0218 - Grauen in der blauen Stadt
Fenster zu verschwinden.«
»Er?« fragte Bill. »Vielleicht war es eine sie? Es soll auch Knochenfrauen geben.«
»Mit denen möchte ich aber nicht durch eine Disco tanzen«, konterte Zamorra. »Etwas ungemein Beruhigendes hat diese Flucht schon an sich.«
Bill sah ihn fragend an.
»Sie zeigt, daß der Knöcherne Angst hat, uns direkt gegenüberzutreten. Er arbeitet aus dem verborgenen, weil er sich sicherer fühlt. Allein hat er vor uns Angst. Das läßt mich hoffen.«
»Mit deiner Hoffnung bist du ein hoffnungsloser Optimist«, brummte der Amerikaner. »Was machen wir nun?«
»Wir werfen ein paar schnelle Blicke in die oberste Etage und auch hier in alle Zimmer. Vielleicht findet sich irgendwo etwas, das Rückschlüsse auf die Erbauer der Stadt zuläßt.«
»Davon träumst du«, knurrte Bill. »Wir haben damals drei Häuser förmlich mit der Lupe untersucht. Nichts… nur Stein… als die Stadt verlassen wurde, muß jeder einzelne alles, was nicht niet- und nagelfest war, mitgenommen haben, denn der Staub hier stammt nachweislich nicht von zerfallener Einrichtung!«
Zamorra nahm es schweigend zur Kenntnis.
Warum sollte nicht auch diese Regel von einer Ausnahme bestätigt werden?
***
Die Ausnahme entdeckten die Zwillinge im Keller.
Die Treppe endete vor einer einzigen Tür - und die war verschlossen!
Uschi klopfte leicht dagegen. »Metall«, sagte sie.
Sie ließ den Lichtkegel der Stablampe über die metallene Fläche wandern. Auch sie war wie der Stein ringsum blau, was aber weniger erstaunlich war. Die Erbauer der Stadt mußten eine geradezu krankhafte Vorliebe für diesen Farbton besessen haben, und sämtliche Teilnehmer der damaligen wie heutigen Expedition fragten sich, woher die Steine kamen, die nicht angemalt waren, sondern den Bruch-Ergebnissen nach durch und durch in sich blau waren.
»Kein Schloß?« wunderte sich Uschi. »Eine Tür ohne Schloß gibt es doch gar nicht, weil sie sinnlos ist…«
Fantasie hatten beide Mädchen schon immer besessen. Monica sprach ihre Gedanken aus: »Und wenn das Schloß existiert, aber nicht von jedem gesehen wird, weil man verhindern wollte, daß Fritz Lakritz und Friedrich Meisenkaiser sich unbefugten Zutritt verschaffen?«
»Du meinst… ein Schloß, das nur mit einem Trick geöffnet werden kann?«
Monica lächelte. »Haben wir beide nicht den schönsten Trick überhaupt auf Lager? Sesam, öffne dich…«
Sie dachte konzentriert an eine aufschwingende Tür, und Uschi, die den Plan ihrer Schwester sofort begriff, setzte ebenfalls ihre Para-Fähigkeit ein, um gemeinsam mit der Kraft ihrer Gedanken die Tür zu zwingen, sich zu öffnen. Keine Sekunde lang dachten beide daran, daß seit ein paar tausend Jahren hier kein Strom mehr fließen konnte, wenn es in der blauen Stadt überhaupt jemals Elektrizität gegeben hatte.
Aber dann öffnete sich die Tür unter dem telepathischen Befehl doch!
Wie die Irisblende einer Kamera glitten Segmente zur Seite, ohne daß sich Fugen im blauen Metall zeigten, und dann stand der Eingang zu einem großen Kellersaal ihnen offen!
***
Mittlerweile waren zwei Dutzend Dunkelblaue aus Staub zu fester Existenz geworden, hart wie Stein und dennoch auf ihre Weise beweglich. Sie lauschten in den beginnenden Abend hinein, aber nicht mit menschlichen Ohren, sondern mit anderen Sinnen, deren Aura sorgfältig abgeschirmt war.
Einer erstattete Bericht.
Von den Eindringlingen, die sich nicht abschrecken ließen und sich jetzt in einem der Häuser eingenistet hatten. Und der mit Plutons Schatten hatte sich mit der Absicht getragen, den Berichterstatter zu verfolgen und zu stellen…
Die Eindringlinge gingen langsam, aber sicher zum Gegenangriff über!
Ließen sich nicht dadurch irritieren, daß sie von aller Welt abgeschnitten waren!
Sie alle faßten einen Beschluß.
Sobald die Nacht kam, würden sie zuschlagen.
Und durch die Schatten zwischen den Ruinen schoben sie sich näher heran, lauernd, aber noch abwartend.
Noch war es zu früh…
***
Grelles Licht sprang Uschi und Monica entgegen, als sie nebeneinander den großen Saal betraten. Licht, das aus den Wänden kam! Licht, das blau war und ihre sonnengebräunten Körper seltsam bleich erscheinen ließ!
»Blaues Licht…?« fragte sich Uschi und schaltete die Stablampe aus, um Batteriestrom zu sparen.
»Warum nicht blau? Ist doch die Lieblingsfarbe dieser Leute…«
Sie sahen sich im kalten Blaulicht um. Im Gegensatz zu den anderen war dieser Raum nicht leer. Der Saal
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