0214 - Sie speisten uns mit Dynamit
die Aussage einiger Verhafteter.
Es hatte sich um eine wohlorganisierte Aktion gehandelt. Am Nachmittag waren verschiedene unbekannte Männer durch die Kneipen des Eastend, der Chinesenstadt und des Böhmen- und Polenviertels gezogen und hatten nicht nur freie Drinks ausgegeben, sondern jedem, der sich bereit erklärte, um genau zehn Uhr dreißig per Bus oder U-Bahn am Mitchell Square zu erscheinen, um — wie die Werber sich ausdrückten — ein bißchen harmlosen Klamauk zu machen und den Negern zu zeigen, wer Herr im Hause sei, zehn Dollar in die Hand gedrückt und für den folgenden Tag mehr versprochen.
Man hatte auf diese Art eine kleine Armee von Gangstern, Arbeitsscheuen, professionellen Radaumachern, Zuhältern und dergleichen auf die Beine gebracht. Als sie dann, insgesamt ungefähr hundertfünfzig der übelsten Figuren aus den Slums und Verbrechervierteln pünktlich am Mitchell Square ankamen, fuhr ein Thunderbird mit zur.ückgeklapptem Verdeck auf und darin stand ein Kerl in der weißen Kutte des Ku-Klux-Klan und begann auf die wüsteste Manier zu hetzen. Als er gerade in bestem Zug war, sprang ein Zivilist mit gezogener Pistole aus der Menge und rief.
»Bundespolizei! Sie sind verhaftet.«
Als Antwort gab der Fahrer Gas. Der Zivilist, es war unser Kamerad Bainbriggs, wich nicht aus, sondern feuerte. Im nächsten Augenblick wurde er von dem Wagen zu Boden geschleudert und überfahren.
Das war glatter Mord.
Es war lange her, daß Gangster einen FBI-Mann umgebracht hatten, und in der ganzen Unterwelt wußte man, daß noch niemals seit Bestehen der Bundespolizei der Mörder eines G-man entkommen war. Sie waren alle gefaßt und hingerichtet worden. Darum hüteten sich auch selbst die übelsten Gangster, einen von uns mit der Waffe anzugreifen. Er wußte im voraus, was ihm blühte.
Die Kerle hatten ihren Wagen im Stich lassen müssen, und mindestens einer von ihnen war verwundet. Sie mußten also entweder einen Wagen stehlen oder ein Taxi mieten, und das war gefährlich. Sie mußten gewärtig sein, daß der Chauffeur die Meldung des Polizeifunks auf fing und seine Fahrgäste auf der nächsten Police Station ablieferte. Das Stammquartier der Verbrecher schien in Richmond zu liegen. Die dortige Polizei war bereits benachrichtigt und würde aufpassen.
Es war zwar schon nach Mitternacht, aber trotzdem fuhren wir zuerst zur 109th Straße, wo bereits die besten Fachleute der Stadtpolizei und einige G-men dabei waren, den Thunderbird so gründlich zu untersuchen, als ob sie ihn in seine Bestandteile zerlegen wollten.
***
Der Arzt hatte bereits die Blutflecken in der Kutte untersucht und war der Ansicht, dieses Blut stamme aus einer Arterie. Also mußte die Verletzung schwer gewesen sein. Unter den Polstern wurde ein ganzes Waffenarsenal gefunden und am Armaturenbrett ein kleiner, aber starker Sender und Empfänger. Leider war dieser von einem Schuß getroffen worden, und zwar so unglücklich, daß man die eingestellte Wellenlänge nicht mehr erkennen konnte.
Dieses Funkgerät bewies, daß sich irgendwo in der Stadt oder deren Umgebung eine Art Zentrale befinden mußte, die Nachrichten in Empfang nahm und wahrscheinlich Anordnungen gab.
Die Nummernschilder waren gefälscht und so beschaffen, daß man sie mit einem einzigen Handgriff auswechseln konnte. Das alles bewies, daß wir es mit Leuten zu tun hatten, die genau wußten, was sie wollten und über reichliche Mittel verfügten.
Selbst die Wagenpapiere waren falsch, und zwar mußte ein außerordentlich talentierter Fälscher am Werk gewesen sein. Bei einer flüchtigen Prüfung hätte kein Mensch etwas daran zu beanstanden gehabt.
Dann machten wir uns auf den Weg nach Richmond. Dort waren die Cops gewaltig auf Draht.
Unmittelbar hinter der Bayonne Bridge wurden wir von einer Straßensperre gestoppt, und die Cops ließen sich auch durch das Rotlicht nicht beeindrucken. Sie prüften unsere Papiere und Ausweise, bevor sie uns passieren ließen. Ich begann so langsam Respekt vor der Polizei von Richmond zu bekommen.
Captain Corners saß in seinem Büro auf der Hauptpolizei-Station und telefonierte.
»Bis jetzt noch kein Erfolg«, sagte er. »Es ist mit Gewißheit kein Wagen von Manhattan herübergekommen, der nicht angehalten wurde. Schwieriger ist es natürlich an den Stationen der verschiedenen Fähren und auf der Westseite, wo man mit einem Boot über den Pralls River und den schmalen Meeresarm setzen kann, aber das bedeutete einen gewaltigen Umweg,
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