0213 - Wir stiegen ein ins Sarggeschäft
den Schuh, den er gerade bearbeitete.
Joe kam hoch und holte mit der Bürste aus. Seine Bewegung blieb in der Luft hängen, als wäre Joe urplötzlich erstarrt. Mit weit auf gerissenen Augen starrte er auf das graue Spielzeugtierchen.
»Schönen Gruß von Tim«, sagte Phil leise.
Joe erholte sich von seiner Überraschung.
»Ist was los?«, fragte er schnell.
»Ja«, sagte ich von oben her. »Der Teufel ist los. Zwei G-men sind umgelegt worden.«
»Ach, du lieber Himmel«, rief Joe mit verdrehten Augen. »Wer war denn der verrückte Hund? Er hätte sich besser gleich eine Kugel in den Schädel gejagt.«
»Der Meinung schließen wir uns an«, sagte Phil unten neben Joe. »Aber wir wollen das Thema jetzt nicht ausspinnen. Du sollst uns zu Patters bringen.«
»Pa…«, sagte Joe und klappte den Unterkiefer mitten in der erste Silbe wieder zu.
»Patters, ja«, wiederholte ich von oben her. »Wo steckt er? Wir müssen dringend mit ihm sprechen.«
Der Neger wiegte den Kopf hin und her.
»Also, wenn ich ja nicht wüsste, dass ihr von Tim kommt«, brummte er.
»Du weißt es jetzt aber. Also los. Wo steckt er?«
»Fährt hier die Straße runter. An der dritten Kreuzung biegt ihr nach rechts. Nach knapp einer Meile kommt ihr an Dr. Hoboks Privatklinik vorbei. Mein Bruder ist dort Hausmeister. Wendet euch an ihn.«
»Okay, Joe«, sagte ich und stieg von dem Thron hinab.
Meine Verhältnisse erlaubten kein fürstliches Trinkgeld, umso weniger, als die Spesenabteilung mich verrückt nennen würde, wenn ich einen fürstlichen Betrag für einen Schuhputzer bei der Spesenrechnung eines Falles geltend machen wollte. Aber immerhin schien Joe mit dem erhaltenen Betrag zufrieden zu sein, denn er rief uns nach:
»Kommen Sie ruhig öfter vorbei, Gentlemen.«
Wir hatten nicht die Absicht, unser Gehalt vorwiegend an Schuhputzer zu verteilen, aber wir behielten das für uns. Mit dem Jaguar zuckelten wir langsam durch die Straßen, um ja keine Seitenstraße zu übergehen. Aber wir fanden die Privatklinik ohne Schwierigkeiten.
Sie lag ein paar Yard von der Straße zurück hinter einem hohen schmiedeeisernen Zaun. Büsche und Sträucher standen im Vorgarten. Im ersten Stock brannte eine abgeschirmte Lampe, deren rötliches Licht ein Fenster spärlich erhellte. Das Tor vom an der Straße war geschlossen. Phil zog seine Taschenlampe und leuchtete den Torpfeiler ab. Es gab nur eine einzige Klingel.
»Hoffentlich kreuzt jetzt nicht eine alte Schwester auf«, murmelte Phil, während er den Daumen auf den Klingelknopf legte. »Die würde uns glatt für übergeschnappt halten, wenn wir nachts um zehn den Hausmeister besuchen wollten.«
»Mal den Teufel lieber nicht an die Wand«, sagte 'ich halblaut.
Drüben am Gebäude klappte eine Tür, die wir nicht sehen konnten. Leise Schritte kamen über einen knirschenden Kiesweg. Obgleich es völlig unwahrscheinlich war, dass die Mörder unserer Kameraden hier in dieser Klinik staken, wurde ich beim Knirschen des Kieses doch an Snack und Latter erinnert.
Aus der Finsternis tauchte die Gestalt eines Mannes auf, der einen blauen, mit Schmutzflecken übersäten Overall trug. Erst als er dicht vor dem Tor war und das knappe Licht einer entfernten Straßenlaterne ihn streifte, erkannten wir, dass es ein Neger war. Also wahrscheinlich Joes Bruder.
»Bitte sehr, Gentlemen?« fragte er höflich. »Was kann ich für Sie tun?«
»Uns reinlassen«, sagte Phil halblaut. »Joe schickt uns.«
Der Mann zögerte keine Sekunde. Er kramte umständlich einen Schlüsselbund aus der linken Tasche des Overalls, suchte den richtigen Schlüssel und schloss das Tor auf.
»Bitte gehen Sie leise«, sagte er und schloss das Tor hinter uns wieder ab.
Wir taten ihm den Gefallen. An der Seitenfront des Gebäudes vorbei ging er nach hinten. Als wir im Schatten der Rückfront standen, blieb der Hausmeister stehen und erkundigte sich:
»Was kann ich für Sie tun?«
»Zu Patters führen«, sagte Phil.
»Oh«, murmelte der Neger. »Das hatte ich nicht erwartet. Aber wenn Sie von Joe kommen, wird es wohl richtig sein. Kommen Sie.«
Er stieg vor uns die Stufen einer Außentreppe hinab, die zum Keller führte. Wieder klirrte ein Schlüssel, als der Mann eine Tür auf schloss. Er knipste Licht an. Wir standen in einem kleinen Raum, an dessen Wänden Regale hingen, in denen Kartons und Büchsen standen. Der äußeren Tür gegenüber befand sich eine zweite, durch die wir in den Heizungskeller gerieten, der sehr groß
Weitere Kostenlose Bücher