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022

Titel: 022 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flucht vor dem Teufel
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sich seiner als Mann bewusst zu sein. Nachts fand sie im Bett keine Ruhe. Immer wieder durchlebte sie jenen am Fluss verbrachten Nachmittag und fragte sich, wie es gewesen wäre, hätte sie Roger nicht Einhalt geboten. Selbst die Erinnerungen machten sie schwach vor Verlangen und hungrig nach Rogers Berührungen.
    Er hatte viel Liebenswertes an sich, Eigenschaften wie Charakterstärke, Standhaftigkeit angesichts von Gefahren, großen Mut und echte Herzensgüte. Und seine blauen Augen, die sich vor Leidenschaft verdunkeln, warm vor Vergnügen und strahlend vor Spitzbübigkeit aussehen konnten, verzauberten sie. Augen, die seine Seele widerzuspiegeln schienen. Eleanor hatte seit langem gedacht, auf der Welt gäbe es keinen besser aussehenden Mann. Du lieber Himmel, Roger war wirklich schön.
    Was war, wenn Graf Richard Recht hatte? Was war, wenn die Gegenwart alles war, was Eleanor und Roger noch an Zeit blieb? Er wollte sie und liebte sie. Sie liebte und wollte ihn. Waren ihre Ängste Grund genug, um ihnen beiden die Möglichkeit für ein gemeinsames Glück zu versagen? Eleanor setzte sich hin, stand auf, grübelte.
    Schließlich begab sie sich zu Roger.
    Sie war nicht sicher, was sie sagen würde, wenn sie ihm gegenüberstand. Bei jedem Schritt, den sie machte, debattierte sie mit sich selbst darüber. Nachdem sie die Wendeltreppe hinaufgestiegen war und schließlich die Tür erreicht hatte, klopfte sie nicht an, um Roger zu warnen.
    Sie fand ihn noch immer im Bett vor, zog die Bettvorhänge weg und beugte sich über ihn. „Ich bin hergekommen", platzte sie heraus, „um dir zu sagen, dass ich dich heiraten werde, falls du das noch willst."
    Ihre Worte drangen ihm ins Bewusstsein und weckten ihn jäh. „Was?"
    „Ich sagte, ich werde dich heiraten, falls du das noch willst." Eleanors Hände waren geballt, und ihr Gesicht verriet ihre Angst über die Entscheidung.

    „Heilige Jungfrau Maria!" flüsterte Roger. „Falls ich das noch will! Ja, mehr als alles andere!" Er setzte sich auf und sah Eleanor an. Das Laken fiel von seinen nackten Schultern und seiner Brust. „Du lieber Himmel! Träume ich, Lea?"
    „Willst du, dass ich diesen Satz schreie, Roger? Ich habe schon zweimal gesagt, dass ich dich heiraten möchte. Mittlerweile habe ich das jetzt sogar dreimal gesagt."
    „Wann?"
    „Wann immer du willst."
    Er streckte die Hand aus und ergriff Eleanors. „Dann morgen. Für heute triffst du mich unvorbereitet an." Er spürte Eleanor sich versteifen und schaute sie überrascht an. „Du hast gesagt, wann immer ich will", erinnerte er sie.
    „So soll es sein."
    Trotz ihrer plötzlichen Entscheidung merkte er, dass sie sich noch immer vor etwas ängstigte. Er ließ ihre Hand los und sagte leichthin: „Du triffst mich nicht auf Gesellschaft vorbereitet an, Liebste. Du wirst mich aufstehen und mich anziehen lassen müssen, es sei denn, du möchtest dich hier zu mir gesellen. Ich kann mich nicht richtig unterhalten, wenn ich liege und du stehst."
    „Ja." Eleanor ging zur Tür.
    „Das war es nicht, was ich meinte, Lea. Kehr mir den Rücken zu und sieh zum Fenster, oder schau mich wieder an, wenn du willst, aber flüchte nicht."
    „Ich wollte nicht flüchten." Sie rieb die feuchten Handflächen an der Tunika ab. „Ich habe das gesagt, weswegen ich hergekommen bin."
    „Nein, dahinter steckt noch mehr." Roger stellte die Füße auf den Fußboden, stand auf und griff nach seinem knielangen Hemd. Hastig zog er es über den Kopf und stellte sich zwischen Eleanor und die Tür. „So, Lea, reden wir."
    Sie war bleich wie Wachs. Ihre Hände verkrampften sich nervös in den Falten ihres Gewandes, und ihre Augen wirkten unnatürlich groß in dem blassen Gesicht. Sie biss sich
    auf die Unterlippe, um die wachsende Angst zu bekämpfen. Sie hatte gesagt, dass sie heiraten wolle, aber sie war keineswegs sicher, dass das richtig war. Was war, wenn der Fluch der Mutter sich bewahrheitete? „Ich . . . ich . . .", fing sie an. „Oh, Roger . . . hilf mir bitte!"
    „Helfen, wobei?" fragte er sanft, während er sich Eleanor näherte. „Was bedrückt dich? Wovor fürchtest du dich, Lea?"
    „Das weiß ich nicht." Aufschluchzend warf sie sich ihm in die Arme. „Es war so vernünftig, so richtig, nachdem ich über alles nachgegrübelt hatte", flüsterte sie an seiner Schulter. „Roger, sag mir, dass es richtig ist, das zu tun."
    „Ich schwöre dir, es ist das Richtige." Er schob sie ein wenig von sich ab, um sie anschauen zu

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