0231 - Wenn es Nacht wird in Soho
war nichts zu hören außer Zamorras Atmen und seinem eigenen Herzschlag. Die Lautlosigkeit war bedrückend.
Er schwenkte das Amulett leicht hin und her. Aber es reagierte nicht auf die Masken, zeigte nur die magische Kraft als solche an.
Langsam ging Zamorra auf eine der Masken zu, streckte die Hand aus und berührte sie. Instinktiv erwartete er, daß im Moment der Berührung etwas geschah. Doch es gab keine Reaktion.
Die Maske war weich… wie Haut, Fleisch… und warm!
Zamorra zuckte zurück. Was bedeutete diese Sammlung? Warum zeigte der Dämonische sich nicht, wenn er anwesend war? Wo steckte er? Warum griff er nicht an?
Der Parapsychologe machte wieder einen Schritt in Richtung der Tür.
Da flog eine verborgene Tür auf, die ebenfalls mit Masken behängt war, um sie zu tarnen. In der Tür stand ein alter Mann, und seine Hand ruckte hoch. In ihr befand sich eine Pistole.
Zamorra fuhr herum. Er sah genau in den grellen Blitz, der ihm entgegenschlug.
***
Nicole stand an der Tür. Sie sah den Alten im gleichen Moment wie Zamorra, und sie sah auch, daß er schoß. Ihr Wamschrei kam zu spät.
Wie vom Blitz gefällt brach Zamorra zusammen!
Die Hand mit der Waffe ruckte herum, zeigte auf Nicole Duval. Die Französin ließ sich blitzschnell fallen, bekam Kontakt mit hartem Betonboden und rollte sich auf die Treppe zu. Etwas hackte in den Beton, Splitter flogen. Ein Querschläger heulte wie eine bösartig summende Hornisse durch das Stiegenhaus.
Nicole rollte die Treppe hinunter bis zum nächsten Absatz. Dort kam sie wieder auf die Beine und sah nach oben.
Der Alte stand in der Tür und zielte beidhändig mit seiner Waffe. Wieder drückte er ab.
Nicole jagte weiter die Treppe hinunter. Von oben erklang wildes, höhnisches Gelächter, das durch das ganze Haus hallte.
Nicole war wie vor den Kopf geschlagen. Mit allem hatte sie gerechnet, nicht aber damit, daß jemand auftauchen und mit einer ganz gewöhnlichen Waffe schießen würde! Und dieser Mann hatte jetzt alle Trümpfe in seiner Hand. Nicole wußte, daß sie gegen den Revolver nicht ankam. Selbst wenn er sich leerschoß -bis sie kehrtmachte und wieder oben war, konnte der Alte mühelos nachladen.
Nicole konnte selbst nichts tun. Sie mußte Verstärkung holen. Die Polizei -Kerr! Zamorra hätte auf sie hören sollen und abwarten…
Zamorra! Was war mit ihm geschehen? War er tot? Oder täuschte er den Alten njur? Aber dann hätte er doch Zeit gehabt, hinter ihm wieder aufzutauchen und ihn zu überwältigen.
Daß das nicht geschah, ließ Nicole das Schlimmste befürchten. Die Kugel mußte Zamorra erwischt haben. Tod oder schwer verletzt… alles war offen, und sie konnte nur das Beste hoffen.
Müde ging sie die letzten Treppenstufen hinunter und zur Haustür. Die wilde Ballerei schien niemanden zu interessieren. Niemand tauchte auf der Straße auf, niemand im Haus. Nicole lehnte sich in den Hauseingang.
Die Polizei! durchfuhr es sie. Ein Streifenbobby… aber auf der Fahrt hierher hatte sie keinen gesehen. Eine Ausnahmeerscheinung in London! Aber vielleicht gab es eine Telefonzelle in der Nähe!
Sie setzte sich wieder in Bewegung und ging auf den 280 SE zu. Noch einmal wandte sie sich um.
Da sah sie den Schatten, der aus dem Haus kroch, über den Boden floß und ihr folgte…
Ein Schatten?
Nicoles Atem stockte, und für wertvolle Sekunden stoppte sie im Schritt, weil der Anblick gleichermaßen faszinierend wie angsteinflößend war.
Einer riesigen Quecksilberlache ähnlich, die menschliche Umrisse besaß, waberte etwas über den Straßenasphalt auf die Französin zu. Dieses Etwas schien jedoch keine echte Substanz zu besitzen - eben ein Schatten… nur daß dieser Schatten keinen Menschen brauchte, der ihn im Zusammenspiel mit hellem Sonnenschein erzeugte!
Der Schatten lebte!
Und es mußte magisches Leben sein, das in ihm steckte!
Nicole ahnte den Ursprung dieser Magie.
Der Alte im Haus!
Hatte Zamorra nicht gesagt, das Amulett würde auf etwas Dämonisches ansprechen? Mit seinen Kugeln hatte er Nicole nicht mehr erreicht. Deshalb versuchte er es jetzt auf andere Weise.
Flüchtig tauchte das zerfurchte, alterszerfressene Gesicht des Mannes vor Nicoles innerem Auge auf. Aber ihr graute so stark davor, daß sie es sofort wieder verscheuchte.
Ihr blieb auch keine Zeit, in Erinnerungen zu schwelgen. Sie mußte Hilfe organisieren. Für Zamorra. Und sie mußte zuallererst einmal ihr eigenes Leben sichern…
Sie riß ihren Blick von dem Schatten
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