0217 - Die Hexeninsel
Wattetupfer und machte sich an die Arbeit. Ich beobachtete ihn und bewunderte seine ruhige Hand. Da war nichts Übernervöses oder Zittriges. Trotz der Fahrt arbeitete er gelassen, schnell und geschickt.
Ich hing dabei meinen Gedanken nach. Wie sollte es nun weitergehen? Ein großes Fragezeichen schwebte über mir, und mir fiel der Begriff des Exorzismus ein, der Teufelsaustreibung. Mit so etwas hatte ich eigentlich nie etwas zu tun haben wollen, und ich wehrte mich auch jetzt dagegen, die Möglichkeit in die engere Wahl zu ziehen. Deshalb verbannte ich sie in meinen Hinterkopf. Welche Chancen gab es noch? Die Tiefenhypnose, von der modernen Wissenschaft unbedingt anerkannt, konnte eventuell helfen. Vom Namen her kannte ich sogar einige Spezialisten, aber es gab noch jemanden, der mir mit Rat und Tat zur Seite stehen konnte. Dieser Jemand war eine Frau, die leider nicht in London, sondern in Paris lebte. Ihr Name: Tanith.
Sie war nicht nur eine bekannte Wahrsagerin und Hellseherin, sie beschäftigte sich auch mit dem Gebiet der Tiefenhypnose und hatte dabei schon verblüffende Erfolge erzielt. Es war noch nicht lange her, als ich ihre Bekanntschaft gemacht hatte, und wir waren uns auf den ersten Blick sympathisch gewesen. Ich beschloß, Tanith anzurufen. Sicherlich würde sie so rasch wie möglich kommen, denn auch ihr Ziel war es, Dämonen zu bekämpfen, seit sie das erste Mal Kontakt zu den finsteren Jenseitsreichen gehabt hatte. Zudem besaß sie eine geheimnisvolle Kugel, die haargenau in die Öffnung eines Kelchs paßte, den ich den Teufelsmönchen vor Jahren abgenommen hatte. Er hieß Kelch des Feuers.
Dr. Brenner richtete sich wieder auf. Er hatte die kleinen Blutungen zum Stillstand gebracht und war zufrieden. »So, jetzt wird sie nicht mehr viel spüren.«
Der Arzt lächelte. Er hatte lackschwarzes Haar und eine sonnenbraune Haut. »Wenn alle Verletzten so wären, die wir zu transportieren haben, wäre ich froh.«
»Täuschen Sie sich nicht.«
Wie auf ein Stichwort öffnete Jane Collins die Augen. Sie schaute mich an, ich sah ihre starren Pupillen, doch Erkennen oder Leben zeigte sich nicht darin.
Ich beobachtete die Detektivin gespannt. Sie versuchte, die Arme zu bewegen oder anzuziehen. Dabei stellte sie fest, daß dies nicht möglich war. Sie öffnete den Mund, und ein drohendes Knurren drang über ihre Lippen, was den Arzt dazu veranlaßte, mir einen überraschten Blick zuzuwerfen.
»Ich hatte es Ihnen gesagt, Doc, sie ist nicht so harmlos.«
»Das scheint mir auch so zu sein.«
Jetzt hatte Jane mich gesehen und erkannt. Ihr Blick brannte sich auf meinem Gesicht fest. Augenblicklich verzog sich ihr Mund. Haß legte sich wie ein Schleier auf ihre Miene.
»Sinclair!« keuchte sie.
Es war nicht ihre Stimme, sondern die des Rippers, und Dr. Alwin wußte nicht, wie er reagieren sollte. »Mein Gott, das ist ein Mann. Nein, nein - eine…«
»In ihr steckt ein anderer«, behauptete ich.
»Was?«
»Ja, der Geist eines eigentlich längst toten Mörders aus dem letzten Jahrhundert.«
»Aber das ist verrückt.«
»Im Prinzip haben Sie recht, Doc. Doch die Praxis beweist das Gegenteil. Was sie hier erleben, hat etwas mit Magie zu tun.«
Jetzt sagte er gar nichts mehr. Das Wort Magie paßte nicht in sein naturwissenschaftlich geprägtes Denken. Dafür konzentrierte ich mich auf Jane Collins. In ihr erwachte der Widerstand und auch die Kraft, denn sie ging jetzt mit allen Mitteln gegen ihre Lage an. Jane kämpfte.
Die Fesseln, es waren breite Riemen, preßten sie hart an die Liege. Normalerweise waren sie für Kranke gedacht, und sie wurden bei ihnen auch nicht so stramm eingestellt. Bei Jane hatte der Arzt die engste Stufe genommen.
Ihr Mund wurde zu einer breiten Öffnung, als sie erkannte, daß sie es nicht so einfach schaffte, sich aufzurichten. Sie warf den Kopf wild von einer Seite zur anderen, fluchte und schrie mir Beschimpfungen entgegen.
Dabei überschlug sich ihre Stimme. Aus den dumpfen Lauten wurde ein Krächzen mit hohen Tönen dazwischen. Es hörte sich schlimm an, und der Doc schüttelte den Kopf, als könnte er das alles nicht begreifen.
Als er sich vorbeugte, hielt ich ihn zurück.
»Jane«, sagte ich leise. »Jane, beruhige dich bitte. Du bist in Sicherheit. Ich bin bei dir. Das andere in dir darf nicht zu stark werden.«
»Ich bin der Ripper!« Drohend drangen die Worte aus ihrem Mund. Mir lief dabei eine Gänsehaut über den Rücken. Dem Arzt erging es nicht anders.
»Der
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