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022

Titel: 022 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flucht vor dem Teufel
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ihn?"
    „Ja, wir haben manchmal miteinander zu tun. Er ist reich und mächtig. Er hat die Aufsicht über mehrere Häfen. Ich denke, er ist freundlich genug, doch kaum der Mann, an den ich mich als Beschützer eines Mädchens wenden würde. Er ist Witwer und, nach allem, was man hört, nicht an einer weiteren Gattin interessiert."
    „Die Familie meiner Mutter stammt von dort."
    „Oh! Ja, ich verstehe. Du machst dir Hoffnungen, von ihr Hilfe zu bekommen."
    Walter stützte das Kinn in die Hand und starrte auf den Rest seines Weins im Becher. „Hast du daran gedacht, dass Angelsachsen im eigenen Land nicht mächtig sind?"
    „Überlass das mir. Wenn du Eleanor und mich nur nach England schaffen kannst, dann kümmere ich mich um sie."
    „Weißt du, Roger, man könnte denken, dass du und meine Cousine gleichzeitig im selben Schoß wart, so, wie ihr zusammenbleibt." Walter leerte den Becher und lehnte sich zurück. „Ja, ich kann mich erinnern, dass ich Nantes besucht habe, als meine Cousine auf dem Hof kaum hinter dir hertrippeln konnte. Ist sie immer so?"
    „Immer." Roger lächelte.
    „Wie schade, dass ihr blutsverwandt seid", grübelte Walter laut nach, „denn du hast die Kraft, sie zu halten. Ja, es könnte ihr schlechter ergehen."
    „Du vergisst, dass ich als Bastard geboren wurde."
    „Wie der Eroberer. Mit den Condes und einigen anderen Lehen seitens der Familie des alten William bist du gut etabliert. Männer sehen zu dir auf, Roger FitzGilbert."
    Roger leerte seinen Becher und stand unsicher auf. „Wir sind betrunken, du und ich, Walter, und wir reden Unsinn. Lass uns unsere Betten aufsuchen."
    „Nun, wir haben nichts zu tun, bis wir Antworten erhalten, und du bist zu verschwiegen, selbst wenn du betrunken bist, um mir deine Pläne anvertrauen zu wollen." Walter kam torkelnd auf die Füße und schlug Roger auf die Schulter. „Ich meinte, was ich sagte. Ich würde mich nicht schämen, mit dir verwandt zu sein."
    Henry schickte keinen Boten und zog es stattdessen vor, persönlich in Walter de Clares außerhalb von Dieppe gelegener Festung zu erscheinen. Ein Tross von Packpferden, die rote Schabracken trugen, folgte ihm durch die Tore und hielt in Walters Hof. Mit ungewohntem Eifer sprang Eleanor zum Fenster und drehte sich dann schuldbewusst zu der Stelle um, wo Helene ihre zweite Tochter in den Armen wiegte. Falls Helene etwas Ungewöhnliches bemerkt haben sollte, so ließ sie es sich jedoch nicht anmerken.
    „Madame, Prinz Henry kommt!" verkündetete Eleanor aufgeregt.
    „Walter hat ihn erwartet." Helene gab das Kleinkind der Amme zurück und lächelte Eleanor an. „Möchtest du mit mir hinuntergehen, Joan, und Prinz Henry persönlich begrüßen?"
    Zunächst hatte Eleanor die ruhige Helene nicht gemocht, doch in den eineinhalb Wochen seit ihrer Ankunft gemerkt, dass die Dame recht gutmütig und sanft war.
    Mehr noch, Helene hatte sie gebeten, ihr aufzuwarten, und ihr viele Kleider geschenkt, die sie getragen hatte, als sie mit ihren Töchtern schwanger war. Walter war zuvor da gewesen, hatte seine Frau besucht und mit dem kleinen Mädchen gespielt. Er schien echte Zuneigung für Helene zu empfinden, trotz der Tatsache, dass sie ihm keine Söhne geboren hatte, und es war offenkundig, dass er seine Töchter liebte.
    Überraschenderweise nahm Helene so gut wie nie Bezug auf Joans offensichtlich bald bevorstehende Niederkunft und behandelte das Mädchen fast wie eine Gleichrangige. Nur beim Essen, wo die Sitzordnung durch strenge Sitten bestimmt wurde, sah Joan sich von der Burgherrin getrennt.
    Eleanor folgte Helene in den Hof und sah zu, wie diese dem Prinzen die Ehre erwies.
    Nachdem er den zu seiner Begrüßung erschienenen Würdeträgern zugenickt hatte, wandte er sich ihr zu und ergriff ihre Hände.
    „Ah . . . Lady Joan." Er lächelte, neigte sich vor und küsste sie auf die Wange. Roten Gesichts zog sie sich einen Schritt zurück und brachte hastig eine Ehrenbekundung zustande. Henry sah ihren dicken Bauch, und sein Lächeln wurde breiter. „Es ist einige Zeit her, dass wir uns zuletzt gesehen haben, und du hast dich sehr verändert.
    Ich hoffe, es geht dir gut?"
    „Ja, Hoheit."
    „Und wo ist dein Mann? Er hat mit mir Alain bei Avranches gedient, und ich möchte ihn wiedersehen." Henry drehte sich um und rief laut: „Richard! Richard of Clemence!"
    „Ja, mein Prinz?" Zögernd machte Roger einen Schritt vorwärts und wurde sofort umarmt und geküsst. „Henry, du vergisst dich", zischte er

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