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0228 - Ratten-Tanz

0228 - Ratten-Tanz

Titel: 0228 - Ratten-Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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überträgt den Keim. Und wie ein vom Vampir gebissener Mensch zum Vampir wird, muß es auch hier sein. Die Kraft scheint von Anfang an da zu sein. Nur die Kunst der Verwandlung… Das Amulett hat diesen Prozeß beschleunigt.«
    Sie sah wieder Zamorra an.
    Und sie hatte Angst. Furchtbare Angst, daß auch Zamorra zur Wer-Ratte wurde. Deshalb wagte sie das Amulett nicht einzusetzen. Sie war unschlüssig, rang mit sich.
    Es warnte nicht. Es konnte dem Arzt nicht seinen Frieden geben, den Keim nicht abtöten. Es konnte ihn nur bei direkter Berührung zwingen, Rattenform anzunehmen.
    Wie würde es bei Zamorra sein?
    Nicole verkrampfte sich. Wieder einmal wurde es ihr bewußt, wie sehr sie ihn liebte und daß sie ihn nicht verlieren durfte. Weder so noch anders. Ohne Zamorra konnte sie nicht leben. Sein Tod würde auch der ihre sein.
    Ihre Hand zitterte.
    Maidonnes beobachtete nur. Er begriff nur annähernd, was in Nicole vorging. Aber die Berührung des Amuletts beim Biß hatte Doktor Sonniers wütenden Angriff gestoppt.
    Vielleicht, überlegte der Kommissar, ließ sich bei einem weiteren potentiellen Rattenmann - bei Zamorra - Vorbeugen.
    Er bewegte sich blitzschnell. Seinem massigen Körper traute niemand derart schnelle Bewegungen zu, und selbst Nicole wurde überrascht, die ihn bei seinem Kampf gegen Sonnier gesehen hatte.
    Maidonnes nahm ihr das Amulett aus der Hand.
    Und preßte es gegen Zamorras Hals, gegen die Bißstelle.
    Da glühte das Amulett auf.
    ***
    Louise Piquet folgte dem Ruf.
    Niemand achtete auf sie, wie sie marionettenhaft durch die kleine Stadt ging, der Bucht entgegenstrebte. Sie verließ Morlaix und mied die Landstraße. Querfeldein führte sie ihr Weg. Und allmählich wurden ihre Bewegungen weniger abgehackt und eckig, wurden gleitender, geschmeidiger.
    Tierhaft…
    Kaum merklich war das Glühen in ihren Augen. Den leeren Blick nach vorn gerichtet, ging sie ihrem Ziel entgegen und folgte dem Ruf. Wenn jemand sie gefragt hätte, wohin sie ginge, hätte sie ihm das Ziel nicht nennen können. Dennoch kannte sie es. Aber niemand war da, um sie zu fragen, und ihr fehlte der Verstand, um eine Frage zu begreifen.
    Sie brauchte ihren Verstand auch nicht mehr.
    Etwas anderes lebte jetzt in ihr, etwas Unheimliches, das mit dem Biß in der Nacht auch zu ihr gekommen war. Die Bißwunde brannte längst nicht mehr.
    Vom Krankenhaus in Morlaix bis zu jener Grotte in der Nähe des Wassers waren es zu Fuß in direkter Linie knapp acht Kilometer. Dazwischen lag ein Ausläufer der Baie de Morlaix, den sie nach nicht ganz einer Stunde erreichte.
    Sie starrte das Wasser an und wußte, daß es nicht die richtige Stelle war.
    Der Ruf zog sie weiter. Sie schritt in das Wasser hinein, achtete nicht im mindesten darauf, daß sie durchnäßt wurde, und als sie keinen festen Halt mehr hatte, begann sie zu schwimmen.
    Am gegenüberliegenden Ufer stieg sie wieder empor und ging weiter. Der leichte Sommerwind trocknete ihre Kleidung und ihre Haare. Unbeirrt setzte sie ihren Weg fort.
    Eine Ratte war auf dem Weg zu ihrem Unterschlupf.
    ***
    Nicole schrie auf. »Nicht…«
    Aber es war schon zu spät. Das Amulett glühte, kaum daß es die Wunde an Zamorras Hals berührte. Erschrocken ließ Maidonnes es los und betrachtete verwundert seine Hand, als könne er nicht glauben, keine Brandwunde davonzutragen.
    Aber es war ein kaltes Glühen.
    Fasziniert betrachtete Nicole die Veränderung, die mit dem Amulett vor sich ging. Von dem Drudenfuß im Zentrum ging das Leuchten aus, floß förmlich heraus und breitete sich über Zamorras Körper aus.
    Jetzt erst erkannte auch Maidonnes, daß das Glühen grün war. Eine grünliche, wabernde Hülle bildete sich um Zamorra. Und das Amulett haftete an der Halswunde, ohne daß es jemanden zum Festhalten benötigte.
    »Was ist das?« stöhnte Maidonnes. Auch der junge Arzt sah aufmerksam und nervös herüber.
    »Eine Art Schutzfeld«, murmelte Nicole, die das grüne Leuchten nur zu gut kannte. In besonderen Gefahrenfällen entstand es, um Zamorra vor starken dämonischen Einflüssen zu schützen, und war auch in der Lage, andere Personen mit in den Schutz einzuschließen, wenn sie Berührungskontakt mit Zamorra aufnahmen.
    Aber warum entstand das Schutzfeld jetzt? Im Moment war doch keine dämonische Gefahr vorhanden!
    Oder… sie wagte kaum, den Gedanken fortzuführen - oder richtete sich das Schutzfeld jetzt gegen eine Gefahr, die von Zamorra ausging? Gegen etwas, das sich in seinem Inneren

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