0219 - Acht Kugeln für das dritte Opfer
Bescheid!«
Der erste Gangster verschwand mit dem Scheck wieder in der Seitenstraße neben dem Zollhaus. Sie müssen einen Wagen dort stehen haben, dachte Crack.
Crack steckte Scheckheft und Brieftasche ein und nahm die Pistole wieder selbst. Er schob sie in seine Rocktasche und hielt sie dort fest.
Der Gangster grinste.
»Irgendwie imponieren Sie mir, Mister«, sagte er. »Endlich mal‘n richtiger Mann!«
Crack sagte nichts. Er behielt nur den Mann im Auge. Wenn sie ihn reinlegen wollten, konnten sie es immer noch versuchen. Obgleich er nicht mehr glaubte, daß sie es noch versuchen würden. Aber er war lange genug an der Front gewesen, um zu wissen, daß man dem Gefühl der Sicherheit nicht nachgeben durfte. Und deshalb ließ er den Burschen nicht aus den Augen, obgleich es an die zwanzig Minuten dauerte, bis von der Ecke des Zollhauses her ein scharfer Pfiff ertönte.
»Sie sollten jetzt besser noch fünf Minuten hier stehenbleiben, Mister Crack«, sagte der Gangster. »Es wäre vermutlich besser für Sie beide.«
»Okay, wir bleiben stehen.«
Der Gangster nickte, drehte sich um und überquerte die Straße. Crack sah ihm nach, bis er verschwunden war. Jetzt sind fünfzigtausend Dollar weg, dachte Crack. Fünfzigtausend…
Er wandte sich Alfredo zu.
»Ich bin dein Onkel! Du kennst mich wahrscheinlich nicht mehr, was? Aber ich kenne dich noch gut. Ich habe oft mit dir gespielt.«
»Ich kann mich erinnern gut«, sagte der Junge in holprigem Englisch. »Sie nicht haben verändert.«
»Sag Tom zu mir«, brummte Crack und klopfte dem Jungen auf die Schulter. Ein warmes Gefühl durchlief ihn. Cracks Frau waren Kinder versagt geblieben, obgleich sie sich beide immer welche gewünscht hatten. Warum, zum Teufel, schoß es Crack durch den Kopf, warum soll ich Alfredo nicht als meinen Sohn ansehen dürfen? Ich habe bereits einen recht beachtlichen Preis dafür bezahlt…
»Sie haben viel Geld geben müssen?« fragte der Junge.
»Sag Tom zu mir«, brummte Crack wieder.
In den Augen des Jungen schimmerte es auf einmal feucht. Crack drehte sich um und zog ihn am Ärmel mit.
»Komm«, sagte er. »Ich glaube, wir haben uns jetzt beide einen Whisky verdient. Aber wir wollen ihn zu Hause trinken. Ich habe mir für den Rest des Tages frei genommen. Und Florence wartete bestimmt schon voller Sorge auf uns.«
Er ging mit dem Jungen zu seinem Wagen. Mit ein ganz klein wenig Stolz sah er das Blinken in den Augen des Jungen, als sie in seinen Chrysler stiegen. Mit einer männlich zufriedenen Geste klatschte er mit der flachen Hand auf die Kühlerhaube.
»Gefällt er dir?«
»Sehr schön! Prima Wagen! Bella bellissima!«
Sie stiegen ein. Eine ganze Weile sprachen sie nicht. Dann wiederholte der Junge auf einmal:
»Tom, du hast viel Geld geben müssen, nicht wahr?«
»Ja, allerhand«, sagte Crack. »Aber so wichtig ist das nicht, Die Hauptsache ist, daß du jetzt bei uns bist. Wir werden uns schon vertragen. Was meinst du?«
Einen scheuen Augenblick lang spürte Crack die Hand des Jungen auf seinem Arm.
»Ich werde dir das nie vergessen, Tom!« sagte Alfredo leise.
»Na ja«, brummte Crack, und er fühlte sich so zufrieden wie noch nie in seinem Leben. »Ich denke, wir zwei Männer werden uns ein bißchen Mühe geben, um wenigstens einen Teil von dem Geld wieder zurückzuholen. Aber sag meiner Frau nichts davon! Du weißt ja, Frauen sorgen sich immer zuviel! Das bleibt unter uns, okay?«
Er warf einen flüchtigen Blick hinüber zu dem Jungen. Und er erschrak fast über die grenzenlose Zuneigung, mit der ihn Alfredo ansah. Und -jetzt wußte er ganz genau, daß er ein Glückspilz war. Er hatte keinen zu hohen Preis gezahlt. Im Gegenteil.
***
Bis in den März des nächsten Jahres hinein blieb in dieser Sache alles ruhig. Dann aber überstürzten sich plötzlich die Ereignisse. Es begann damit, daß Crack eines Abends ungewöhnlich blaß nach Hause kam.
»Fühlst du dich nicht wohl, Tom?« fragte Florence erschrocken. »Du siehst sehr schlecht aus!«
Crack schüttelte den Kopf.
»Ich habe ein bißchen Ärger in der Firma gehabt«, sagte er. »Fünf Minuten vor Feierabend noch. Ehrlich gesagt, es war allerhand Ärger. Tu mir einen Gefallen, ja? Laß uns darüber nicht sprechen! In einer halben Stunde bin ich drüber weg, und alles ist okay. Ist Alfredo schon zu Hause?«
»Du weißt doch, daß sie länger arbeiten als du!«
»Ach ja, richtig. Ich vergesse das immer wieder. Seltsam. Wenn ich nach Hause komme, habe
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