0228 - Kein Lösegeld für blonde Girls
es inzwischen halb zwei geworden war, immer noch zusammen, überlegten und schmiedeten Pläne, um diese sofort wieder zu verwerfen. Wir waren keine Spur müde, und so machte ich um zwei Uhr fünfzehn den Vorschlag, nach dem East End zu fahren.
Alles deutete darauf hin, daß wir es mit berufsmäßigen Gangstern zu tun hatten. Tony Trace hatte, als er ermordet wurde, wahrscheinlich eine Verabredung mit ihnen gehabt. Sie hatten ihn wohl schon in der Absicht bestellt, ihn kaltzumachen. Seinen Wagen hatte er in Lafayette Street abgestellt und war zu Fuß weitergegangen. Er war dann die Bowery nach links eingebogen. Also mußte der Rendezvous-Platz mit den Gangstern — ich nahm an, daß es Topsy und Turvy seien — in dieser Richtung liegen.
Der Broadway war kaum belebt. Am Union Square bogen wir nach Osten in die Fourth Avenue und fuhren ganz langsam in die Bowery. Es ging über Houston an Springstreet vorüber, und dann wendete ich und fuhr denselben Weg zurück.
Jenseits Springstreet stoppte ich zwei Häuser vor einer der vielen, halbdunklen Kneipen. Wir stiegen aus, und ich schloß meinen Wagen besonders sorgfältig ab. Außerdem schaltete ich die Alarmvorrichtung ein, die anzeigte, wenn jemand versuchte, den Schlag gewaltsam zu öffnen oder eine Scheibe zu zerteppern.
Die Kneipe hieß »Zur blauen Kuh«, und auf dem Transparent über der Tür konnte man eine Kuh erkennen, die sinnigerweise über ihrem Fell einen Trainingsanzug trug.
Drinnen war es ebenfalls blau, die Luft vom Tabakrauch und die Gäste vom Alkohol. Sogar die vollbusige Wirtin war angeschickert. Sie nötigte uns auf zwei leere, außerordentlich harte Hocker an der Theke und fragte uns als erstes, was wir für sie auszugeben gedächten. Um sie bei guter Laune zu halten, schlug ich für uns alle drei einen doppelten Scotch vor. Wir bekamen ihn auf Eis, aber sie trank ihn pur und auch noch warm.
Wenn ich daran dachte, wie viele von dieser Sorte sie wohl im Laufe der Nacht schon geschluckt hatte und wie viele sie wohl noch schlucken würde, gruselte mich.
Da wir immer noch unsere Rollkragenpullover trugen, fielen wir in dieser Umgebung nicht auf.
»Euch Jungs sehe ich doch heute zum erstenmal«, grinste die Wirtin, nachdem sie uns verraten hatte, sie heiße Amanda. »Woher kommt ihr denn?«
»Direkt aus der Burg«, renommierte ich. »Wir hatten eine kleine Luftveränderung nötig.«
»Kann ich mir denken, wie ihr gebaut seid«, grinste sie. »Was habt ihr denn vor?«
»Wir suchen ein paar alte Freunde, aber die werden Sie wohl nicht kennen«, sagte ich absichtlich, um sie neugierig zu machen.
»Da merkt man, daß ihr neu seid. Amanda kennt einen jeden. Ihr braucht nur zu fragen.«
Ich beugte mich vertraulich zu ihr hinüber, wobei mir der Duft von Patschulli aus dem großzügigen Kleidausschnitt und von Whisky aus ihrer Kehle lieblich gemischt in die Nase stieg.
»Wir suchen Topsy und Turvy«, sagte ich geheimnisvoll.
Sie pfiff, und ich mußte zugeben, Amanda konnte pfeifen wie ein waschechter Bootsmann.
»Soso, die beiden Jungs sucht ihr, und ihr kommt aus der Burg.« Plötzlich drehte sie sich um und rief durch ihren vollbesetzten Laden: »Hey, Sonny! Komm doch mal her! Da sind 'n paart Landsleute von dir.«
Der Mann, der auf »Sonny« hörte, wog mindestens zwei Zentner ohne Verpackung. Ich hätte schwören mögen, daß er keine Unze Fett auf sich sitzen hatte. Er war ein Berg aus Fleisch und Knochen Sein Schädel war kahl und glänzend wie eine Billardkugel, die Nase breit und platt, aber von Natur. Bisher schien es keiner geschafft zu haben, ihm das Nasenbein zu brechen. Seine Zähne waren lang und gelb Sie erinnerten mich unwillkürlich an den Reporter des Morning News, Mr. Louis Thrillbroker, aber Sonnys Zähne standen vor wie die eines Ebers.
***
»Hallo, Boys! Ihr kommt aus Chik? Freut mich, euch zu sehen. War ewige Zeiten nicht mehr dort.« Dabei sprach er den herrlichsten Slang, wie er nur in Cicero wächst und den wir beide unglücklicherweise nicht beherrschen, weil wir immer nur mal auf Besuch dort waren.
Ich grunzte zur Begrüßung und gab einen für ihn aus. Den kippte er, und dann fing er an zu fragen.
Was der Kerl da alles zusammenfragte, hätte ihm auch der eingefleischteste Chikagoer Gangster nicht beantworten können. Zu Beginn merkte er nichts, aber dann zog er plötzlich die Brauen zusammen.
»Was, ihr kennt Aunt Milly nicht, die die Kneipe in der 26ten hat? Junge, Junge, und ihr wollt einem alten Hasen
Weitere Kostenlose Bücher