0211 - Die letzte Runde zahlt der Tod
konnte. Auch die beiden Mädchen von neulich waren wieder da und nickten uns zu. Wir schienen bereits zum Inventar des Redneck zu gehören. Der einzige Unterschied war, dass heute keine Drinks durch die Tür mit der Aufschrift Bierkeller ins Klubzimmer gebracht wurden.
Die Redneck-Gang hatte sich anscheinend ein anderes Domizil ausgesucht.
Alles wickelte sich so gesittet und solide ab, dass es anfing, langweilig zu werden.
Mitternacht war bereits vorüber, als eine kleine Gesellschaft hereinkam.
Es waren Leute, die sich offenbar hierher verirrt hatten. Die vier Männer waren gut gekleidet, trugen weiße Hemden und dezente Krawatten. Sie setzten sich in die äußerste Ecke, Bruno brachte Drinks, und dann schienen die vier in eine vertrauliche, angeregte Unterhaltung vertieft zu sein.
»Was hältst du von den vier Burschen da hinten?«, fragte ich Phil.
»Das überlege ich mir schon, seitdem sie angekommen sind. Ich würde sagen, es sind sehr anständige Geschäftsleute, die auf einem Bummel hier gelandet sind, aber dazu sind sie zu nüchtern.«
»Vielleicht sind es Touristen, die die Unterwelt von New York erkunden wollten und dann nach Hause kommen, um zu erzählen, es sei alles halb so schlimm. Ich möchte darum wetten, sie sitzen hier im East End in allen möglichen Kneipen herum und unterhalten sich über die Preise von Zucker, Kaffee oder Unterwäsche. Leute wie diese erleben niemals etwas und wenn, dann sind sie die Leidtragenden.«
Zu unserer Überraschung schienen die vier Männer einen ordentlichen Stiefel zu vertragen. Eva brachte immer neue Lagen von harten Drinks, ohne dass man den Gästen irgendwas anmerkte. Dann forderten sie Bruno auf mitzuhalten, und der war niemals abgeneigt.
Es saß sogar ein paar Minuten bei den Gästen und verabschiedete sich so freundlich, als er an der Theke gebraucht wurde, als ob er die vier Männer schon seit undenklichen Zeiten kenne.
Gegen zwei Uhr verlangten wir unsere Rechnung und gleichzeitig zahlten auch die Herrschaften, das heißt, es zahlte ein kleiner, schmächtiger und eleganter Herr, den die anderen drei, wie ich bemerkt hatte, mit einem gewissen Respekt behandelten.
Als er die Brieftasche auf klappte, wäre ich fast vom Stuhl gefallen, aber dann lachte ich über mich selbst.
Es gab bestimmt ein paar Tausend rote Brieftaschen in New York und von einem silbernen Monogramm hatte ich nichts gesehen.
Dicht hinter den anderen schlenderten wir zum Ausgang, als Bruno sich bei uns erkundigte, wie es uns heute bei ihm gefallen habe. Er legte einen besonderen Nachdruck auf das »heute«, und wir wussten wohl, was er meinte.
»So gut, dass wir nächstens wiederkommen werden«, grinste ich freundlich.
Er wünschte uns noch viel Vergnügen, und dann traten auch wir hinaus auf die Straße.
Die anderen waren bereits verschwunden. Sie mussten sich sehr beeilt haben. Wir kletterten in meinen Jaguar und fuhren in dem Bewusstsein, einen harmlosen Abend verlebt zu haben, nach Hause.
Das Geständnis der Maria Lewis macht mir immer noch schwer zu schaffen. Ausnahmsweise gingen unsere Meinungen auseinander. Ich neigte zu dem Schluss, Maria habe ihren Mann tatsächlich ermordet, weil sie ihn, wie sie gestern gesagt hatte, satt bekam, und Julia habe davon gewusst und sie aus diesem Grund erpresst. Die Sache mit der Familienangelegenheit hielt ich für faulen Zauber, nur der Überfall der Gangster, bei dem sie die Frau zwingen wollten, ihnen die bewussten Listen auszühändigen, leuchtete mir nicht ein.
Es war kaum anzunehmen, dass Maria Lewis sich selbst derart zugerichtet hatte, wie es der Fall war, als wir sie fanden. Aber ich wusste auch, dass Frauen in dieser Situation zu allem fähig sind.
»In dieser Hinsicht bist du auf dem Holzweg, Jerry«, meinte mein Freund.
»Ich kann es dir einwandfrei widerlegen.«
»Dann schieß los.«
»Fighting Joe, der dich in Delancey Street anrempelte, erklärte, er habe dafür von einem feinen Herrn fünfzig Dollar bekommen und sein Auftraggeber habe diese fünfzig Dollar aus einer roten Brieftasche mit dem Monogramm M. F. geholt. Julia ihrerseits war ebenfalls, wenigstens ihrer Aussage nach, von einem ›feinen Herm‹ mit zwanzig Dollar bestochen worden, damit sie die Fesselung markierte und die Gangster einließ. Auch dieser Mann entnahm das Geld einer roten Brieftasche mit Silbermonogramm, dessen Buchstaben sie allerdings nicht erkannte. Der Schluss liegt sehr nahe, dass diese zwei Männer identisch sind. Dann hat Julia die
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