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0228 - Der Leichenpfad

0228 - Der Leichenpfad

Titel: 0228 - Der Leichenpfad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Durchscheinend, weiß, wie Plasma und dabei mit leichten, roten Fäden durchzogen, die mich in ihrer Farbe an Blut erinnerten.
    Die Weiße Frau stand vor mir. Daran gab es keinen Zweifel. Und wenn ich schon die Chance bekam, wollte ich sie auch vernichten.
    Eine Gestalt, der es nichts ausmachte, auch am hellichten Tag zu erscheinen, denn für Geister oder Wesen aus dem Totenreich ist meistens die Dunkelheit optimal.
    Ich hätte nicht so lange zögern dürfen, denn damit gab ich der seltsamen Erscheinung die Chance zu reagieren. Und die nutzte sie sofort aus. Bevor ich mich versah, zog sie sich zusammen. Ich vernahm noch ein fauchendes Geräusch, und im nächsten Augenblick zischte etwas auf mich zu.
    Es war ein heller Streifen, ein Hauch, leicht rosig gefärbt — der Nebel.
    In Gesichtshöhe glitt mir dieses seltsame Etwas entgegen, und ich ahnte den Angriff mehr, als daß ich ihn sah. Meine Reaktion erfolgte automatisch. Die rechte Hand riß ich hoch und hielt das Kreuz genau vor mein Gesicht.
    Ob der Nebelstreif das geweihte Silber nun berührt hatte oder nicht, das konnte ich nicht sagen. Auf jeden Fall wurde die unheimliche Erscheinung gestoppt, sie flatterte plötzlich vor mir auseinander und wurde dabei zu einem grauen durchsichtigen Tuch, in dessen Mitte ich eine Gestalt erkannte, eben die Weiße Frau!
    Jetzt endlich sah ich sie genauer!
    Ein schreckliches Wesen. Gespenstisch, unheimlich und makaber.
    Ich hatte mich vorhin nicht geirrt, ihr gesamter Körper, so durchscheinend er sich mir auch präsentierte, war von winzigen Blutfäden durchwebt. Jeder Faden nicht dicker als normales Nähgarn und hellrot schimmernd. Ein wahrlich unheimliches Bild und auch das abstoßend häßliche, verzerrte Gesicht paßte zu der Weißen Frau, die ich wohl nicht länger als eine Sekunde so vor mir sah, denn als ich sie mit Hilfe des Kreuzes zerstören wollte, war sie verschwunden. Einfach weg — aufgelöst…
    Kein Nebelstreif mehr, der über dem Wasser lag. Nur die Sonne brannte vom Himmel.
    Weshalb war sie erschienen? Wollte sie uns warnen, dem Friedhof nicht zu nahe zu kommen, oder brauchte sie Opfer?
    Ich wußte es nicht. Vielleicht würden wir in naher Zukunft eine Antwort finden, doch zunächst einmal mußte ich mich mit der Gegenwart beschäftigen, denn ich hörte Will Mallmanns Ruf.
    »John!«
    Blitzschnell drehte ich mich. Der Kommissar stand noch am Wagen und winkte.
    Hastig lief ich zu ihm. »Was ist denn?« fragte ich ein wenig atemlos.
    Als Antwort umklammerte Will meinen Arm in Höhe des Ellbogens und zog mich um den Manta herum. Vor dem Kofferraum blieben wir stehen. Will legte einen Finger auf die Lippen. Ich verstand das Zeichen und verhielt mich still.
    Sekundenlang geschah nichts.
    Dann hörte ich es auch.
    Ein gräßliches Stöhnen und Ächzen. Es drang aus dem Kofferraum, wo die Leiche und der Kopf lagen…
    ***
    »Verdammt, die Leichen«, flüsterte Will Mallmann. Er wurde grau im Gesicht und schluckte.
    Auch mir ging es nicht gut. Ich spürte die kalte Hand, die unsichtbar über meinen Rücken strich. Als wir den Schädel und auch die Leiche gefunden hatten, waren beide tot gewesen.
    Sollten sie jetzt etwa leben? Hatte die Weiße Frau diese Ausstrahlung besessen?
    Will warf mir einen fragenden Blick zu. Es war klar, wir mußten die Haube öffnen, und ich sagte: »Gib mir den Schlüssel!«
    Der Kommissar lief zur offenstehenden Fahrertür und beugte sich in den Wagen.
    Abermals vernahm ich das gräßliche Ächzen, und der Laut war noch nicht verhallt, da hieben dumpfe Schläge plötzlich gegen die untere Seite des Kofferraumdeckels.
    Hatte sich die Leiche aus dem umrollten Teppich befreien können?
    Eigentlich unmöglich, denn der Kofferraum war zu eng, doch ich wollte hier nichts beschwören und fing den Schlüssel auf, den mir Will Mallmann zuwarf.
    »Mach du es!« sagte der Kommissar.
    Zuerst zog ich meine Beretta. Dann hängte ich mir das Kreuz um den Hals und wies Will an, ein Stück zur Seite zu gehen. Etwa eine Körperlänge entfernt blieb er stehen und wartete.
    Vorsichtig näherte ich mich mit der linken Hand dem kleinen Schloß des Kofferraums. Beim ersten Versuch klappte es noch nicht ganz, der Schlüssel fehlte, danach fand er zielsicher den schmalen Schlitz.
    »Achtung, Will!« sagte ich und drehte den Schlüssel herum.
    Gleichzeitig hob ich den Deckel noch mit an und ging einen Schritt nach links, wobei ich meinen rechten Arm senkte und mit der Waffenmündung auf den Schädel zielte, der

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