wollte niemals etwas mit uns zu tun haben. Wir waren ihm nicht vornehm genug.«
»Darum geht es ja auch gar nicht«, sagte ich beruhigend. »Es handelt sich um etwas ganz anderes. Ihre Tochter wurde von Julia Tinton, ihrem Hausmädchen, erpresst. Das steht fest. Es steht auch fest, dass Julia ermordet wurde, nachdem sie geprahlt hatte, was sie
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