0227 - Vier Killer kennen keine Gnade
Geschäft eröffnen zu wollen.«
»Eben«, nickte Terrace trocken. »Das ist das, was wir bisher in Erfahrung bringen konnten.«
»Wirklich nette Kleinigkeiten«, sagte ich und legte mein Besteck zusammen, denn das Steak war den Weg alles Irdischen gegangen, »die ihr da zusammengetragen habt. Wie geht das denn nun mit den Orangenkisten vor sich?«
»Da es sich um leicht verderbliches Gut handelt, wird die Bahngesellschaft sofort nach der Ankunft der Ladung einen Spediteur beauftragen, die Orangenkisten an den Empfänger auszuliefem.«
»Das bedeutet, dass um sechzehn Uhr die Kisten ankommen und auf einen Lastwagen irgendeiner Spedition verladen werden, der den ganzen Kram zu diesem McKenzie bringen wird«, sagte ich und rieb mir die Hände. »Okay, ich denke, dass Phil und ich heute Nachmittag der Abwechslung halber Lastwagenfahrer sein werden. Vorher müsst ihr uns noch genau die Route einbläuen, die wir fahren müssen. Und ein paar andere Vorbereitungen sollten wir vielleicht auch noch treffen. Es ist jetzt bereits zwanzig nach drei. Viel Zeit bleibt uns deshalb nicht. Beeilen wir uns. Für eine anderthalbe Million kann man schon mal ein bisschen schneller als gewöhnlich schalten.«
»Du tust gerade so, als ob du das Geld bekämst«, brummte Phil und zog seufzend seine Brieftasche.
Ich kannte seine Sorgen. Es war wenige Tage vor der nächsten Gehaltszahlung. Und in diesem Punkte unterscheidet sich ein G-men wenig von den übrigen Sterblichen.
Wir bezahlten unsere Rechnung und brachen auf. Die nächste Dreiviertelstunde verging so schnell, dass sie uns nur wie ein paar Minuten vorkam. Aber pünktlich um viertel nach vier standen wir mit einem Speditionslastwagen am Güterbahnhof. Wir trugen Lederwesten und Schirmmützen und bunte Hemden, die wir uns alle in der FBI-Kammer von Chicago ausgeliehen hatten. Gespannt warteten wir das Einlaufen des Zuges ab.
Der Güterzug wurde erst einmal eine Viertelstunde hin und her rangiert, bevor man endlich ans Ausladen ging. Als wir vor Ungeduld schon nervös wurden, kam endlich ein Angestellter der Bahngesellschaft auf uns zu und sagte aufgeregt:
»Bitte, kommen Sie doch mal rein in dieses Office.«
Wir folgten ihm in einen kleinen Verschlag. Die Leutchen hier wussten Bescheid, dass wir G-men waren. Der Mann, der uns gerufen hatte, zeigte auf einen anderen Mann, der die Mütze des Zugführers trug.
»Los, Jim«, sagte er. »Erzähl’s ihnen selber.«
Der Zugführer nahm die Mütze ab, starrte uns groß an (man sah beinahe, wie er dachte: Diese Lederwesten-Gestalten sollen G-men sein?) und brummte:
»Na, ja, ich kann doch nichts dafür. Auf der vorletzten Station ist ein Kerl aufgetaucht, der hat sich ausgewiesen als Flinn McKenzie und hat seine Orangenkisten verlangt. Die Papiere waren in Ordnung. Da habe ich ihm eben die Kisten ausladen lassen…«
Ich verdrehte die Augen. Anderthalb Millionen Dollar vor der Nasenspitze. Und jetzt ging die Sucherei von vorne los…
***
Es war ein winziges Nest in Indiana. An den Namen kann ich mich schon nicht mehr erinnern. Jedenfalls hatte es ungefähr dreißig Häuser und den kleinen Bahnhof, wo die Lokomotiven zum letzten Male Wasser nahmen, bevor es weiterging nach Chicago.
Abends um half zehn hatten wir endlich das Haus gefunden, in dem der Bahnhofsvorsteher, der zugleich Schalterbeamter, Chef der Güterabfertigung, Telegraphenbeamter und was weiß ich noch war, zusammen mit seiner recht zahlreichen Familie wohnte. Als wir an die Haustür klopften, krachte es drinnen. Phil und ich rissen unsere Dienstpistolen aus den Schulterhalftern und stießen die Tür auf.
»…und so«, sagte der Sprecher auf dem Bildschirm des Fernsehgerätes, »so endete dieses Abenteuer des berühmten Westmannes Joe Bliss…«
»Nicht schießen! Bitte, nicht schießen«, rief eine Frau, die auf einer Couch saß und erschrocken auf unsere beiden Pistolen blickte.
Ich schob meine 38er zurück und brummte.
»Dasselbe wollten wir gerade sagen. Entschuldigen Sie, Ma’am, dass wir hier so eingedrungen sind, aber wir hörten Schüsse und dachten, hier stimmte etwas nicht. Wir suchen Douglas Kiever, den Bahnhofsvorsteher.«
»Das ist mein Mann«, erklärte die Dame auf der Couch würdevoll. Da die Couch mit dem Rücken zu uns stand, hatten wir bisher noch nichts von dem alten, weißhaarigen Mann gesehen, der sich jetzt zwischen einigen Kissen hervorschob und aufstand. Sechs oder sieben Kinder zwischen vier bis zwölf Jahren hockten auf Stühlen
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