0231 - Wenn es Nacht wird in Soho
er dadurch besser sehen. Fassungslos starrte er auf seine Hände.
Wie ein zuckender Blitz löste er den furchtbaren Griff, taumelte entsetzt zurück.
»Was tue ich?« keuchte er entsetzt. »Ich bringe ihn ja um… ich morde Zamorra!«
Er stieß mit dem Rücken gegen die Wand, sah auf seine Hände, als könne er es nicht glauben. Waren das Mörderhände?
Kerr, der Mörder!
Sanguinus, der Mörder!
Tief atmete der Druide durch. Er begriff, daß er wieder klar denken konnte. Sanguinus war aus ihm verschwunden. Etwas hatte ihn abgerufen. Warum? Und wer? Was geschah?
Unwichtig! Zuerst galt es zu erfahren, was mit Zamorra war. Mit einem Satz war Kerr wieder am Krankenbett. Einen Moment lang schreckte er zurück, wollte Zamorra mit seinen Mörderhänden nicht berühren. Dann aber überwand er sich.
Zamorra atmete flach, aber stoßweise!
»Gott sei Dank«, murmelte Kerr. Zamorra lebte noch! Aber sein Atem ging pfeifend. Eine Minute länger, und er wäre tot…
Kerr war wie vor den Kopf geschlagen. Wie hatte er so etwas tun können? Sanguinus war daran schuld! Der Dämon zwang den Druiden zu seinem furchtbaren Tun!
Der Inspektor betrachtete Zamorra. Der wurde langsam ruhiger. Aber immer noch öffnete er seine Augen nicht. Immer noch befand er sich in jenem Zustand der Starre. Kerr schüttelte den Kopf. Wie war so etwas möglich? Er entsann sich der Worte des Polizeiarztes in Quirileines Wohnung, daß die Wunde verheilt war. Warum also konnte Zamorra sich nicht erheben und putzmunter herumlaufen?
Quirileinen! durchzuckte es Kerr. Woher wußte er, daß der alte Zauberer Quirileinen hieß? Der Alte, der ihm den Dämon auf den Hals hexte…
Im nächsten Moment begriff er. Das war das Wissen des Dämons! Es war in ihm präsent! Es war geblieben, als Sanguinus ihn verließ!
Da rief er das Dämonenwissen ab. Und aus der Erinnerung stieg das Wissen empor, daß Quirileinens Kugel magisch behandelt war, daß sie den Keim des Höllenfeuers in das Opfer hämmerte!
Warte, dachte Kerr, durch diese Rechnung mache ich dir einen ganz dicken Strich!
Und er, der sich immer weigerte, seine Druiden-Kraft zu akzeptieren, weil er nicht zwischen zwei Welten stehen wollte, setzte diese Druiden-Kraft jetzt gezielt ein!
Unsichtbare Ströme flossen aus seinen Händen, als er Zamorras Stirn und Schläfen berührte. Etwas strömte hinüber, um den Keim der Hölle zu bekämpfen und zu vernichten.
Zamorra bäumte sich unter ihm auf!
In ihm tobten schwarze und weiße Magie !
Aber die weiße erwies sich als stärker. Kerr erkannte es rechtzeitig. Zamorra würde wieder erwachen, würde wieder normal sein.
Aber da spürte Kerr noch etwas anderes!
Tief in sich machte es sich bemerkbar. Der Dämon kehrte zurück!
Hatte Kerr ihn nicht dadurch zurückgerufen, indem er sich des Dämonenwissens bediente? Hatte er Sanguinus nicht damit erst eine Brücke gebaut? Er konnte nicht ahnen, daß dieser Verdacht nicht stimmte, aber die Angst, es könne so sein, nahm ihm fast das Bewußtsein.
Er konnte Sanguinus nicht zurückschleudern, konnte ihn nicht am Eindringen hindern! Der Dämon kam!
Immer stärker wurde er, begann Kerr wieder zu übernehmen!
Kerr stöhnte. Er wich von Zamorra zurück, der seiner Hilfe im Moment nicht mehr bedurfte. Weg hier! durchpulste es den Druiden. Weg hier, bevor Sanguinus mich erneut zum Morden zwingt…
Er wollte den zeitlosen Sprung an wenden. Doch es gelang ihm nicht. Alles in ihm verkrampfte sich. Zitternd brach er in die Knie.
Er war zu schwach!
All seine Kraft war in den Kampf um Zamorras Gesundheit geflossen. Er hatte den Freund vom Keim des Bösen befreit und zahlte nun seinen Preis dafür.
Er konnte nicht mehr springen!
Nicht, ehe er nicht neue Kräfte schöpfte! Und das konnte dauern. Stunden, Tage, vielleicht Wochen. Denn auch die Kräfte der Magie gehorchen bestimmten Gesetzen und sind nicht unerschöpflich.
Kerrs Hand streckte sich nach der Türklinke aus. Weg hier! Weg hier! Weg von Zamorra!
Da stieß ihn der Dämon zurück in den bodenlosen Abgrund.
Er war wieder Sanguinus-Kerr.
Und er wußte, daß Quirileinen da gewesen war. Quirileinen hatte Sanguinus abgerufen, um einen Machtkampf mit ihm zu führen, den er verlor. Der Dämon war der überragende Sieger.
Er lachte spöttisch. Kerrs Körper richtete sich wieder auf, straffte sich. Neue Kräfte durchflossen ihn. Dämonische Kräfte.
Quirileinen, der Narr! Glaubte er wirklich, stärker zu sein als der Dämon? Wie konnte er glauben, Sanguinus
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