0223 - In den Krallen der roten Vampire
ihr in die Tiefe ging, dann schaute sie genauer nach und erkannte die nicht allzu große Distanz zwischen den beiden Weg-Teilstrecken.
Sollte sie springen?
Beate zögerte, schaute zurück. Sie konnte die Hand nicht mehr sehen, obwohl sie sicher war, daß sich der Unbekannte, dem die Hand gehörte, nicht vollends zurückgezogen hatte.
Also springen.
Noch einmal schaute sie nach vorn, Sah im fahlen Licht der aufgestellten Lampen, daß sich nach der Unterbrechung der Weg weiterschlängelte, und erkannte an seinem Ende eine schattenhafte Bewegung.
Eine Fledermaus vielleicht?
Nein, die waren größer. Das war eine andere Gestalt, eine menschliche sogar.
Ihr Mann!
»Axeellllll!« Ein gellender Schrei hallte durch die riesige Höhle, wurde von den Wänden zurückgeworfen und vereinigte sich zu einem unheimlich klingenden Echo.
Sie hatte Axel gefunden – lebend gefunden!
Beate Eickburger wußte nicht, ob sie lachen oder weinen sollte.
Hoffnung keimte in ihr hoch, und sie fragte sich, ob das Auftauchen ihres Mannes die Rettung bedeutete.
Wieder rief sie Axels Namen, und sie bekam eine Antwort, als das Echo verhallt war.
»Komm her…!«
Beate schaute nach vorn und in die Tiefe, wo sie einen Zwischenraum durch einen Sprung überbrücken mußte. Auch Axel hatte ihn geschafft. Vielleicht wußte er einen anderen Weg aus der Höhle, und wenn Beate daran dachte, was hinter ihr lauerte, dann wurde ihr der Entschluß leichtgemacht. Ja, sie wollte die Flucht nach vorn antreten.
»Ich komme zu dir!« rief sie. »Warte auf mich, Axel. Es dauert nicht mehr lange.« Sie schleuderte die Schuhe von den Füßen, dann gab sie sich Schwung und sprang ebenfalls.
Die Distanz zwischen den beiden Wegabschnitten war doch größer, als sie angenommen hatte. Der Aufprall erschütterte sie. Zudem kam sie mit den Hacken zuerst auf, und fast wäre sie noch nach hinten gekippt, doch mit rudernden Armbewegungen konnte sie sich halten.
Jetzt war es nicht mehr weit bis zu ihrem Mann. In Schlangenlinien lief der Weg weiter, und an seinem Ende, da wartete Axel, um Beate in die Arme zu schließen.
Obwohl sie es sehr eilig hatte, dachte sie daran, die Schuhe anzuziehen. Dann erst hetzte sie los. Sie wollte zu ihrem Mann, ihn endlich sehen und stolperte mehr, als daß sie ging.
Axel stand da und hielt seine Arme ausgestreckt. Mit Schrecken stellte die näher kommende Frau fest, wie schlimm ihr Mann aussah. Seine Kleidung war verdreckt, zum Teil zerrissen oder zerfetzt, er blutete aus einigen Wunden. Wenigstens sahen die dunklen Stellen in seinem Gesicht aus wie Blut, und trotz der miserablen Lichtverhältnisse erkannte die Frau, wie bleich Axel war.
»Was ist dir geschehen?« flüsterte sie und griff nach seinen Händen, um sich von ihm in die Arme ziehen zu lassen. »Als ich deinen Schrei hörte, da dachte ich, daß alles aus ist.«
»Nein.« Er lachte irgendwie hämisch. »Da hat erst alles angefangen, meine Liebe.«
»Wieso? Ich…«
»Das erkläre ich dir später, kleine Beate. Komm erst einmal mit.«
Er zog seine Frau weiter auf einen Höhlensee zu, dessen Wasseroberfläche dunkel dalag und nur manchmal von zuckenden Lichtschatten berührt wurde, wobei sie dann wirkte, als würde sie ein geheimnisvolles, geisterhaftes Eigenleben führen.
Aber noch ein Schatten kam!
Von oben. Er bewegte sich nur langsam, zeichnete sich auf der Wasserfläche ab, hinter der sich geheimnisvolle Höhlengänge anschlossen, deren Einstiege an düstere Fenster erinnerten.
Beate blieb stehen und hob den Kopf. Ihre Augen wurden wieder größer, die Angst kam zurück, und sie kreischte: »Die Fledermäuse, Axel, meine Güte, sie werden uns töten…«
»Du brauchst keine Angst zu haben, kleine Beate«, erwiderte ihr Mann mit ruhiger Stimme. »Wirklich, du brauchst keine Angst zu haben.« Er drückte Beate fester an sich, schaute sie an und lächelte, wobei er sein Gebiß entblößte und Beate Eickburger die beiden grauenhaften Vampirzähne sah, deren Spitzen auf ihren Hals wiesen…
***
Er starrte in das Mündungsloch der Maschinenpistole. Darüber sah er den Oberkörper einer Frau, der durch den Hals mit einem Gesicht verbunden war, das man durchaus als schön, aufregend oder sexy bezeichnen konnte, wären da nicht die beiden spitzen Zähne gewesen, die aus dem Oberkiefer hervorschauten.
Die Frau war eine Vampirin. Und er, Professor Klaus Bouillon, war in ihre Falle gelaufen.
Sie und ihr unheimlicher Helfer hatten ihn die Lampen aufstellen lassen und
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