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022

Titel: 022 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flucht vor dem Teufel
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Augen.
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17. KAPITEL
    „Mein liebster Herr", begann Eleanor, „du bist immer in meinen Gebeten." Sie hielt inne und dachte darüber nach, was sie schreiben solle. Sie regte sich leicht auf dem Bett, zog, um es wärmer zu haben, die Bettdecke höher über die Knie, und rückte das Schreibbrett auf dem Schoß zurecht. Draußen blies heftig der kalte Februarwind, und Graupel prasselten auf die Schieferdächer von Fontainebleau. Sie erschauerte ob der Feuchtigkeit und der Kälte und starrte kurz auf die kleine Kohlenpfanne, in der die Flammen sich tapfer gegen den Windzug behaupteten, der durch das schmale Fenster über ihr drang. Ach, jetzt in Rogers Armen sein zu können, geschützt und erwärmt durch seinen Körper, während sie ihm alles erzählte. Sie seufzte und dehnte die Finger in der Kälte. Dann tauchte sie die Feder in das Tintenfass und schrieb weiter:
    „Möge Gott in Seiner Gnade dich sicher bewahren, Mylord, und uns gewähren, dass wir bald wieder zusammen sind. Du bist dauernd in meinen Gedanken.
    Der Empfang deines letzten Briefes hat mir das Herz erfreut, ebenso der Erhalt der Truhe, die du mitgeschickt hast. Der Mantel aus Wolle und Grauwerk wird ob seiner Wärme ebenso viel bewundert wie seiner Schönheit wegen. Prinz Henrys Weihnachtskiste ist schließlich leer, aber wir haben von seinem Wein getrunken und von dem Naschwerk gegessen, bis Mutter Mathilde uns ob unserer Unersättlichkeit wegen tadelte. Ich habe indes bemerkt, dass auch sie sich gütlich getan hat.
    Ich befürchte, meine Briefe werden dir nur ein geringer Trost sein, mein Gatte, denn von hier gibt es nichts zu erzählen. Ein Tag ist mehr oder weniger wie der andere, abgesehen davon, dass es mal schneit, mal regnet oder der Himmel manchmal klar ist. Jeder Tag ist kalt, und wir gehen nicht mehr als nötig ins Freie, denn der Wind faucht eisig über den Hof zwischen unserem Quartier und der Küche und der Kapelle.
    Ich werde von allen gut behandelt, bin jedoch nicht zufrieden, denn mehr als alles andere möchte ich dich bei mir haben."
    Eleanor zögerte und las durch, was sie geschrieben hatte. Der Text war bestenfalls ein schwacher Versuch und nichts im Vergleich mit den langen, leidenschaftlichen Briefen, die Roger ihr schickte. Aber sie wollte ihn nicht durch etwas bekümmern, an dem er nichts ändern konnte. Langsam erschien ein Lächeln in ihrem Gesicht, während sie die Feder wieder in die Tinte tauchte und sich vorstellte, wie er die nächsten Zeilen las.
    „Wenngleich ich jetzt von dir getrennt bin, tröstet mich dennoch das Wissen, dass ich deinen Erben unter dem Herzen trage. Ich habe dir das nicht eher erzählt, weil es dafür noch zu früh war und ich befürchtete, mein Eindruck könne nicht stimmen.
    Jetzt bin ich sicher, und ich bete darum, dass Gott uns einen Sohn schenkt, durch den unsere Vereinigung gesegnet wird. Ich rechne damit, dass das Kind im August geboren wird, wahrscheinlich in der Mitte des Monats. Möge die Heilige Jungfrau Maria sich dafür verwenden, dass ich mit Glynis' Hilfe in Harlowe entbunden werde.
    Gott schütze dich und deine Eltern, bis wir uns wiedersehen. Ich bleibe deine dir treue und dich liebende Gattin."
    Zufrieden verließ sie widerstrebend das Bett, legte ein Stück Wachs in den Schmelztiegel und hielt ihn über das Feuer, bis das Wachs flüssig wurde. Sie faltete den Brief an Roger und goss eine kleine Menge Wachs über die Kante, sorgfältig darauf achtend, dass es nicht verlief und das Pergament ruinierte. Der kleine Klecks wurde undurchsichtig und verhärtete sich, so dass sie ihre Initialen hineinkratzen konnte. Aufgrund des schlechten Wetters würde jedoch niemand an diesem Tag fortreiten und den Brief mitnehmen.
    Da sie den Brief geschrieben hatte, konnte sie auf das zusätzliche, durch das Fenster fallende Licht verzichten. Sie zog einen Stuhl heran und stieg hinauf. Sie verschloss die Öffnung
    mit den Holzläden und zog einen schweren Wandteppich davor. Diesmal war ihr Aufenthalt in dem Konvent angenehmer. Sie hatte ein mit schönen Wandbehängen geschmücktes Zimmer, ein Federbett und Möbel, die der Graf ihr geschickt hatte.
    Und ihr war die Gesellschaft eines Pagen, einer Kammerfrau und eines Dieners gestattet. In ihrem Auftrag war der Diener auf den Straßen zwischen Fontainebleau und Harlowe sehr beschäftigt.
    „Alan!" rief sie den Pagen, der in dem kleinen Alkoven des Gemaches auf seiner Schlafdecke lag. Er erschien, das Gesicht von der Kälte gerötet, und erwies

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