023 - Der grüne Bogenschütze
holen«, sagte Bellamy am nächsten Morgen.
Julius hatte mit diesem Auftrag gerechnet, ihn aber bereits für diesen Tag erwartet.
»Kann ich nicht heute schon gehen?« fragte er, weil ihm einfiel, daß er den Scheck mit dem heutigen Datum versehen hatte. »Ich habe nicht besonders viel zu tun.«
»Sie gehen morgen früh -«, antwortete Abel scharf. »Füllen Sie einen Scheck über fünftausend Dollar aus.«
Etwas später legte Julius den gewünschten Scheck zusammen mit einem Brief an den Direktor der Bank vor.
»Was wollen Sie damit?« fragte Abel mißtrauisch.
»Als ich das letztemal fünftausend Dollar abhob«, erwiderte Julius, »sagte Mr. Sturges, daß es ihm lieber wäre, wenn er zum Scheck noch einen Begleitbrief bekäme.«
»Der müßte Sie doch jetzt allmählich kennen«, murrte Abel, als er den Brief unterschrieb, der den Bankdirektor informierte.
Das ging eigentlich sehr einfach, dachte Julius nachher. Der Plan funktionierte bis jetzt so gut, daß er fast ein wenig nervös wurde. Es konnte noch so allerhand passieren.
Am Nachmittag ließ Bellamy seinen Wagen kommen und fuhr weg. Julius vermutete, daß er Coldharbour Smith aufsuchen wollte. Dies kam ihm sehr gelegen, denn es gab noch viel zu räumen, nichts Verdächtiges durfte zurückbleiben.
Er ordnete seine Papiere und verbrannte ein paar Briefe. Danach verließ er sein Zimmer und trat in den langen Korridor hinaus. Draußen blieb er stehen und überlegte, ob er nicht etwas vergessen hätte.
Vorn im Gang, nahe bei der Treppe, befand sich die kleine Tür, die zu jener Wendeltreppe führte, über die damals der grüne Bogenschütze entkommen sein mußte, als er das blutbefleckte Taschentuch verloren hatte. Jetzt stand diese Tür nur angelehnt.
Julius starrte in Gedanken geradeaus, aber auf einmal fuhr er erschrocken zusammen. Die Tür begann zu knarren und öffnete sich langsam. Obwohl es heller Tag war, dachte er sofort an den grünen Bogenschützen.
Wie angewurzelt blieb er stehen. Ruckweise ging die Tür auf, immer weiter - und dann erschien ein Mann im Türrahmen. Er war ohne Hut und trug eine große Hornbrille. Nur einen Augenblick lang stand er dort; als er Savini entdeckte, sprang er sofort zurück und schlug die Tür mit einem lauten Knall zu. Julius bewegte sich noch immer nicht. Mit offenem Mund schaute er auf die geschlossene Tür. Er hatte den Mann erkannt - es war Mr. Howett gewesen!
Endlich kam Bewegung in Julius. Er ging in sein Zimmer zurück und verbrannte als erstes den gefälschten Scheck. Jetzt sah er einen ergiebigeren und weniger gefährlichen Weg vor sich. Howett war ein reicher Mann, und Howett würde zahlen! Natürlich hatte Howett damals das Taschentuch verloren. Daß es seiner Tochter gehörte, besagte gar nichts, er konnte es einfach irrtümlich eingesteckt haben.
In angenehme Träume versunken schlenderte Savini durch den Park. Möglich, daß er da für den Rest seines Lebens eine Einnahmequelle gefunden hatte! Er sah nach Lady's Manor hinüber, als ob er schon der Besitzer sei. Den Mann, der vom Pförtnerhaus her auf ihn zukam, erblickte er erst im letzten Moment, als er ihm bereits gegenüberstand.
»Donnerwetter, was haben Sie hier schon wieder zu suchen, Mr. Featherstone?« fragte er erschrocken.
»Oh, ich will nur ein wenig die Gelegenheit ausnützen, solange der Alte nicht zu Hause ist.«
»Ich kann Sie aber nicht in die Burg hineinlassen, Captain«, antwortete Julius aufgeregt. »Ich riskiere sonst meine Stellung!«
»Tatsächlich, Savini? Wenn ein Mann wie Sie anfängt, bei Schiffsagenturen Erkundigungen einzuziehen, liegt die Vermutung nahe, daß er bereits hinausgeworfen worden ist oder aber von sich aus verschwinden will. Lassen Sie sich gleich das eine sagen - Bellamy mag sein, wie er will, meine Pflicht ist es, ihn vor Beraubung und Diebstahl zu schützen! Ich warne Sie - jeder Ihrer Schritte wird überwacht.«
Julius erblaßte und trat unruhig von einem Fuß auf den andern. Was wäre aus seiner Flucht geworden!
»Aber Captain, was halten Sie von mir?« Er setzte die unschuldigste Miene der Welt auf. »Geradezu beleidigend, wie mißtrauisch die Polizei ist.«
Jim lachte belustigt.
»Sie sind ein Märtyrer, Savini! Doch Spaß beiseite - Sie können mir einen großen Dienst erweisen. Ich suche etwas im Garten, in die schloßherrlichen Räume will ich gar nicht eindringen.«
»Was suchen Sie denn?«
»Ich habe neulich abends einige Eisenstäbe in den Boden geschlagen und alle bis auf einen
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