023 - Reise ohne Wiederkehr
Labrador war.
Grobe Fäuste hielten Matt von allen Seiten fest, stellten ihn auf die Beine und drückten ihn an einen Mast.
Sogleich war Ruley hinter ihm, riss ihm die Arme auf den Rücken und schlang ein Seil darum.
Die sind alle irre, dachte Matthew. Warum interessiert sich eigentlich keiner dafür, was wirklich passiert ist?
Tumans Blick richtete sich auf Matt, und als die Mannschaft, die inzwischen aus den Bäuchen der Santanna an Deck gekrochen war, ohne den Vermissten gefunden zu haben, sich um Matt scharte, fragte der Erste Lytnant:
»Hast du irgendetwas zu deiner Verteidigung vorzubringen?«
»Gewiss«, sagte Matt. »Als ich auf der Suche nach dem…«
»Der lügt doch, wenn er den Mund aufmacht«, fuhr Ruley dazwischen und musterte sein rechtes Auge mit seinem linken.
Er warf die Arme in die Luft. »Alle haben gewusst, dass dieser Kerl Stunk mit Clegg hatte! Darum hat er ihn ermordet!«
»Klappe, Ruley«, sagte Tuman und versetzte der pickligen Gestalt einen Stoß vor die Brust, der sie gegen die Reling taumeln ließ.
»Wir alle wissen, dass du Cleggs Kumpel warst. Also halt dich zurück!«
Das klang vernünftiger, als Matt befürchtet hatte. Sollte er tatsächlich die Chance zu einer fairen Verhandlung bekommen?
»Ich würde dir gern zum Dank die Hand schütteln, Lytnant«, sagte er und deutete mit dem Kinn auf seine Schultern, »aber momentan bin ich leider… ahm… gebunden.« In seinem Kopf kreisten die Gedanken wie Asteroiden um die Sonne.
Tuman musste klar sein, dass er, Matthew Drax, nicht der Typ des Meuchelmörders war. Oder zumindest intelligent genug, um die ruchvolle Tat nicht so offensichtlich und öffentlich zu begehen.
»In der Tasche an meiner Hose«, -Matt deutete mit dem Kopf nach unten -, »befindet sich ein Werkzeug, das ich zwischen den Schwängeln der Kraftmaschine gefunden habe. Da Blut an ihm klebt, nehme ich an, dass der vermisste Techniker damit erschlagen wurde. Möglicherweise hat man ihn in den frühen Morgenstunden über Bord geworfen…«
Erstauntes Gemurmel ringsum. Die Männer schauten sich an. Matt hielt nach Kapitaan Colomb Ausschau, aber der war nicht da. Wo steckte er?
Auch er war kein Schwachkopf. Er konnte bestimmt alles, was er auszusagen hatte, geistig nachvollziehen. Auch Jochim hatte sich unsichtbar gemacht. Matt brauchte den Mann dringend als Entlastungszeugen. Jochim wusste, dass er Clegg verdächtigt hatte, ein Saboteur zu sein.
Wenn er Colomb über seine Beobachtung informiert hatte, wusste auch der Kapitaan, dass Clegg ein Motiv…
Matt fiel es wie Schuppen von den Augen. Wenn Clegg ihn hatte töten wollen, weil er sich durchschaut sah - wie hatte er überhaupt von ihm wissen können? Matt hatte nur Jochim von dem belauschten Gespräch erzählt…
»Über Bord geworfen?«, fragte Tuman.
»Clegg war ein Saboteur, der im Sold eines gewissen Kapitaan Delleray stand«, sagte Matt schnell, bevor ihn jemand unterbrechen konnte.
»Er wollte mich aus dem Weg räumen, weil ich ein Gespräch belauscht habe, das er mit einem mir unbekannten Komplizen geführt hat.«
In diesem Augenblick erspähte er den Steuermann, der aufgeregt in Begleitung Colombs an Deck kam. Wahrscheinlich hatte Clegg sogar zwei Komplizen, dachte Matt. Wenn Lytnant Jochim tatsächlich kein Sterbenswörtchen von seiner Beobachtung an Colomb weitergegeben hatte, konnte das nur eines bedeuten: Auch Jochim gehörte zu den Saboteuren. Womöglich hatte er Clegg sogar angestiftet, Matt in dem dunklen Laderaum um die Ecke zu bringen. Aber wie sollte er es ihm nachweisen?
»Was geht hier vor?«, fragte Kapitaan Colomb. Er nahm den gefesselten Matt in Augenschein. Als er die Schrammen in seinem Gesicht erblickte, setzte er eine bekümmerte Miene auf. »Warum ist der Mann gefesselt?«
»Er hat Clegg erstochen!«, krähte Ruley aus dem Hintergrund. »Der Kerl ist 'n ganz feiger Mörder!«
»Halt die Klappe, Ruley«, sagte Tuman erneut und drohte mit der Faust.
Für Matts Geschmack war Ruley ein bisschen zu eifrig darauf aus, ihn hängen zu sehen. War er der geheimnisvolle Komplize Cleggs? Matt wandte sich an den Kapitaan:
»Clegg hat mich überfallen und sich beim Kampf das Genick gebrochen. Er wollte mich töten.«
»Hatte er etwa 'nen Grund dafür, ha?«, krakeelte Ruley.
»Allerdings.« Matt deutete mit dem Kopf auf Jochim, der ziemlich bleich und fahrig wirkte. »Lytnant Jochim ist mein Zeuge. Er weiß über alles Bescheid.« So, dachte er, jetzt winde dich da mal raus, du
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