0214 - Sie speisten uns mit Dynamit
und Feuer und Blut speien konnte.
Frauen sah man sehr selten auf der Straße, und die Männer gingen niemals allein, sondern immer in Trupps von drei oder vier Mann. Für mindestens eine Viertelstunde begegnete uns kein Weißer, mit Ausnahme der Polizisten.
Wir überquerten die Kreuzung am oberen Broadway, bei der U-Bahnstation Mitchell Square. Zu gleicher Zeit hielt dort ein Omnibus, dessen Passagiere zum größten Teil ausstiegen, und über die Treppe der Subway quoll ein Strom von Menschen herauf. Genau in diesem Augenblick stoppte ein Wagen mitten auf dem Platz.
»Idiot!« sagte Phil, der am Steuer saü und einem Zusammenstoß gerade noch ausweichen konnte.
Wir waren noch keine hundert Meter weitergekommen, als hinter uns ein Geschrei erscholl, das in Sekundenschnelle zum Gebrüll wurde.
»Na ja, da haben wir's wieder«, brummte mein Freund, und ich griff vorsichtshalber hinter mich und holte die MP vom Rücksitz.
Inzwischen hatte Phil gewendet, und mit schnellem Griff schaltete ich Rotlicht und Sirene ein. Zugleich gab ich unseren Standort und das Wort Alarm über die Polizeiwelle durch. Antwort kam von allen Richtungen.
Mitchells Square, das vorhin noch so friedlich gewesen war, hatte sich inzwischen in ein Tollhaus verwandelt. Gerade klirrten die großen Spiegelscheiben eines von Negern viel besuchten Tanzlokals, und plötzlich krachten schnell hintereinander ein paar Schüsse, die dem Klang nach aus einer Dienstpistole kamen.
Ein schwerer Wagen jagte in Richtung des Hudson davon. Mitten auf dem Platz lag eine bewegungslose und scheinbar leblose Gestalt. Phil hielt darauf zu, und zu meinem Schrecken erkannte ich einen unserer Kameraden Charles Bainbriggs, und es bedurfte nur eines Blickes, um zu erkennen, daß er tot war. Neben ihm auf dem Pflaster lag seine Pistole. Ich war herausgesprungen und erkannte, daß er weder erschossen noch erschlagen oder erstochen worden war. Sein Brustkorb war eingedrückt. Man hatte ihn einfach überfahren.
Es hatte keinen Zweck, den geflüchteten Wagen zu verfolgen, aber ich gab über Funk die Meldung durch und hoffte, man werde ihn unterwegs anhalten. Da neben dem Toten eine Menge Glassplitter verstreut waren, mußte ein Scheinwerfer zu Bruch gegangen sein, und damit könnte ich ein unfehlbares Erkennungszeichen angeben. Inzwischen hatte die Stadtpolizei genau nach Plan geschaltet.
Alle Zufahrtsstraßen zum Mitchells Square waren von Streifenwagen blockiert. Die Cops gingen in Schützenlinie mit gezogenen Pistolen und Tränengasbomben in der Hand vor und drängten ' die Rowdies gegen die rechte Häuserfront. Selbstverständlich verschwanden viele in den Haustüren, aber damit würden sie ihrem Schicksal nicht entgehen.
Ein paar setzten sich zur Wehr und wurden rücksichtslos zusammengeschlagen. Auch die Mehrzahl unserer Boys erschienen auf dem Schauplatz, und als sie ihren toten Kameraden erblickten, gingen sie — wenn auch entgegen ihrer Anweisung — voller Wut auf den Mob los.
Sie drangen zusammen mit den Cops in die Häuser ein und durchsuchten diese vom Keller bis zum Dachboden. Geschrei, Fluchen, Schimpfen, untermischt mit Poltern und vereinzelten Schüssen klang heraus, und dann flogen die Kerle, die geglaubt hatten, sich verstecken zu können, meist in hohem Bogen auf die Straße.
Die Tatsache, daß ein G-man ermordet worden war, hatte nicht nur unsere Jungs, sondern auch die Cops in helle Wut versetzt. Unfallwagen brausten heran, und wir sorgten dafür, daß die Leiche unseres Kollegen weggeschafft wurde.
»Sie werden am Sprechfunk verlangt«, rief ein Cop, und wir rannten hinüber zu meinem Jaguar.
Es war der Captain vom Nachtdienst bei der Stadtpolizei.
»Patrouillenwagen 117 meldet von Henry Hudson Drive, daß er beim Versuch, einen Thunderbird mit nur einem Scheinwerfer zu stoppen, von diesem gerammt und umgekippt wurde. Von den drei Polizisten wurde nur einer schwerer verletzt. Die beiden anderen eröffneten sofort das Feuer auf den flüchtenden Wagen und behaupteten, mehrere Schüsse müßten getroffen haben, aber trotzdem konnte er entkommen.«
Kaum war diese Meldung durchgegeben, als die 205., Polizeistation durchsagte, daß in der 109. Straße ein dunkelblauer Thunderbird mit zerbrocbenem Scheinwerfer, eingedrücktem Kotflügel, zertrümmerter Windschutzscheibe und fünf Einschüssen am Heck verlassen aufgefunden worden war.
In dem Wagen lag eine weiße Kutte mit Kapuze, und diese Kutte hatte Blutflecken. Ergänzt wurde die Meldung durch
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