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0228 - Der Leichenpfad

0228 - Der Leichenpfad

Titel: 0228 - Der Leichenpfad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Seelen zählte.
    Das zweite Dorf! Wo befand es sich? Ich wollte es wissen. Bisher hatten wir nur zurückgeschaut, jetzt mußte ich nach vorn sehen.
    Ich sagte Will Bescheid, bahnte mir meinen Weg quer über den Totenacker und erreichte die halb eingestürzte Begrenzungsmauer an der anderen Seite.
    Tatsächlich, es hatte einmal ein Dorf gegeben. Das konnte ich deutlich erkennen. Noch jetzt waren die letzten Überreste zu sehen. Trümmer einer vergangenen Zeit. Im Laufe von fast 40 Jahren hatte die Natur natürlich dafür gesorgt, daß von den Trümmern direkt nicht mehr allzu viel zu sehen war. Buschwerk und Pflanzen hatten sich ausgebreitet, waren gewachsen und hatten einen grünen, schützenden Mantel über die Reste gelegt.
    Auch die Wege endeten hier. Was vielleicht früher ins Dorf geführt hatte, war zugewachsen.
    Irgendwie paßte dieser verlassene Friedhof haargenau dazu, das mußte ich neidlos anerkennen. Überhaupt war es ein Totenacker wie aus dem Gruselfilm. Ich hätte mich nicht gewundert, wenn lebende Leichen aus den Gräbern gekrochen wären.
    Es wurde immer kühler, der Wind frischte auf. Er kam von den Hügeln, deren Rundungen noch mit einem letzten goldenen Schein überdeckt waren. Erinnerungen an die untergehende Sonne. Ich hielt mein Gesicht in den Wind, schloß die Augen ein wenig und fühlte, wie der Schweiß auf der Haut trocknete.
    Dann hörte ich Schritte!
    Kam Will Mallmann? Nein, er war es nicht, konnte es nicht sein, denn die Schritte hörte ich jenseits des Friedhofs, wo auch die Überreste des alten Dorfs lagen.
    Wer verirrte sich um diese Zeit hierher, wo doch die Gegend von den meisten Menschen gemieden wurde?
    Ich griff zur Beretta, ließ sie allerdings stecken, weil ich erst einmal abwarten wollte, was sich überhaupt tat.
    Zwischen den überwachsenen Trümmern des zerstörten Dorfes herrschte ein seltsames Zwielicht. Es war nicht hell, auch nicht dunkel, komisch eben, und ich mußte meine Augen anstrengen, um etwas erkennen zu können.
    Ja, da war jemand.
    Deutlich sah ich eine schattenhafte Gestalt zwischen zwei Mauerresten. Sie kam noch ein wenig näher und blieb dann stehen, so daß sie von dem Schlagschatten einer Mauer geschluckt wurde. Sekunden vergingen.
    Schließlich faßte ich mir ein Herz und fragte: »Wer sind Sie?«
    Eine Antwort bekam ich nicht, obwohl der andere meine Stimme gehört haben mußte.
    Wollte er nichts sagen, oder konnte er nicht? Wenn letzteres zutraf, war er vielleicht ein Zombie, ein lebender Toter?
    Bei der Vorstellung kroch es kalt über meinen Rücken, und ich fragte noch einmal: »Wer bist du?«
    Dann erhielt ich eine Antwort. Eine rauhe, gleichzeitig auch geisterhaft hohl klingende Stimme schwang mir entgegen. »Du wirst mich nicht kennen, aber ich bin der alte Pfarrer.«
    »Pfarrer Schmitz?« flüsterte ich.
    Er hatte es trotzdem vernommen, denn er antwortete mit einem stöhnenden »Ja«.
    Ich schluckte und merkte, wie sich mein Magen zusammenzog.
    Der Mann, der Pfarrer, der mir da geantwortet hatte, war offiziell seit 37 Jahren tot…
    ***
    Als das Telefon schrillte, zuckten die drei jungen Leute zusammen, als hätte jemand mit einer Peitsche zwischen sie geschlagen. Die beiden Göpferts saßen zusammen mit dem Mädchen im Wohnraum des Hauses und hatten über den Fall geredet. Das Klingeln des Apparats riß sie aus ihren Gesprächen und erinnerte sie wieder an die Wirklichkeit, die irgendwie verlorengegangen war.
    Frank sprang auf. Er war hier der Hausherr, solange seine Eltern sich in der Apotheke befanden.
    »Wer kann das sein?« fragte Ralf. Sein Vetter hob die Schultern.
    »Werden wir gleich feststellen«, erwiderte er, ging zum Apparat und hob ab.
    »Ja?«
    »Warum meldest du dich nicht vernünftig?« hörte er die Stimme seiner Mutter.
    »Ich war in Gedanken, Mutter.«
    »Dann ist es gut.« Die Frau räusperte sich. »Ist Ralf schon gekommen?«
    »Vorhin.«
    »Gut, bestelle ihm schöne Grüße, und auch deiner kleinen Freundin Chris. Wir werden uns wahrscheinlich erst in der Nacht sehen, weil wir noch einmal weg müssen. Du kennst doch Dr. Müller aus Adenau. Der hat uns eingeladen, und wir fahren direkt vom Geschäft aus hin. Ist dir das recht?«
    »Warum sollte mir das nicht recht sein?«
    »War nur eine Frage, Junge. He, was ist mit dir? Du bist so komisch auf einmal?«
    »Wieso?«
    »Ja, irgendwie anders. So wortkarg.«
    »Ach, das täuscht.« Frank spürte den Schweiß zwischen seiner Handfläche und dem Hörer.
    »Ist alles in

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