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0231 - Meer der weißen Särge

0231 - Meer der weißen Särge

Titel: 0231 - Meer der weißen Särge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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schnitt wie mit dem Messer gezogen zwischen den Häuserzeilen.
    Marco wußte, daß dieses Viertel von Venedig kaum bewohnt war.
    Zu sehr hielt der Verfall die Häuser bereits in seinen Klauen.
    Sie umarmten sich und blieben sekundenlang in dieser Haltung stehen. Jetzt dachte auch Marco daran, daß sie letzten Endes doch noch durchkamen und diese grauenvolle Stadt verlassen konnten.
    Vielleicht brauchten sie nicht einmal zur Polizei, denn dort hätte man ihnen wahrscheinlich nicht geglaubt.
    »Komm«, sagte Marco nach einer Weile.
    »In welche Richtung?«
    Marco deutete hinter sich, wo die enge Gasse begann und sogar leicht anstieg. Der Boden war nicht glatt. Das Pflaster lag auch nicht eben, sondern war holprig und auch aufgerissen, so daß sich in der Gasse zahlreiche Stolperfallen befanden.
    Hintereinander wollten sie gehen und hatten schon den ersten Schritt getan, als Marco stehenblieb. Sein Gesicht verzerrte sich in namenlosem Schrecken, bevor es bleich wie ein Leichentuch wurde.
    In der Gasse lauerte das Ungeheuer. Ein wüster, gewaltiger Klumpen, der sich deutlich vom Boden abhob und so schrecklich groß werden konnte, wie beide wußten.
    Mit Francas Beherrschung war es vorbei. Sie konnte einen Schrei nicht unterdrücken, dessen Echo zwischen den Wänden zitterte.
    Dann schüttelte sie den Kopf, wollte etwas zu ihrem Freund sagen, doch sie bekam die Zähne nicht mehr auseinander, da Marco sie herumriß und in die entgegengesetzte Richtung zog.
    Hinein in die Gasse und zuerst über die Brücke weg. Ihr Lauf wurde schnell, stoppte allerdings ebenso abrupt, denn Marcos Befürchtung bewahrheitete sich.
    Auch in der anderen Gasse lauerte das Untier.
    Sie saßen in der Falle!
    ***
    Viele Menschen kennen Venedig nur von den Erzählungen her. Ich nicht. Schon zweimal hatte ich in der Stadt an der Adria zu tun gehabt, in dieser ach so oft beschriebenen und besungenen Metropole einer glanzvollen Vergangenheit.
    Die Seufzerbrücke, Campanile, die Tauben, die Kirche von San Marco, der Platz davor, das alles zählte neben den prachtvollen Palästen der ehemals so mächtigen Dogen für die Touristen. Uns interessierte es weniger, denn Suko und mich hatte ein Fall in die Stadt geführt.
    Begonnen hatte es mit den toten Tauben!
    Zu Hunderten regneten sie vom Himmel, bedeckten die Gassen und Plätze. Tierkadaver, die irgendwie vergiftet schienen. Jedenfalls glaubte man das. Bis die Vögel genauer untersucht wurden, und da stellte man fest, daß sie keinen Tropfen Blut mehr besaßen.
    Sie wirkten leergesaugt, als hätte ihnen jemand das Blut abgezapft.
    Man fand sogar Bißstellen, die auf dieses ungewöhnliche Phänomen hinwiesen, und die Polizei wurde eingeschaltet.
    Sie stand vor einem Rätsel.
    Blutleere Tauben fielen nicht einfach vom Himmel, das mußte einen Grund haben. Also ging man der Sache nach, doch zu einem Ergebnis kam man nicht.
    Das Motiv blieb im Dunkeln.
    Bis sich Menschen meldeten, die ein seltsames Phänomen beobachtet hatten. Da sprachen glaubwürdige Zeugen von gewaltigen Fledermäusen, die sie über der Stadt gesehen haben wollten.
    Riesige Vögel mit blutroter Haut, großen Mäulern und gefährlichen Zähnen. Diese Wesen wurden zweifelsohne als Fledermäuse identifiziert, aber Fledermäuse von dieser Größe gab es nirgendwo auf der Welt.
    Die Entdeckung konnte verheimlicht werden, die Presse bekam keinen Wind davon, aber im Polizeipräsidium rauchten die Köpfe.
    Ein logischer Schluß lag nahe. Wenn die Fledermäuse unter Umständen die Tauben angegriffen und ihr Blut ausgesaugt hatten, dann war es durchaus möglich, daß sie sich irgendwann einmal auf Menschen stürzten. Das wollte keiner der Verantwortlichen zulassen. Aus diesem Grunde verstärkte man die Polizeistreifen. Der Erfolg stellte sich bald darauf ein, denn zwei Carabinieri sahen die Wesen.
    Allerdings weit draußen, schon im Golf, jenseits der zahlreichen Inseln und des Lido. Dort schwebten sie lautlos durch die Luft, griffen die Menschen zum Glück nicht an, und den Polizisten gelang es tatsächlich, die beiden Wesen etwa zehn Minuten lang zu beobachten, bevor die Tiere in der wattigen Dunkelheit über dem Wasser verschwanden.
    Die Protokolle über die Beobachtungen waren streng geheim und nur bestimmten Beamten zugänglich. Einer dieser Männer war Commissario Tolini, ein alter Fuchs, dem man so leicht nichts vormachen konnte. Seit er denken konnte, tat er in Venedig Dienst, er hatte sich mit Taschendieben, Mafiakillern und Fixern

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