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022

Titel: 022 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flucht vor dem Teufel
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als er Eleanor laut neckte: „Bist schön, Joan, sogar noch kurz vor deiner Zeit."
    „Nein, Richard, deine Augen lassen dich im Stich", scherzte sie ebenfalls, „denn ich bin hässlich und plump. Nur mein Herr und Gebieter kann mich in diesem Zustand lieben."
    „Dein Herr und Gebieter liebt dich sehr, Weib, selbst wenn er das nicht bekunden kann, bis du niedergekommen bist. Aber es wird spät, und so, wie es hier im Hof aussieht, werden Unterkünfte knapp sein. Warte hier mit den Pferden, derweil ich uns ein Bett besorge, Joan."

    Gemächlich ging Roger in die Herberge und ließ den Blick auf der Suche nach seinem Kammerdiener über die Reisenden schweifen. In einer abgeschiedenen Ecke auf der anderen Seite des Raums saß Jean Merville allein beim Essen. Roger nickte beinahe unmerklich, ehe er zum Wirt ging, einem kräftigen, freundlichen Burschen, dessen mit Taschen versehene Schürze ihn als den Besitzer auswies.
    „Ich brauche ein Bett für mich und meine Frau."
    Der Mann betrachtete Rogers verblasste Tunika und schüttelte bedauernd den Kopf.
    „Wie du sehen kannst, ist das Haus voller Leute." Mit weit ausholender Geste wies er durch den Schankraum. „Nein, für dich könnte ein gemeinsames Lager mit drei oder vier anderen Leuten gefunden werden, doch für deine Frau habe ich keinen geeigneten Platz."
    Roger griff in den am Gürtel hängenden Beutel und zog eine kleine Börse heraus.
    „Ich habe Geld." Er wog sie in der Hand, ehe er sie dem Wirt hinhielt. „Hier, zähl selbst nach. Meine Frau ist guter Hoffnung, und ihre Zeit nähert sich. Sie kann heute Abend nicht noch weiter reisen."
    „Nun . . ." Nachdenklich rieb der Wirt sich das Kinn, ehe er nach dem Geld griff. „Das ist nicht viel, aber da ist der Dachboden über dem Pferdestall. Dort kann Gundrade dir und deinem Weib eine saubere Schlafdecke ausbreiten."
    „So soll es sein." Roger nickte zustimmend. „Wir brauchen auch ein Abendessen und Wasser zum Waschen."
    „Im Hof ist ein Brunnen. Dort kannst du dir welches holen. Gundrade!" rief der Mann einer angenehm gerundeten Frau mit Apfelbäckchen zu, die aus der Küche hereingekommen war. „Hol diesem Mann ein Trockentuch für ihn und seine Frau und mach ihnen auf dem Dachboden ein Strohlager."
    „Ja."
    „Und hol etwas von der Taubenpastete." Der Wirt schätzte das Gewicht der Börse, die er in der Hand hielt. „Ja, und ein bißchen Wein."
    „Wein, Gerbod?"
    „Ja", antwortete er barsch. „Die Zeit der Frau dieses Mannes nähert sich, Gundrade.
    Möchtest du, dass sie dunkles Bier trinkt?"
    „Nein." Die Frau lächelte Roger an. „Bring sie herein, Herr Ritter, und ich werde ihr einen Platz etwas von den anderen Leuten entfernt herrichten."
    Roger kehrte mit den rauhen Linnentüchern in den Hof zurück, warf einem Stallburschen eine Münze zu und sagte dabei: „Bring die Pferde unter und bewache unsere Sachen gut. Wenn morgen noch alles da ist, bekommst du noch eine Münze." Grinsend wandte er sich Eleanor zu. „Wir haben Glück, Joan, weil wir hier ein Bett und ein Mahl bekommen. Ich hatte wenig Ahnung, wie vorteilhaft es ist, mit einer hoch schwangeren Frau zu reisen." Er händigte ihr eins der rauen Tücher aus und wies auf den Brunnen. „Wir waschen uns dort."
    „Dort?" Skeptisch zog sie eine Braue hoch, bis sie seinen warnenden Blick bemerkte.
    „Oh . . . ich verstehe." Nie zuvor war ihr der Gedanke gekommen, dass die niederen Ränge des Adels nicht dieselben Privilegien genießen könnten, die sie sogar im Konvent genossen hatte. Offenbar kümmerten solche Leute sich um sich selbst, ohne auf die Hilfe von Dienstboten zurückgreifen zu können.
    Roger füllte einen Eimer mit kühlem Wasser, zog ihn hoch und schöpfte eine Kelle voll für Eleanor. Es war heiß und die Luft schwül. Wortlos nahm Eleanor die Kelle entgegen und trank begierig. Sie leerte sie und wartete dann darauf, dass Roger es ihr gleichtat. Er goss den Inhalt eines Bechers auf eines der Tücher, gab es ihr und sagte dabei: „Damit wirst du dir wenigstens den Staub und den Schweiß vom Gesicht reiben können, Joan, ehe wir essen."
    „Ja." Sie rieb sich das kühle, nasse Tuch über das Gesicht und genoss das Gefühl vorübergehender Frische. „Gibt es hier ein Badehaus, Richard?" fragte sie hoffnungsvoll.
    „Ja." Er wies auf einen Schuppen hinter der Herberge, wo Eimer über offenen Kabinen hingen. „Aber ich bezweifele, dass du eine davon benutzen möchtest."
    „Oh." Eingeschüchtert musste Eleanor sich

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