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022

Titel: 022 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flucht vor dem Teufel
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„Woher hast du diese Geschichte?"
    „Du ... du hast bei Rufus gedient", brachte der verstörte Junge heraus, ehe er den Inhalt seines Magens erbrach.
    „Das hat die Hälfte der Männer der Normandie getan!" brüllte Robert. „Dennoch haftet ihnen nicht ein solcher Makel an!" Seine Finger schlossen sich mit hartem Griff um Piers' Hals. „Beim Blute der Belesmes, ich schwöre, dass ich viele widerliche Dinge getan habe, aber ich habe es nie mit einem anderen Mann getrieben."
    Piers' Augen quollen hervor, und sein Gesicht bekam eine bläulich rötliche Farbe.
    Alarmiert ergriff Mabille den Arm des Sohnes und versuchte, dessen Griff zu lösen.
    „Robert! Nicht!" Tränen strömten ihr über das schöne Gesicht. „Piers wußte nicht, was er sagte! Bitte, Robert", bat sie, „töte kein unschuldiges Kind!"
    „Kind!" Er spie das Wort hervor, während er den röchelnden Jungen auf den Fußboden fallen ließ. „Ein unschuldiges Kind! Bei den Minnemalen Christi! Es wundert mich, dass ausgerechnet du das sagst, Mutter!"
    Sie sank auf die Knie, nahm den Körper ihres bewusstlosen jugendlichen Liebhabers in die Arme, redete säuselnd auf ihn ein und versuchte, ihn wieder zu sich zu bringen. „Du hast ihn umgebracht! Hast du gehört? Du hast ihn umgebracht!" Sie neigte sich vor und küsste die reglosen Lippen des Knappen. „Oh, Robert. . .
    warum?"
    Er schaute sie eigenartig an, und Zorn und Erregung fielen von ihm ab. „Nein, der Junge ist nicht tot, Mabille. Lass ihm Zeit, zu sich zu kommen." Robert lachte harsch auf, denn seine Stimme hatte selbst ihm fremd in den Ohren geklungen. „Nein, ich habe genügend Männer gefoltert, um zu erkennen, wann sie die Schwelle des Todes erreichen." Er streckte die Hand aus und begann mit der Mutter ein Gerangel um den reglosen Jungen. „Gib ihn frei, und dann beweise ich es dir." Er zog ihn hoch, legte ihn über das gekrümmte Knie und versetzte ihm mehrere harte Schläge auf den Rücken. Der Junge hustete und stöhnte. Langsam kehrte die Farbe in sein bleiches Gesicht zurück. Nach dieser Demonstration, dass er noch lebte, ließ Robert ihn auf die Binsen zurückfallen. „Wenn er zu sich gekommen ist, dann sag ihm, dass er seinen Strohsack vor mein Gemach legen und mir und niemand anderem in diesem Haushalt dienen soll. Falls er flieht, werde ich ihn töten."
    „Du wirst ihn ohnehin töten, nicht wahr?" Mabilles Stimme hatte resignierend, hohl und tonlos geklungen.
    „Nein, ich werde ihn in etwas unterweisen, das nützlicher ist, als mit einer alten Frau zu schlafen." Robert bückte sich, hob die Reste seines Abendessens auf und stellte sie auf den Eichentisch. Nachdem er das getan hatte, wusch er sich gründlich die Hände in einer kleinen Schüssel und trocknete sie mit einem Leinentuch ab. Er bemerkte den anderen verschüchterten Jungen, der entsetzt und sprachlos in der Ecke kauerte. „Räum dieses Durcheinander weg", befahl er barsch, „und beeile dich.
    Ich kann Unordnung nicht ausstehen." Da der Junge sich nicht regte, ging Robert zu ihm. „Mir ist es gleich, woher du gekommen oder von wessen Blut du bist. Du wirst in meinen Dienst treten, oder du kannst heimkehren. Meine Mutter hat keine weitere Verwendung für dich."
    „Robert!" Mabille hatte seinen Namen fast geschrien. „Nein!"
    „Ja." Er nickte grimmig. „Ich werde diese Verruchtheit nicht weiter unterstützen, Mutter. Morgen reite ich nach Rouen, um die Verlobung vorzubereiten. Wenn ich zurückkehre, erwarte ich, dass du dich auf deine Wittumsländereien zurückgezogen hast." Sein Blick traf Mabilles und hielt ihn fest. „Ich suche dich auf, wenn ich dich sehen möchte." Als sie schließlich unschlüssig wurde und die Augen abwandte, zog er die schwere Eichentür auf und verließ den Raum.
    Mabille konnte das Geräusch seiner Stiefelschritte und der Sporen auf den Stufen der schmalen Wendeltreppe hören, als er in den Hof hinunterging. Piers stöhne leise zu ihren Füßen, derweil der andere Junge wie zu Stein erstarrt dasaß. In all ihren vierzig Jahren hatte sie nie an der Macht gezweifelt, die sie über ihren Sohn hatte -
    bis zu diesem Augenblick.
    „Nein, dieses Mädchen wird nie meinen Platz einnehmen", flüsterte sie. „Niemals!"

6. KAPITEL
    Roger verfasste eine Reihe von Briefen an verschiedene Bekannte, in denen er andeutete, dass er sie irgendwann zu Beginn des Sommers aufsuchen würde, und schickte die Nachrichten nach Frankreich, in die Lombardei, nach Aquitanien und Flandern, um mögliche

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