0211 - Die letzte Runde zahlt der Tod
Dann würden es auch die anderen Familienmitglieder nicht zugeben, aber dann musste es etwas sehr Schwerwiegendes sein, denn Phil hatte ja klargemacht, dass - wenn Maria uns belogen hatte --sie automatisch als Mörderin in Verdacht geriet.
Im Office lag ein ausführliches Antwort-Telegramm aus Miami vor. Es besagte, dass Maria Lewis sich dort vierzehn Tage aufgehalten und ihr Leben in vollen Zügen genossen habe. Sie war mit Ausnahme der Mahlzeiten den ganzen Tag am Strand gewesen und hatte eine ganze Anzahl von Verehrern gehabt, mit denen sie ausgiebig flirtete, ohne jedoch einen davon besonders zu bevorzugen. Aufgefallen war nur, dass während der drei Tage, die sie verreist gewesen war, auch ein junger spanischer Caballero das Hotel verlassen hatte.
Er hieß Juan de Granadero und war der älteste Sohn eines reichen Plantagenbesitzers aus Louisiana. Allerdings hätte niemand behaupten können, die beiden wären zusammen weggefahren. Die Vermutung, sie hätten sich an einem anderen Platz getroffen, war jedoch geäußert worden, aber das wollte in Miami nichts heißen.
Trotzdem holten wir auch über diesen de Granadero eine Auskunft ein. Wir brauchten uns darum gar nicht sonderlich zu kümmern. Sein Vater hatte ein Konto bei der First National und war, wie die sonst so vorsichtige Bank angab, »für jeden Betrag gut.«
Keinesfalls kam Maria Lewis Flirt als Mörder aus finanziellen Gründen infrage. Granadero hätte Mister Lewis Transaktionen nicht mit der Beißzange angerührt, und um die Aktivitäten als »Beschützer« der meisten Mitglieder der Buchrrjachergilde war es ja gegangen. Es sei denn, der anonyme Verfasser des Telegramms hatte die Wahrheit gesagt, als er angab, der Überfall auf Maria Lewis- sein ein ausgeklügelter Trick gewesen, bei dem auch Julia mitgespielt hatte.
Das wiederum konnte die Waffe gewesen sein, mit der sie ihre Brotgeberin erpresste.
Das war eine Theorie, aber es wollte mir nicht in den Kopf, dass Maria Lewis sich mit einer Negerin zusammengetan hatte, um ihren Mann zu beseitigen und den-Verdacht von sich abzulenken. Ich hielt ein Einverständnis zwischen Maria und Julia für ausgeschlossen.Trotzdem, man konnte nie wissen.
Ich nahm das Telegramm, das ich mir inzwischen im Original beschafft hatte, zur Hand. Phil und ich studierten es, und da sagte mein Freund plötzlich:
»Wir haben beide etwas versäumt. Hier steht vermerkt, dass das Kabel um fünf Uhr dreißig aufgegeben wurde. Zu dieser Zeit war nur der Nachtschalter des Hauptpostamtes geöffnet, und wenn ich der betreffende Beamte gewesen wäre, so hätte mir der Text auffallen müssen. Vielleicht erinnert sich der Mann noch an den Auftraggeber der Depesche.«
Phil schwirrte ab, um sein Heil zu versuchen, und ich besuchte den alten Neville.
»Wenn ihr wieder mal ins East End geht, um euch mit den bösen Buben herumzuschlagen, dann nehmt mich gefälligst mit«, grinste er. »Ich hocke hier den ganzen Tag hinterm Schreibtisch und habe einen kleinen Ausgleichssport verdammt nötig. Außerdem schmeichele ich mir, in solchen Dingen mehr Routine zu haben als ihr. Mir wäre die Redneck-Gang nicht durch die Lappen gegangen. Ihr habt euch angestellt, wie die jungen Hunde. Wisst Ihr übrigens die Vorgeschichte von Bruno dem Catcher?«
»Wir wissen nur, dass er früher in Chicago war und dort allerhand Beziehungen zu verschiedenen Gangs hatte.«
»O du grüne Neune!«, stöhnte Neville mitleidig. »Dann lasst es euch von mir erzählen. Bruno Gloster, wie er richtig heißt - aber seinen Familiennamen hat er wahrscheinlich selbst schon vergessen - war bis vor neun Jahren Kneipenwirt in der 26. Straße in Chicago. Er war es, bis sein Laden dicht gemacht wurde, weil er zu großzügig in der Wahl seiner Gäste war. Ich könnte dir mindestens sechs Gangs nennen, deren Namen heute niemand mehr kennt und die der gute Bruno beherbergte und bemutterte. Das ging so lange gut, bis es der City Police zu dumm wurde, und dann war eben der Bart ab. Natürlich sahen wir ihm am Anfang mächtig auf die Finger, aber anscheinend hatte er die Nase voll und war vorsichtig geworden. Er war es wahrscheinlich auch, bis ein paar alte Kumpels aus Chicago auftauchten und ihn beschwatzten. Das müssten eigentlich die Brüder in Center Street auch gewusst haben, aber bei denen piept’s ja. Wenn die den alten Bruno hochgenommen und ihm den dritten Grad verpasst hätten, so würde er gesungen haben.«
»Sie vergessen, Neville, dass der dritte Grad heute nicht
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