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023 - Das Kastell der Toten

023 - Das Kastell der Toten

Titel: 023 - Das Kastell der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca LaRoche
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Lächeln brachte ihm zum Bewusstsein, dass er sie anstarrte. Er lächelte zurück. Dave Connery hatte noch nie Schwierigkeiten im Umgang mit Mädchen gehabt, er war ein Frauentyp. Aber irgendetwas lag in der Erscheinung dieser schönen Fremden, das ihn unsicher machte.
    »Guten Tag«, sagte er zögernd.
    Die bernsteinfarbenen Augen ruhten auf seinem Gesicht. Seltsame, irisierende Augen, in denen flirrende Reflexe tanzten.
    »Guten Tag«, gab sie zurück. »Ich möchte hier übernachten. Aber es scheint, als sei niemand zu Hause.«
    Dave räusperte sich. »Die Leute sind ein bisschen durcheinander. Es ist etwas passiert.«
    »Passiert? Was denn?«
    Dave fragte sich, wie viel er ihr sagen sollte. Für einen Moment hatte er bereits vergessen, was vorgefallen war. Unter dem Blick dieser bernsteinfarbenen Augen begann die grässliche Erinnerung zu verblassen — und schließlich würde sie die Wahrheit so oder so erfahren.
    »Ein Todesfall«, sagte er knapp. »Ein alter Schäfer ist verunglückt. Alles erscheint ein wenig rätselhaft — daher die Aufregung.«
    Das Mädchen nickte. Für einen Moment schien sich das Flirren in ihren Augen zu verstärken, doch sie senkte sofort die Lider.
    »Ich bin Tessa de Conti«, sagte sie.
    »Entschuldigung! Mein Name ist Dave Connery.«
    »Amerikaner?«
    »Amerikaner«, nickte er.
    Tessa legte den Kopf schief und betrachtete ihn. Sie war schön. Dave spürte diese Schönheit fast wie eine körperliche Berührung, und er war sich des heftigen Wunsches bewusst, hier stehenzubleiben, eingehüllt in ihren Blick und in die Faszination ihrer Erscheinung, und sich nicht von der Stelle zu rühren.
    Das Mädchen lächelte. Ein eigentümlich flüchtiges Lächeln, ein Lächeln, das gleichsam außen auf der Haut erschien und sofort wieder verschwand. . »Gehen wir«, sagte sie schließlich mit völliger Selbstverständlichkeit. »Da der Wirt ohnehin nicht hier ist, können wir ebenso gut einen Spaziergang durch das Dorf unternehmen. Vielleicht läuft er uns irgendwo über den Weg.«
    Dave hätte ihr sagen können, wo sie den Wirt finden konnte, aber er verzichtete darauf.
    Stattdessen nahm er ihren Arm, als sie aufstand. Gemeinsam traten sie hinaus in die gleißende Helligkeit des Nachmittags, blieben einen Moment lang in der grellen Sonne stehen — und Dave Connery hatte das jähe, sichere Gefühl, dass dies alles kein Zufall war, sondern ein Anfang...
    ***
    Staub flirrte, schien auf den schräg einfallenden Sonnenstrahlen zu tanzen, die die blinden Scheiben durchdrangen. In dem großen Speisesaal enthüllte helles Licht die Spuren des Verfalls, aber in den langen, endlos verzweigten Fluren und Gängen von Montsalve herrschte Schatten.
    Die alte Frau schien die stickige, abgestandene Luft nicht zu spüren.
    Sie ging langsam, gebückt. Bei jedem Schritt klickte die Spitze ihres silberbeschlagenen Stockes auf den Steinboden. Ein weites, bodenlanges Gewand aus schwerem Brokat umgab ihren mageren Körper, das graue Haar zottelte lang und verfilzt um ihren Kopf. In dem braunen, fleckigen, von unzähligen Falten und Runzeln durchzogenen Gesicht funkelten kleine schwarze Knopfaugen wie polierte Onyxe.
    Die Alte kicherte leise, als sie an den düsteren, verstaubten Porträts der Ahnengalerie vorbeihinkte. Ihre Augen glitten über Gesichter, über steife, würdige Gestalten, und ihr zahnloser Mund murmelte Worte.
    »Arcaro, alter Gauner«, flüsterte sie. »Du siehst jeden Tag grauer aus, Amico. Möchtest wohl aus deinem Bilderrahmen steigen und wieder hinter den Weiberröcken her jagen, was?« Ein lautloses Kichern schüttelte ihren dürren Körper, die flinken Knopfaugen glitten weiter. »Angelo, mein schöner junger Freund! Du hast mich betrogen und belogen. Aber du hast es gebüßt, hihihi! Unter den Galgen haben sie dich geschleppt, mein Schöner! Wie gefällt es dir hier, he? Wie ...?«
    Sie verstummte abrupt, beendete ihre Zwiesprache mit den Bildern.
    Gebieterisch stieß sie mit dem Stock auf den Boden, und ihre Stimme klang schrill durch den Flur: »Marcello! Wo steckst du, Marcello?«
    Eine der schweren Türen quietschte. Ein junger Mann erschien. Blass, schön dunkelhaarig — ein blutarmer Adonis in knapp sitzenden schwarzen Hosen und einem roten Hemd mit weiten Ärmeln. Seine dunklen Augen flackerten unruhig, und er senkte ehrerbietig den Kopf.
    »Marchesa?« fragte er.
    Der zahnlose Mund der Alten verkniff sich.
    »Du hast meine Lieblinge vergessen, Marcello«, zischte sie.
    Der junge Mann

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