Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0228 - Der Leichenpfad

0228 - Der Leichenpfad

Titel: 0228 - Der Leichenpfad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
mußte ich ihn bewahren, denn ich suchte in ihm einen Verbündeten in meinem Kampf gegen die Mächte der Finsternis, die auch hier ihr grausames Netz gezogen hatten.
    Ich flankte über die niedrige Friedhofsmauer und kam dort auf, wo das Gelände wieder ein wenig abfiel. Fast wäre ich ausgerutscht. Nach wenigen Schritten schon hatte ich die ersten Überreste des alten Dorfs erreicht.
    Da war kaum ein Stein mehr auf dem anderen geblieben.
    Entweder hatten Bomben für die Zerstörung gesorgt, oder die Menschen hatten nachgeholfen, da sie den Ort aus ihrer Erinnerung verbannen wollten.
    Der Platz, wo Pfarrer Schmitz stand, befand sich zwischen zwei Brandmauern. Dort war es am düstersten. Von der Gestalt des Geistlichen war in der Tat nicht viel zu erkennen. Ich mußte hohes Unkraut zur Seite schieben und konnte mich erst dann durch den Spalt drücken.
    »Bleib so stehen!« sagte der Pfarrer.
    Genau konnte ich den Geistlichen nicht erkennen. Ich sah nur die dunkle Gestalt und in Köpfhöhe etwas Helleres schimmern. Es mußte das Gesicht des Mannes sein.
    Der Pfarrer hatte angeordnet, daß ich stehenbleiben sollte. Okay, ich tat ihm den Gefallen und ging keinen Schritt mehr nach vorn.
    »Sag mir deinen Namen.«
    »John Sinclair!«
    »Du bist der Mann, der auf die Kraft des Kreuzes vertraut?«
    »Ja, das bin ich.«
    Ein hohles Lachen klang mir entgegen. »Auch ich habe einmal auf die Kraft des Kreuzes vertraut, aber das ist lange her. Es war in den letzten Wochen eines schrecklichen Krieges, als Göpfert und ich die Gefallenen auf einen alten Karren packten und diesen den Leichenpfad hinunterfuhren, um die Toten zu begraben. Alle wußten, daß die Weiße Frau herumgeisterte, auch ich, aber ich hatte mein Kreuz bei mir und vertraute ihm. Dann kam es zur Begegnung. Mit Heulen und Zähneknirschen erschien sie, ich wurde vom Bock des Wagens geschleudert und mußte mit ansehen, wie die teuflische Magie der Weißen Frau auf mich übergriff. Mein Kreuz nutzte mir nichts mehr, es zerplatzte in zahlreiche Stücke, und ich war der Weißen Frau wehrlos ausgeliefert.«
    Als er nach dieser Einführung eine Pause einlegte, stellte ich die nächste Frage: »Hat sie dich getötet?«
    »Ja und nein.«
    »Wie soll ich das verstehen?«
    »Ihr Geist drang in mich. Durch meinen Mund schob sich der gefährliche Überrest und nahm von meinem Körper Besitz.«
    »Wehrte sich das andere Ich nicht dagegen?«
    »Es wurde ausgeschaltet. Ich hatte nichts mehr, woran ich mich noch hätte klammern können, und ich wurde zu einem Diener der Weißen Frau. Ich, ein Mann der Kirche, hatte mich vom Bösen gefangennehmen lassen. Und das war so grausam.«
    »Was hat man von dir verlangt?« wollte ich wissen.
    »Einen Mord!«
    Ich zuckte zusammen. Im ersten Augenblick hörte es sich schlimm an, es war auch eine schlimme Sache, dann jedoch dachte ich an die Umstände, die dazu geführt hatten und fragte weiter. »Und wen hast du getötet?«
    »Göpfert, den Mann, der mit mir gefahren war, um die Leichen der Gefallenen zu bestatten. Ihn mußte ich töten. Sie zwang mich dazu, es gab keinen anderen Weg.«
    »Ist Göpfert wirklich tot?«
    Der Pfarrer zögerte mit der Antwort, bevor er ein gequält klingendes »Nein« ausstieß. »Er war vielleicht mal tot, aber er wurde dann zu einem grauenhaften Leben erweckt, durch die Kraft der Weißen Frau, die hier allgegenwärtig ist. Sie beherrscht den Totenpfad und den Friedhof. Lange Jahre gab sie Ruhe, doch in der letzten Zeit schlägt sie wieder zu. Ihr alter Blutrausch ist durchgebrochen, nur tötet sie nicht selbst, das hat sie ihrem Diener Göpfert überlassen, der schon zwei Morde auf dem Gewissen hat und dabei ist, die nächsten zu begehen.«
    Mir kam ein böser Verdacht. »Wen will er töten?«
    Der Pfarrer zögerte einen Moment mit der Antwort, als hätte er Angst, mit der Wahrheit herauszurücken.
    Mich hielt nichts mehr auf meinem Platz. »Wen?« rief ich und sprang einfach vor.
    Jetzt sah ich ihn genau.
    Im ersten Augenblick erschrak ich, denn er hatte sich kaum verändert, sah man mal von seiner Kleidung ab, die schmutzig, zerrissen und abgetragen wirkte. Vom Gesicht konnte man nicht auf sein Alter schließen. Hinzu kamen die hellen Haare, in denen der Dreck klebte und die bleiche Haut. Ja, so eine Haut besaß kein Lebender, und als ich so vor ihm stand, hob der Pfarrer seinen Arm, um sein Gesicht zu schützen. »Sieh mich nicht an!« rief er.
    »Sieh mich nicht an!«
    »Weshalb nicht?«
    »Ich bin ein

Weitere Kostenlose Bücher