0223 - In den Krallen der roten Vampire
Vampiro-del-mar, der Uralt-Vampir. Und vor langer Zeit, als die roten Vampire noch nicht in den unheimlichen Schlaf gefallen waren, da haben sie ihm einmal gehorcht. Da war er ihr Herr, und das soll und wird er wieder sein, wenn sie erst einmal leben.«
Die Worte hatte Lady X überzeugend gesprochen. Und der Professor glaubte ihr. Was er innerhalb dieser Höhle erlebt und gesehen hatte, das warf sein Weltbild um. Bisher hatte er nur an Fakten geglaubt, an Dinge, die sich auch beweisen ließen. Nun aber wurde er mit einer Welt konfrontiert, die es eigentlich nicht geben durfte, die aber existierte. Das alles war ihm wie ein schlechter Scherz vorgekommen, auch jetzt hatte er es noch nicht voll begriffen. Vielleicht trug auch diese seltsame Situation mit dazu bei, die er und Lady X erlebten, denn sie unterhielten sich in aller Ruhe und fast emotionslos über ein Thema, das völlig unrealistisch war.
Klaus Bouillon hatte das Gefühl, unter einer gewaltigen Glocke zu sitzen und die Realität nur aus der Ferne mitzubekommen, die ihm jedoch durch das Echo eines Schreies wieder in Erinnerung gerufen wurde.
Blitzschnell sprang Lady X auf. Ihr Körper erinnerte plötzlich an eine geballte Ladung, die kurz vor der Explosion stand. Mit gleitenden Schritten lief sie zum Ausgang der kleinen Höhle und warnte den Professor noch, als sie ihn passierte.
»Keine Dummheiten!«
Bouillon schwieg.
Am Ausgang blieb Lady X stehen. Sie mußte sich etwas ducken, um hinausschauen zu können in die Weite der eigentlichen unterirdischen Höhle, und sie sah dort die Fledermäuse wie gewaltige Schatten hin und her huschen.
Auf einen Punkt konzentrierten sie sich besonders. Er lag rechts von ihr, wo auch der Weg an der Höhlenwand entlanglief. Dort mußte irgend etwas passiert sein. Leider konnte Lady X nicht bis dahin einsehen, dazu war das Licht zu schlecht, aber der Schrei hatte sich sehr menschlich angehört.
Also war jemand gekommen!
Und er war in die Falle gelaufen.
Genau dort, wo die beiden Fledermäuse zu Boden gegangen waren, wurde es stiller. Zwar schlugen die blutgierigen Tiere noch mit den Flügeln, aber das geschah alles sehr langsam. Es drückte Trägheit und auch Zufriedenheit aus.
Sie hatten ein Opfer!
Natürlich war der Schrei auch von Professor Bouillon gehört worden. Er konnte sich ebenfalls einen Reim darauf machen, wenn er scharf nachdachte, und er ahnte instinktiv das Richtige. Der Schrei war der eines Menschen gewesen. Also befand sich ein Mensch in der Höhle, und er war in die Klauen dieser blutgierigen Vampir-Fledermäuse geraten. Nie hätte Klaus Bouillon gedacht, welch eine Kettenreaktion die Entdeckung dieser uralten Wesen auslösen konnte, und irgendwie gab er sich auch die Schuld, daß es zu all diesem Schrecken gekommen war. Er dachte an eine Wiedergutmachung, aber was konnte er tun?
Sein Blick fiel auf die Spitzhacke!
Sie war nicht sehr groß und auch nicht allzu schwer. Dafür bestand sie aus einem hervorragenden Material, auf das man sich bei Kletterpartien durchaus verlassen konnte. Und dieser Spitzhacke würde auch die Vampirin nichts entgegensetzen können, das stand fest.
Der Professor hatte bisher gesessen. Er holte noch einmal tief Luft und schraubte sich in die Höhe. Noch nie in seinem Leben hatte er einen Menschen getötet oder einem irgend etwas zuleide getan, und er mußte sich zwingen, daran zu denken, daß die Frau vor ihm kein Mensch, sondern eine blutgierige Bestie war.
Ja, anders konnte man sie nicht bezeichnen. Es machte ihr nichts aus, das Blut der Menschen zu trinken, und wenn sie ihre spitzen Zähne in die Haut der Opfer schlug, dann verwandelte sie diese armen Menschen ebenfalls in Vampire, so daß sie sich in den grauenvollen tödlichen Kreislauf einreihen konnten.
Der Professor wollte ihn unterbrechen!
Die dunkelhaarige Blutsaugerin war abgelenkt. Sie schaute noch immer in die große Höhle hinein, damit sie mitbekam, was dort geschah, so daß es dem Wissenschaftler gelang, ungesehen nach dem Stiel der Spitzhacke zu greifen und das Instrument an sich heranzuziehen. Er mußte dabei sehr vorsichtig zu Werke gehen, durfte kein Geräusch verursachen, das seine Gegnerin hätte warnen können.
Dann hielt er die Hacke fest. Er faßte auch mit der zweiten Hand nach, so daß er sie auch führen konnte.
Lady X wandte ihm den Rücken zu.
Leicht geduckt stand sie da und rührte sich auch nicht, als der Professor einen Schritt vorging. Sie schien ahnungslos zu sein. Klaus Bouillon
Weitere Kostenlose Bücher