023 - Der grüne Bogenschütze
wiedergefunden. Es war in der Nacht, als die Hunde den grünen Bogenschützen verfolgten.«
»Eisenstäbe?« wiederholte Julius ungläubig.
»Ich kann Ihnen jetzt nicht alles erklären, helfen Sie mir lieber suchen. Kommen Sie, da - beim Gartenbeet an der Mauer muß es sein. Das hier ist doch die Rückwand von Bellamys Bibliothek?«
»Als gewesener Hausmeister müßten Sie jetzt eigentlich das Schloß in- und auswendig kennen«, meinte Savini ironisch. »Mein Gott, wenn der Alte geahnt hätte, daß ich Sie kenne, wäre ich sofort geflogen!«
»Haben Sie schon einen neuen Hausmeister?«
»Das bin ich selbst«, murrte Julius. »Der Alte behandelt mich schlimmer als einen gewöhnlichen Dienstboten.«
Der Stab war bald gefunden. Jim zog ihn aus dem Boden.
»Was ist es überhaupt?« fragte Julius.
Featherstone streifte vorsichtig die Erde von der Glasoberfläche ab.
»Es ist ein Thermometer. Ich kann Ihnen jetzt schon sagen, daß es ungefähr sechs Grad zeigen wird.« Er stieß einen leisen Pfiff aus. »Zwanzig Grad?« murmelte er, mehr zu sich selbst. »Zwanzig Grad - das hat etwas zu bedeuten, Savini. Die Erde ist hier 14 Grad wärmer als an jeder anderen Stelle rings um die Burg. Das also wäre der Grund für die hohe Gasrechnung.«
»Was soll das bloß bedeuten?« fragte Julius. »Sie glauben doch nicht etwa, daß er den Boden hier heizt?«
»Doch, genau das vermute ich.«
Featherstone prüfte noch einmal den Stand des Thermometers. Es war inzwischen auf fünfzehn Grad zurückgegangen.
»Ich wüßte nicht, wozu Ihre Untersuchung gut sein könnte«, sagte Julius gereizt. »Was soll ich dem Alten sagen, wenn er zurückkommt?«
»Nichts. Seien Sie ebenso diskret wie neulich, als ich die Ehre hatte, mit Ihnen unter dem gleichen Dach zu schlafen.«
Featherstone wandte sich zum Gehen, da bog Bellamys Wagen ins Tor ein.
»Ich freue mich, Sie wiederzusehen, Captain Featherstone«, rief Abel und stieg aus. »Was ich hier in England am meisten schätze, ist die Art und Weise, wie sich ungebetene Gäste in fremde Grundstücke einschleichen! Was haben Sie da?«
»Ich habe mir erlaubt, die Bodentemperatur um Ihre Burg herum zu messen, und falls Sie das Resultat interessiert, an den meisten Stellen beträgt sie sechs Grad, nur dort drüben, bei Ihrer Bibliothek, sind es zwanzig Grad.«
In Bellamys Gesicht rührte sich nichts.
»Na, und? Vielleicht haben Sie einen Vulkan entdeckt!« Er lachte schallend über seinen eigenen Witz.
»Ich finde es, wenn Sie erlauben, trotzdem sehr bemerkenswert.«
»Ich möchte nicht gern einem so klugen Menschen widersprechen, Captain, aber wenn Sie im Pförtnerhaus nachsehen, werden Sie feststellen, daß ich seinerzeit eine Warmwasserleitung zur Burg hinauf legen ließ. Sicher haben Sie das Heißwasserrohr erwischt ...«
Bellamys Erklärung erwies sich als durchaus stichhaltig, als Featherstone im Pförtnerhaus diesen Punkt nachprüfte.
Spike Holland gegenüber gestand er seinen Mißerfolg ein.
»Es ist ein Fremder im Dorf angekommen«, teilte ihm Spike mit, »der sich in der Nähe von Lady's Manor herumschleicht. Ich sah gestern abend ...«
»Ich weiß«, lachte Jim, »es ist nämlich einer meiner Beamten. Leider muß dieser Posten heute schon wieder zurückgezogen werden. Wir haben nicht genug Leute. Ehrlich gesagt, Holland, ich möchte Sie bitten, mir jetzt zu helfen. Miss Howett ist in ernster Gefahr - welcher Art, weiß ich leider auch noch nicht. Wenn Sie bereit sind, weiter hierzubleiben, werde ich Ihren Redakteur aufsuchen und ihm klarmachen, daß Ihre Anwesenheit hier wichtig ist. Ich brauche ihm nur zu sagen, daß es in der Gegend bestimmt noch eine Sensation gibt.«
»Und was soll ich tun?«
»Am Tag möglichst viel schlafen und nachts Lady's Manor beobachten!«
»Wollen Sie den grünen Bogenschützen erwischen?«
»Nein, um den brauchen wir uns nicht zu sorgen. Jedenfalls steht fest, daß Miss Howett von ihm keine Gefahr droht. Coldharbour Smith ist viel gefährlicher!«
34.
Um acht Uhr abends klopfte ein Dienstmädchen schüchtern an die Bibliothekstür, lauschte und schob, als sie das brummige ›Herein‹ vernahm, einen Serviertisch mit einer Mahlzeit, die für zwei Männer gereicht hätte, in den Raum.
Als sie wieder hinausgegangen war, stand Abel Bellamy auf und verschloß die Tür. Dann verteilte er das Essen auf verschiedene Schüsseln und Teller, ohne sich jedoch an den Tisch zu setzen. Nachdem er das besorgt hatte, zog er den Schreibtisch
Weitere Kostenlose Bücher