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0231 - Wenn es Nacht wird in Soho

0231 - Wenn es Nacht wird in Soho

Titel: 0231 - Wenn es Nacht wird in Soho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa und Manfred Weinland
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Fingern.
    »All right. Babs wird wohl ins Büro müssen, für mich die Stellung halten und so. Zamorra, könnt ihr zwei mich dann heute nachmittag hin bringen? Babs nimmt dann nämlich gleich den Wagen.«
    »Selbstverständlich«, lächelte Zamorra.
    Kerr zog sich zurück. Der Meister des Übersinnlichen sah ihm nach. Im Augenblick wirkte Kerr wieder völlig normal. Von einer Veränderung war ihm nichts anzumerken.
    »Aber trotzdem stimmt etwas mit ihm nicht«, sagte Babs plötzlich. »Er ist anders als sonst. Er ist so… so schweigsam.«
    »Er wird wohl übermüdet sein«, sagte Nicole. »Dann redet man nicht gern viel.«
    »Sonst erzählte er mir immer alles in allen Einzelheiten«, erwiderte Babs. »Und… er hat mich weder vorhin, als er heimkam, noch jetzt vorm Schlafengehen geküßt.«
    Nicole verschluckte die Antwort, zu der sie bereits ansetzte. Dies war, zumindest für sie, das überzeugendste Argument für eine Veränderung in Kerr. Ein Mann, der vergaß, die Frau seines Herzens zu küssen…
    Da wußte Nicole, daß die Gefahr, aus der Kerrs Notschrei kam, nicht überwunden war. Ganz im Gegenteil. Der Druide steckte noch mittendrin. Aber in Babs’ Gegenwart konnte sie es Zamorra doch nicht sagen…
    ***
    »Weißt du was?« sagte Zamorra ein paar Stunden später. »Wir sehen uns dieses Haus einmal näher an, in dem Kerr war.«
    Nicole trommelte einen Schlagertakt auf das Lenkrad des großen Mercedes. Der Kofferraum des Wagens war gut gefüllt und Zamorras Scheckheft merklich dünner geworden. Vorsichtshalber hatten sie auch für mehrere Tage ein Zimmer in einem Hotel in der City gebucht. Schließlich konnten sie Babs nicht mehr als unbedingt nötig zur Last fallen.
    »Sollen wir nicht lieber warten, bis Kerr wieder wach und im Dienst ist?« fragte die Französin. »Dann können wir gemeinsam auftauchen und haben die Rückversicherung seines Dienstausweises, falls uns wer ’rausschmeißen will…«
    Zamorra schüttelte den Kopf.
    »Ich weiß nicht… es gefällt mir nicht, daß er sich etwas verändert hat. Irgend etwas in mir sagt, es sei nicht gut, ihn dabei zu haben. Der zweite Grund ist, daß bis dahin noch mindestens zwei Stunden vergehen. Vielleicht kommen wir sogar jetzt schon zu spät. Vielleicht sind längst alle Spuren verwischt.«
    »Alle Spuren, die auf den mutmaßlichen Menschenverschwindenlasser hindeuten«, sagte Nicole. »Aber die Magie…?«
    »Egal«, erwiderte der Parapsychologe und Dämonenjäger.
    »Außerdem wissen wir nicht, wie wir dorthin finden«, beharrte Nicole. »Er hat uns zwar Straße und Hausnummer angedeutet, aber…«
    Zamorra beugte sich vor und öffnete das Handschuhfach des Wagens. Er fischte einen Stadtplan von London heraus. »Service des Autovermieters… da wird sich diese Gasse doch wohl ausfindig machen lassen.«
    Wenig später hatte er sie. »Mhm… feine Gegend ist das ja nicht gerade! Mit deinem weißen Hosenanzug wirst du auffallen. Hier, schau dir die Strecke an…«
    »Du kannst ja Fahrschule spielen«, wies Nicole ihn auf eine einfachere Methode hin und fuhr los. Sie saß in letzter Zeit wieder häufiger selbst am Lenkrad, und Zamorra genoß es, chauffiert zu werden. Nur wenn er es ganz eilig hatte, lenkte er selbst, weil Nicole nicht immer in der Stimmung war, hohe Geschwindigkeiten zu fahren. Seit sie sich einen Fast-Oldtimer zugelegt hatte, einen Heckflossen-Cadillac mit Cabrioverdeck aus den endfünfziger Jahren, bevorzugte sie meist eine etwas gemäßigte Gangart.
    Zielsicher steuerte sie den Mercedes jetzt durch die City, von Ampel zu Ampel und von Stau zu Stau. Zamorra gab nach der Karte den Kurs an. Immer trostloser wurde die Gegend.
    Soho hatte dem Franzosen noch nie richtig gefallen. Er zog gepflegtere Gegenden vor.
    Aber wenn er sich das Haus und die Wohnung, in der Kerr sein eigentümliches Erlebnis hatte, näher ansehen wollte, ließ sich ein Kontakt mit diesem heruntergekommenen Teil des Stadtviertels nicht vermeiden.
    »Hier stinkt’s ja wirklich«, bemerkte Nicole und kurbelte das Fenster wieder hoch, um die Frischluftzufuhr zu unterbinden. »Himmel, ich dachte schon, der Abgasmief am Grosvenor Square wäre schlimm, aber hier… hier ist ja alles noch viel schlimmer.«
    »Naturgeruch«, bemerkte Zamorra und deutete schmunzelnd auf die überquellenden Müllkübel am Gehsteig. Nicole rümpfte die Nase.
    »Ratten… am hellen Tag! Pfui Deibel! Und hier soll diese elende Hütte sein?«
    »Wenn Kerr uns nicht belogen hat…«
    Zamorra erschrak

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