Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0219 - Das Grab im Korallenriff

0219 - Das Grab im Korallenriff

Titel: 0219 - Das Grab im Korallenriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Michael
Vom Netzwerk:
des Lebens. Denen er gnädig gesinnt ist, schenkt er lange Erdentage bei bester Gesundheit. Doch wehe, wenn seine Diener über die Lande rasen, die verheerenden Krankheiten, jammernd fliehen die Menschen vor seinen Vasallen, den Epidemien, und in seiner Hand ist die schreckliche Geißel des Menschengeschlechts, der Schwarze Tod. Die Pest. Darum folget meinem Beispiel, und neiget Euch in Ehrfurcht vor der Macht des Tenewalaya, damit euch nichts Böses geschehe!«
    Aus den Augenwinkeln sah Michael Ullich, daß der Meister des Übersinnlichen sich leicht verneigte. Er und Carsten Möbius, taten wie auf ein geheimes Kommando das gleiche.
    »Von nun an«, sagte Professor Zamorra fast im Alltagston, »darf sich keiner von euch mehr bewegen, noch einen Ton von sich geben, weder einen Ausdruck des Staunens, noch einen Laut des Entsetzens. Seid standhaft und fest! Wahrlich, es gilt Leib und Seele. Denn ich habe um uns die drei fließenden Ringe zu unserem Schutz gezeichnet«, damit meinte er die drei Kreidekreise, in denen sie standen und die sich an jeweils einer Stelle berührten, »durch die das Grauen und der Spuk, welcher der Erscheinung vorausgehen mag, nicht hindurch können. Gegen die Macht des Tenelawaya bieten sie freilich keinen Schutz. Und nun steht still, und seid standhaft. Denn es beginnt jetzt !«
    Und ohne ein Wort weiter zu verlieren, breitete Professor Zamorra die Arme aus. Denn er wußte, daß die Zeit drängte. Die vergifteten Männer befanden sich bereits im kritischen Stadium. Der Parapsychologe hoffte, daß ihr Lebenswille und ihre gesunde Körperkonstitution dem Gift noch einen geringfügigen Widerstand entgegensetzen konnten. Denn wer konnte ahnen, ob der Elementargeist sich gleich nach der ersten Anrufung meldete? Velayaya, den er damals nach dem Flugzeugabsturz im Dschungel des Rio Negro anrief, mußte er mit dreimaliger Beschwörung förmlich zwingen zu erscheinen. Das kostete nicht nur Zeit, sondern auch erhebliche psychische Kräfte.
    Die Sprache, die nun dem Mund Professor Zamorras entströmte, hatte mit nichts, was auf dem Erdenrund gesprochen wird, eine Ähnlichkeit. Wie das Lateinische die Sprache der Wissenschaft ist, so bildet sie die Verständigungsmöglichkeit gewisser Kreise der Weisen und Erleuchteten untereinander. Auch gibt es Worte und Begriffe in ihr, für die es heute keine geeigneten Ausdrücke mehr gibt.
    Wie eherne Gongschläge hörte Carsten Möbius zum ersten Mal die Worte, in denen das Buch von Eibon, eines der verloren geglaubten Bücher des geheimen Wissens, geschrieben ist.
    Michael Ullich wußte nicht, wie lange die Beschwörung dauerte. Der Begriff »Zeit« schien gegenstandslos geworden zu sein. Wie das murmelnde Brausen eines Wasserfalls flossen die Worte aus dem Munde des Parapsychologen.
    »… denn wisse, o mächtiger Geist, nicht aus purer Selbstsucht oder um schnöden Gewinn rufe ich dich. Bei den Namen, die auszusprechen den Sterblichen auf ewig verboten ist, beschwöre ich dich, o großmächtiger Tenewalaya! Steige empor! Steige empor!«
    Für den Bruchteil eines Herzschlages erschien es Michael Ullich, als befänden sie sich in einem Vakuum. Die Welt, das Universum, alles schien unter ihren dahingeflossen.
    Und doch war es nur ein Hauch der Ewigkeit, der sie streifte. Aber die Wirkung war fürchterlicher, als hätten sich Flammenwände oder giftgeifernde Drachen gezeigt. Das Gefühl unsagbarer Nichtigkeit, der Verlorenheit zwischen Hier und Irgendwo, trieb die beiden jungen Menschen fast an den Rand der Verzweiflung. Aber sie blieben fest.
    Und dann erschien es…
    ***
    In dem Gebilde, das sich ihnen offenbarte, schienen sich alle Arten und Zyklen des Lebens manifestiert zu haben. Es war konstant und wechselte doch - wie ein Ölfilm auf dem Wasser, der zwar seine Form nur langsam verändert, jedoch durch verschiedene Strahlungsperspektiven der Sonne alle Augenblicke in anderen Farben glimmert.
    Hier schien es ein Samenkorn im Schoße der Erde, dort ein im frischen Grün stehender Baum, dort ein verrotteter, von Würmern zerfressener Stamm. War es im Augenblick mit der Gestalt eines ungeborenen Embryos identisch, so ähnelte es im nächsten Augenblick einem zahnlosen, sterbensmüden Greis. Und dann grinste aus der Erscheinung ein Totenschädel.
    »Hier bin ich, den du riefst, Zamorra!« erklang es, und es schien, als würde auf einer wohlgestimmten Harfe ein klangvoller Akkord angeschlagen. »Sterblicher, der du weise genug warst und dem es gelang, meinen

Weitere Kostenlose Bücher