Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0228 - Der Leichenpfad

0228 - Der Leichenpfad

Titel: 0228 - Der Leichenpfad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
hinein.
    »Jetzt müßte der Pfad eigentlich gleich beginnen«, sagte der Kommissar, der sich krampfhaft am Lenkrad festhielt, um die Schaukelbewegungen auszugleichen.
    In der Tat machte der Weg einen scharfen Knick nach rechts, und wir sahen vor uns den eigentlichen Leichen- oder Totenpfad.
    »Halt doch mal an«, murmelte ich. Will stoppte.
    Ich wollte mir den Pfad einmal in aller Ruhe anschauen. Wie der Körper einer Riesenschlange wand er sich vor unseren Augen bergauf. Stetig führte er in die Höhe, und da die Sonne schon etwas tiefer gesunken war, konnte ich auch sein Ende erkennen, wo sich eine graue Mauer befand, über die zahlreiche Bäume hoch hinauswuchsen.
    »Das ist der Friedhof«, sagte ich und deutete nach vorn, Auch der Kommissar schaute und nickte. »Hätte nicht gedacht, daß ich ihn noch einmal besichtigen würde. Sollen wir?«
    »Okay.« Auf zahlreichen Wegen, die ein üppiges Wiesengelände durchschneiden, wächst auch noch an zahlreichen Stellen saftiges Gras. Das war bei diesem Totenpfad allerdings nicht der Fall.
    Seine Erde wirkte wie verbrannt. Sie zeigte eine grauviolette Farbe, und die Reifen des Mantas wirbelten dichte Staubwolken auf, als der Kommissar mit dem Gaspedal spielte. Zahlreiche Steine bedeckten den Boden. Zumeist kleinere, mehr an Kiesel erinnernd, die auch unter die Karosserie des Mantas sprangen, wobei Will säuerlich das Gesicht verzog.
    »Was hast du?« fragte ich ihn.
    »Mein armer Wagen.«
    »Hol dir doch einen neuen.«
    »Nein, nicht bei meinem Einkommen. Im Zuge der Sparmaßnahmen bekomme ich auch kein zinsloses Darlehen mehr.«
    »Das ist Pech.«
    Danach schwiegen wir, denn Will Mallmann mußte sich auf den Weg konzentrieren.
    Dieser Pfad war wirklich nicht normal. Eine ascheartig aussehende Strecke, zu beiden Seiten die saftigen Wiesen, und in der Nähe sahen wir sogar das helle Wasser eines dahinfließenden Bachs.
    Der Leichenpfad paßte einfach nicht in diese Gegend.
    Manchmal versuchte Will, den Schlaglöchern auszuweichen, was allerdings nicht immer gelang, so daß der gute, alte Manta mehr als einmal schrecklich gebeutelt wurde.
    Der Kommissar knirschte danach jedesmal mit den Zähnen. Er konzentrierte sich sehr auf die Fahrt, und ihm fiel auch der feine Nebelstreifen an der linken Seite auf.
    Ich hatte den Dunst im gleichen Augenblick gesehen und wunderte mich. »Nebel um diese Zeit?«
    »Ich halte mal an.«
    Es war auch in meinem Sinne, daß Will seinen Fuß auf das Bremspedal setzte. So warteten wir ab, ob sich in der Nähe des Nebels etwas tat. »Das ist am Bach«, meinte. Will. »Kann natürlich möglich sein, daß sich da Feuchtigkeit gebildet hat.«
    Ich wollte es genauer wissen, drückte den Wagenschlag auf und stieg aus.
    Hitze und Stille umgaben mich. Trotzdem bekam ich eine leichte Gänsehaut, als ich auf den Nebel schaute. Er sah ein wenig seltsam aus, schimmerte rötlich und stand dort wie eine ovale Figur. Folgerichtig mußte ich an die geheimnisvolle Weiße Frau denken. Ob sie mit dem Nebel identisch war?
    Ich beugte mich zum Wagenfenster hinunter und erklärte Will, daß ich mir den seltsamen Dunst mal anschauen wollte.
    »Aber sei vorsichtig.«
    »Klar. Schlimmer als Dr. Tods Horror-Nebel wird er schon nicht sein, und dagegen schützt mich mein Kreuz.«
    Zwei Schritte benötigte ich, um den Weg zu überqueren. Am linken Rand verließ ich ihn, schritt über die Wiese und steuerte den Nebel auf direktem Weg an.
    Jetzt war ich gespannt.
    Sicherheitshalber holte ich mein Kreuz hervor und behielt es in der rechten Hand. Unter Umständen brauchte ich es, um den seltsamen Dunst damit zu bannen.
    Je weiter ich vorging, um so deutlicher hörte ich das Murmeln des Wassers. Es wurde hart angetrieben und sprudelte nur so über die Steine. Wie der Totenpfad so verlief auch der Bach ebenfalls nicht gerade, sondern wand sich in zahlreichen Kurven durch das Gelände. Er folgte fast genau dem Lauf des Pfads.
    Sollte dieser seltsame Nebel tatsächlich eine menschliche Gestalt darstellen?
    Fast hatte ich beim Näherkommen das Gefühl, und ich sah jetzt auch, daß sich der Dunst am rechten Ufer des kleinen Bachs aufhielt.
    Es wurde etwas kühler, obwohl die Sonne schien. Mit der Nähe des Wassers hatte das kaum etwas zu tun, eher mit der seltsamen Nebelgestalt, die ich jetzt besser sah und mich wunderte, daß sie doch menschliche Konturen angenommen hatte.
    Ja, das war sie!
    Innerhalb der Nebelwolke sah ich eine Gestalt.
    Ein Gespenst am hellichten Tag.

Weitere Kostenlose Bücher