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022

Titel: 022 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flucht vor dem Teufel
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de Belesme zu vertreiben. Jetzt, außerhalb der Mauern von Fontainebleau, kam sie sich sehr gefährdet und unbeschützt vor. Mehr noch, in Rogers Abwesenheit und bei all den hektischen Vorbereitungen für ihre Reise nach Rouen hatte sie das Gefühl, in einen Strudel geraten zu sein, dem sie nicht entkommen konnte. Belesme hatte ihr einen in steifen Worten gehaltenen Brief geschrieben und ihr eine Kette mit grünen Steinen geschickt, um die ihre Schwester Margaret sie glühend beneidete. Und Mabille, Graf Roberts Mutter, hatte ihr einen süßlichen Brief geschrieben, ihr etliche Ellen eines kostbaren neuen Stoffs geschickt, den die Franzosen „Feuerflammen" nannten, weil er so schimmernd irisierte, und „ihre liebe Tochter Eleanor" willkommen geheißen.
    Und ihr Vater hatte sie so gut wie gemieden, seit sie nach Nantes zurückgekehrt war. Er wollte wenig mit seiner ältesten Tochter zu tun haben. Vielleicht lag das daran, dass er Gewissensbisse hatte, wenn er sie anschaute, oder vielleicht wollte er jedem Vorwurf ausweichen, weil er sie verkauft hatte, um die eigene Haut zu retten.
    Belesme hatte ihm erst ein Stück Land abgenommen und dann ein weiteres, bis nichts mehr außer der Stadt Nantes übrig geblieben war. In die Enge getrieben, hatte Gilbert sich an Courteheuses Vermittlungsangebot geklammert, um dann erleichtert festzustellen, dass Belesme ihn in Frieden lassen wollte, wenn er Eleanor bekam. Zwar hatte er ihm, weil sie Gott versprochen war, erst Margaret und dann Adelicia angeboten, doch Belesme hatte auf Eleanor und keiner anderen bestanden, denn sonst würde er Gilberts Kopf vor den Toren von Nantes aufspießen. Gilbert fürchtete sich zwar immer noch vor seinem zukünftigen Schwiegersohn, hatte Eleanor jedoch anvertraut, dass Roger sie beide nach Rouen begleiten würde. „Mit ihm an meiner Seite wird niemand wagen, mich anzufassen", hatte er geprahlt.
    „Und wenn Robert de Belesme durch Blutsbande an mich gebunden ist, wird niemand wagen, mir zu widerstehen."
    „Wirklich, Papa!" hatte Eleanor erwidert. „Ich frage mich, wie sicher du bist, wenn ich mit ihm verheiratet bin."
    Sie hatte gemerkt, dass sie ihm etwas zum Nachdenken gegeben hatte, besaß jedoch nicht viel Hoffnung, dem Comte die Stirn bieten zu können.
    Sie wurde durch die Geräusche einer Reiterschar, die in den Hof hinter der inneren Gartenmauer einzog, in den Gedanken unterbrochen. Sie raffte die Röcke und stieg auf eine niedrige Bank, um durch einen Spalt in der Wand zu sehen. Die Reiter trugen Waffenröcke in hellblauer Farbe und ein blaugraues Banner. Der Anführer war unverkennbar. „Roger!" rief Eleanor aufgeregt, ehe sie von der Bank sprang. „Er ist hier!" schrie sie den Schwestern zu, bevor sie zum Tor rannte.
    Sie stürmte beinahe in den Hof, wo die Reiter absaßen. Roger hatte gerade noch die Zeit, Aubery seinen Helm und seine Handschuhe zu übergeben, ehe Eleanor in seinen Armen lag. Behutsam schob er sie einen Schritt von sich fort, beugte sich vor und küsste sie sanft auf die Wangen. Seine Lippen berührten kaum ihre Haut. Seine blauen Augen hatten einen warnenden Ausdruck, als er sich aufrichtete.
    „Was . . .?" Sie war verwirrt und enttäuscht. Roger war so anders als in Fontainebleau.
    „Du siehst gut aus, Schwester."
    Verwirrt fuhr sie sich mit der Zunge über die Lippen. Der grimmige Fremde, der vor ihr stand, gefiel ihr nicht. „Es geht mir gut, Bruder. Und dir?"
    „Gut genug." Er blickte zu der Stelle, wo Gilbert stand, nachdem er die schmale Turmtreppe heruntergekommen war. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich je hierher zurückkehren würde."
    „Das kann ich mir denken."
    „Mein Sohn!" Gilbert umarmte überschwänglich den widerstrebenden Ritter, küsste ihn herzlich auf die Wangen und dann auf den Mund. „Wie hast du die Condes zurückgelassen? Sie sind immer noch ein so reiches Lehnsgut, wie ich gehört habe?"
    „Reich genug." Rogers Blick schweifte über die sich versammelnde Menschenmenge, bis er auf Herleva ruhen blieb. Für sie hatte er sich die herzlichste Begrüßung aufgehoben. Er lächelte und umarmte und küsste die alte Frau, bis sie seiner Aufmerksamkeit wegen richtig rot geworden war.
    „Stell mich hin!" quietschte sie entzückt, als er sie hochhob und mehrmals im Kreis schwang. „Diese alten Knochen brechen leicht, Junge!"
    „Ach, Herleva, du änderst dich nie." Er grinste die rundliche kleine Frau an. „Was für eine Begrüßung ist das für den Jungen, von dem du wolltest, dass

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