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022

Titel: 022 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flucht vor dem Teufel
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Hof. Bestimmt war das ihre Eskorte nach Rouen, oder sie würde zumindest Kenntnis von den Plänen des Erzbischofs erhalten. Aber sie war kaum draußen angelangt, als sie Leute rufen hörte: „Belesme! Das ist Belesme! Holt den Priester! Benachrichtigt die Ehrwürdige Mutter!"
    Verängstigt liefen die Nonnen vom Hof. Eleanor stand einen Moment lang wie erstarrt und hilflos da, und dann begriff sie, dass sie fliehen musste. Geduckt hastete sie zum Stall, in dem die Arbeitstiere und die wenigen Reittiere, die dem Kloster gehörten, untergebracht waren. Es war kalt, und sie trug keinen Mantel, doch sie hatte nicht die Zeit, sich einen zu holen. Sie zäumte das nächste Pferd auf, sattelte es und schwang sich darauf.
    „Lady Eleanor! Das kannst du nicht tun! Du wirst erfrieren!" rief Trude aus, die ihr gefolgt war.
    „Es ist besser zu erfrieren, statt in Belesmes Händen zu sterben!" schrie Eleanor zurück. Sie trat dem Pferd in die Weichen und lenkte es durch das Westtor.
    Wenngleich es nicht mehr so bitterkalt war wie zuvor, war die Luft immer noch kühl.
    Eleanor fröstelte und beugte sich tiefer auf den Hals des Tiers, während sie den Weg über den schmalen Pfad zum hinter dem Kloster gelegenen Wald einschlug. Wenn sie dort war, würde sie den Schutz der Bäume haben, die den Wind brechen und sie der Sicht ihrer Verfolger entziehen würden. Sobald sie im Dickicht abgestorbener und kahler Bäume war, hielt sie an und überlegte, wohin sie sich wenden könne, damit man sie nicht fand. Der nächste Schutz bestand aus den Hütten der Dörfler, die für einen Anteil an der Ernte die Ländereien von Fontainebleau bearbeiteten, doch das würde der erste Ort sein, wo Belesme nach ihr suchte. Dennoch wagte sie nicht, aus Angst, sich zu verirren und dann, wenn die Nacht kam, zu erfrieren, tiefer in den Wald vorzudringen. Und sie hatte nie, wenngleich sie etwa sieben Jahre ihres Lebens im Konvent verbracht hatte, die Umgebung erkundet.
    Sie hielt sich am Rand des Waldes, nicht weiter als zwanzig Schritte von den kahlen Feldern entfernt, und folgte dem Feldrain. Schließlich wurde sie mit dem Anblick einer weiteren verlassenen Kapelle belohnt. Von weitem war das Gebäude kaum zu erkennen, da man es, im Jagdgebiet des Eroberers gelegen, hatte zuwuchern lassen.
    Eleanor lenkte das Pferd dahin und hoffte, hinter den Mauern etwas Schutz zu finden.
    Sie umrundete eine Ecke und war froh, als sie feststellte, dass alle Wände noch standen und auf einer Seite ein Großteil des Daches intakt war. Sie saß ab und führte das Tier in die
    Ecke, die gegen den Wind lag. Allein der Schutz der Wand schien die Luft wärmer zu machen. Ein rascher Blick über die Umgebung sagte Eleanor, dass sie sich mit dem begnügen musste, was sie anhatte. Die Altartücher und die Wandbehänge waren längst fortgeschafft worden. Bänke waren auch nicht mehr da, doch sie hatte auch nicht die Hilfsmittel, um Feuer zu machen, und konnte keinesfalls riskieren, dass man den Rauch sah. Sie setzte sich hin und grübelte über ihre Überlebenschancen nach.
    Wenn sie ausharren konnte, bis es dunkel wurde, ohne erfroren zu sein, würde sie auf der Straße weiterreiten können, bis sie eine der einfachen Hütten erreichte, an denen sie vorbeigekommen war, als man sie nach Fontainebleau zurückgebracht hatte. Dort konnte sie um einen Platz beim Feuer und etwas heiße Suppe bitten. Sie zog die Knie an und dachte an ihr Kind. Sie musste überleben, und sei es auch nur Rogers Erben zuliebe, den sie unter dem Herzen trug. Sie rieb die kalten Hände an der Wolle ihrer Tunika und rückte enger an die Wand. Das Pferd trabte näher, um ebenfalls Schutz zu haben.
    Es war ein langes Warten auf den Anbruch der Dunkelheit, das nur durch die wenigen Geräusche unterbrochen wurde, die Eleanor und ihr Pferd erzeugten, wenn sie sich bewegten. Die Temperatur begann zu fallen, noch bevor die Sonne sank, und Eleanor musste sich eingestehen, dass sie nicht durchhalten würde, bis die Sonne untergegangen war. Kalt und sich wie erstarrt fühlend erhob sie sich. Ihre Beine waren beinahe zu steif und schmerzend, um sie zu benutzen. Langsam humpelte sie zu dem Pferd und brachte es fertig, sich in den Sattel zu stemmen.
    Zum Glück hatte der Wind sich gelegt, doch die Kälte war noch immer lebensbedrohlich. Sie lenkte ihr Reittier in Richtung der Straße und rechnete damit, dass diese verlassen war. Sie war kaum ins Freie gelangt, als die Geräusche von Reitern ihr sagte, dass sie einen

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