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jedoch nichts dergleichen. „Ich nehme an, das tue ich", gestand sie. „Nein, ich weiß, dass ich mich glücklich schätzen kann."
„Walter sagt, es sei schade, dass der Bastard und du denselben Vater habt, Demoiselle, denn er meint, Roger FitzGilbert sei für dich eine gute Partie."
„Was?"
„Ja, das meint er", bestätigte Helene, „weil der Bastard und du gleichgesinnt seid."
„Nicht immer." Eleanor beschäftigte sich damit, Blüten von den Büschen zu brechen.
„Komm, du hast genug für unsere Zwecke, und wir müssen gleich mit der Herstellung anfangen, wenn wir damit fertig sein wollen, ehe du abreist." Helene nahm Eleanor einige der abgebrochenen Blüten ab und legte sie in den hochgebundenen Rock. „Wir sind nicht gleich groß, Eleanor, aber ich möchte nicht, dass du in Lumpen nach London reist. Ich habe mit
Walter geredet, und er hat zugestimmt, dass du Kleidungsstücke und Gürtel haben musst, die deinem Stand entsprechen. Also, derweil das Rosenwasser kocht, kannst du einige dieser Dinge in meiner Kammer anprobieren."
„Das kann ich nicht annehmen."
„Du bist Walters Verwandte, Demoiselle, und er möchte dich nicht in Lumpen wandeln sehen. Er gibt dem Bastard bereits neue Kleider."
„Segelt er mit uns?" Unfähig, direkt auf die Großzügigkeit der anderen Frau einzugehen, hatte Eleanor das Thema gewechselt. „Ich möchte nicht, dass er mir zuliebe sein Leben riskiert."
„Du bist von seinem Geblüt", erwiderte Helene schlicht. „Ja, er reist mit."
„Hat. . . hat Roger gesagt, welche Pläne er in England hat? Oder weißt du das?"
„Er hat Walter erzählt, er wolle einen Gatten für dich finden, damit du nicht mehr ins Haus deines Vaters zurückkehren musst."
„Manchmal habe ich das Gefühl, dass mein Leben nie in meinen Händen liegt", äußerte Eleanor seufzend.
In Anbetracht dieser Klage des Mädchens zog Helene eine Braue hoch. „Wir sind Frauen. Wie sollte es sonst sein? Ich habe Walter geheiratet, nachdem ich ihn nur zweimal zu Gesicht bekommen hatte, und ich bin zufrieden mit meinem Los."
13. KAPITEL
Eleanor stand an Deck und sah vor sich die Klippen der Küste aufragen. Der Wind zerrte ihr Haarsträhnen aus den Zöpfen und erfrischte ihr Gesicht mit seiner Kühle.
Ihr neues blaues Kleid wurde ihr an den Leib gedrückt und flatterte ihr um die Beine.
Walter de Clare stand neben ihr und wies auf den Hafen von Dover, der nichts als ein Fleck in der Ferne war. Der Nebel hatte sich gelichtet, und nur wenige Wolken hingen am Himmel.
Nach Wochen des Sich-verstecken-müssens und Stunden, die Eleanor in einem Kasten eingesperrt zugebracht hatte, fühlte sie sich plötzlich frei. Die Breite des Meeres befand sich zwischen ihr und Robert de Belesme, und das vermittelte ihr ein Gefühl der Erleichterung, wie sie es nicht mehr empfunden hatte, seit Roger sie aus Rouen fortgebracht hatte. Sie musste darüber lächeln, wie sie den letzten Teil der Flucht bewältigt hatten. Der Prinz und Walter hatten das Verladen von Henrys Fracht unter den Augen von Belesmes Agenten beaufsichtigt und ihnen gestattet, so viel davon zu überprüfen, wie gewünscht wurde, bis die Männer das Interesse an den weiteren Kisten verloren und das Deck verlassen hatten. Dann hatten Walters Männer die Kisten, in denen Eleanor und Roger sich befanden, in den Laderaum geschafft. Ein Weilchen war es heiß und unbequem gewesen, bis die Deckel heruntergehoben und Eleanor sowie Roger befreit worden waren und an Deck hatten gehen können.
Als die Kunde sich im Hafen verbreitet hatte, dass Belesme persönlich herkäme, war man unverzüglich abgesegelt.
„Bist sehr still, Cousine", bemerkte Walter.
„Das ist ein fremdes Land", erwiderte sie.
„Ja, aber es ist jetzt von Normannen besetzt und nicht mehr so fremd, wie es das einmal war. William Rufus hatte es fest im Griff, und jetzt herrscht Frieden."
„Werde ich es mögen?"
„Ja, es ist ein hübsches Land mit welligen Hügeln und Bauernhöfen, die im Schutz von Bergfrieden liegen."
„Und kein Belesme."
„Nein. Ihm gehört in England viel Land, Eleanor, aber er ist selten dort."
„Heilige Mutter Maria, werde ich ihn denn nie los sein!"
„Lass deinen Bruder einen Mann für dich finden, damit diese Sache beendet wird.
Ich bezweifele, dass Robert eine Frau haben will, die mit einem anderen Mann im Ehebett gelegen hat. Sein Stolz verbietet es ihm, nicht der Erste und Einzige zu sein."
Walter bemerkte Roger, der an Deck kam, und rief ihm zu: „Da
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