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023 - Das Kastell der Toten

023 - Das Kastell der Toten

Titel: 023 - Das Kastell der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca LaRoche
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Felsen, dort gab es keinen Tourismus und keine Postkarten.
    Auf der Rückseite hieß es:
    Ich mache ein paar Tage in Cala Correggio Station. Es ist ein seltsamer Ort. Ich werde noch mehr darüber berichten.
    Und als Unterschrift:
    Dein Bruder Jim.
    Ein seltsamer Ort?
    Dave runzelte die Stirn, während er den Wagen sicher um die abenteuerlichen Spitzkehren der Serpentine steuerte. Natürlich — für ihn war es jetzt ein seltsamer Ort. Der Ort, an dem sein Bruder spurlos verschwunden war. In den Monaten der Suche, des Papierkrieges mit der italienischen Polizei, der Korrespondenz mit den zuständigen Behörden hatte sich der Name Cala Correggio unauslöschlich in sein Gedächtnis geprägt. Aber jetzt, da er sich dem Ort näherte, die Häuser, die spärlichen Büsche und Bäume, die vertrockneten Felder und die mageren Schafe sah, erschien er ihm mehr und mehr wie ein trostloses, verschlafenes Nest ohne jede Bedeutung.
    Das letzte Wegstück legte er langsam zurück, versunken in den Anblick der kahlen Landschaft. Er kannte sich aus, ohne je hier gewesen zu sein. Der Ort lag gleichsam am Ende der Welt. Die nächste Stadt war zwanzig Kilometer entfernt, dreimal in der Woche kam ein Postbus hierher, sehr selten verirrten sich abenteuerlustige Touristen. Es gab eine Kirche, einen Gasthof, einen Polizeiposten, einen Arzt. Alles in allem verkehrten vielleicht ein Dutzend Autos. Irgendwo in der Nähe gab es auch ein altes Schloss, Castel Montsalve, aber das war Privatbesitz, nicht zur Besichtigung freigegeben — und daher auch kein Anziehungspunkt für Neugierige.
    Der Besuch von Fremden stellte in Cala Correggio jedenfalls etwas Besonderes dar. — Dave merkte es, als er über die holprige Straße in das Dorf einfuhr. Kinder liefen zusammen, Frauen in schwarzen Kleidern und schwarzen Kopftüchern, vereinzelte Männer und eine Menge Hunde und Katzen. Am Straßenrand blieben sie stehen und starrten ihm nach. Einige verharrten in den düstren Hauseingängen, und auch als er vor dem einzigen Gasthaus des Dorfes stoppte, hielten sich die Leute in gebührender Entfernung.
    Dave grinste freundlich, aber sein Lächeln wurde nicht erwidert. Misstrauen stand in den Gesichtern — ein Misstrauen, das der junge Amerikaner fast körperlich spürte. Die letzte Karte seines Bruders fiel ihm ein. Ein seltsamer Ort? Unsinn, dachte er, zuckte unmerklich die Schultern und steuerte auf den Eingang des Gasthofes zu.
    Die dämmrige Kühle tat gut nach der langen Fahrt. Fliegen summten, in einer Ecke spielten zwei Männer Karten. Der dicke Wirt trug eine weiße Schürze, ebenso wie das schwarzhaarige, etwas zu kräftig gebaute Schankmädchen, das hinter der Theke Gläser spülte. Eine Katze strich an Daves Beinen vorbei. Flüchtig registrierte er, dass es sich um eine blaue Kartäuserkatze handelte, ein schönes, graziles Tier mit hellgelben Augen, dann ging er zur Theke und wandte sich dem Wirt zu.
    »Haben Sie ein Zimmer für mich?« fragte er in fließendem Italienisch.
    Der Dicke blinzelte ihn an und nickte. »Si! Wie lange möchten Sie bleiben?«
    »Vielleicht ein paar Tage, vielleicht ein paar Wochen. Ich suche meinen Bruder.«
    Der Wirt schien nicht überrascht, und Dave stutzte. Seiner Meinung nach musste es für die Leute hier ein ziemlich ungewöhnliches Ereignis sein, dass ein Amerikaner in dieses gottverlassene Nest kam, um seinen Bruder zu suchen. Aber vielleicht hatten sie ihn anhand der Ähnlichkeit längst erkannt. Der Wirt jedenfalls schob ihm nur schweigend das abgeschabte Gästebuch zu, und Dave trug sich ein.
    David William Connery, zweiunddreißig Jahre alt, Schriftsteller, wohnhaft in New York.
    Er blätterte zurück. Aber er fand nur Eintragungen aus diesem Jahr. Jims Name war nicht darunter.
    »Mein Bruder hat hier gewohnt«, sagte er. »Vor zehn Monaten etwa. Er heißt James Connery, ist fünfundzwanzig und...«
    »Si«, sagte der Wirt. »Ich weiß. Die Polizei hat nach ihm geforscht. Überall haben sie ihn gesucht, aber nicht gefunden.«
    Die Worte klangen seltsam endgültig. Dave spürte ein kühles Prickeln im Nacken.
    »Aber er hat doch hier gewohnt, nicht wahr?« vergewisserte er sich.
    »Si«, sagte der Wirt. »Drei Tage.«
    »Und dann?«
    Der Wirt zuckte die fetten Schultern. Über seine dunklen, leicht vorstehenden Augen senkten sich die Lider.
    »Nichts. Er ist abgefahren. Ich weiß nichts von ihm. Niemand weiß etwas.«
    Dave presste die Lippen zusammen. Er wusste, dass es keinen Sinn hatte, die gleichen Fragen

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