0231 - Wenn es Nacht wird in Soho
vom wurde eine Ampel rot. Kerr bremste ab. Babs kam heran. Als sie direkt hinter dem Mercedes war, sprang die Ampel wieder um, und Kerr gab Gas. Der große Wagen schoß vorwärts.
London bei Nacht! Der Verkehr wurde wieder stärker, das Nachtleben begann. Babs sollte es bereits im nächsten Augenblick erfahren. Sie rollte hinter Kerr in die Kreuzung ein. Der Querverkehr wurde durch das Rotsignal zum Stoppen gezwungen.
Ein gelber Triumph übersah das Signal. Er fegte mit hoher Geschwindigkeit heran. Babs sah ihn noch kommen, wunderte sich über das irrsinnige Tempo des Wagens und trat instinktiv auf die Bremse. Es war ein Fehler. Hätte sie das Gaspedal durchgedrückt, wäre sie noch davongekommen.
Ein dumpfer Schlag wirbelte sie herum. Der Vauxhall Cavalier wurde am Heck erfaßt, rotierte über die Kreuzug und knallte breitseits gegen einen Ampelmast. Der knickte um und kippte im Zeitlupentempo über das Dach des Wagens. Der gelbe Triumph schleuderte rückwärts auf den gegenüberliegenden Gehsteig und raste in ein Schaufenster. Zwischen viktorianischen Polstermöbeln kam er zum Stehen. Babs sah es nicht mehr. Ihr Kopf traf die Seitenscheibe. Alles wurde schwarz, sie sank in den Gurten zusammen. Aus dem abgeknickten Ampelmast sprühten Funken, liefen über das Metall und fraßen sich als winzige Flämmchen in den Fahrzeuglack. Unendlich langsam löste sich die Fahrertür aus dem zerstörten Schloß, schwang auf. Babs kippte zur Seite. Blut tröpfelte auf den nassen Asphalt.
***
Quirileinen war zufrieden. Er hatte erneut gemordet, einen Obdachlosen im Hyde Park. Dies war zwar nicht unbedingt einer derjenigen, die er zuerst treffen wollte, aber er sah ihn als ein Experiment an. Drei Tote in einer Nacht, und er stand erst am Anfang.
Seine Rache!
Aber er fühlte sich geschwächt. Um weiterzumachen, bedurfte er der Macht der DREIZEHN. Aber der Dämon war widerspenstig. Sanguinus wollte nicht einfach nur dienen. Im Gegenteil.
Quirileinen warf wieder einen Blick auf die gefesselte Frau. Er wußte nicht, ob sie noch bewußtlos war oder ihren Zustand nur schauspielerte. Es interessierte ihn im Moment auch nicht. Sie konnte sich aus ihren Fesseln nicht befreien, nur das zählte.
Und sie war ein Eingeständnis seiner ersten Niederlage gegen den Dämon Sanguinus.
»Ha«, murmelte Quirileinen. »Ich werde dich zwingen, diesen Befehl zurückzunehmen! Du wirst dich wundem, wie ich dich zwingen kann!«
Er überlegte. Er mußte sorgfältig Vorgehen. Er wußte, daß er sich dem Befehl des Dämons hier und jetzt nicht widersetzen konnte, wie er auch den Dämon zwang, das zu tun, was er wollte. Aber er wollte versuchen, den Dämon zur Rücknahme seines Befehls zu zwingen.
Und zwar über die DREIZEHN.
Quirileinens Gesicht nahm einen verbissenen Ausdruck an. Er begann wieder mit den Beschwörungen. Langsam und sorgfältig. Er durfte gerade diesmal keinen Fehler begehen. Ganz überraschend mußte er den Dämon übernehmen.
Und wieder erwachte die DREIZEHN und schleuderte Quirileinen in das schwarze Nichts!
***
Sanguinus-Kerr bemerkte wohl, daß er verfolgt wurde. Und diese Verfolgung war ihm lästig. Es ärgerte ihn, daß Kerr diese Frau heimschickte, sie warnte. Warum sollte sie nicht sterben? Was waren denn schon Menschen? Mit einem Gedanken konnte man sie auslöschen.
Sanguinus sah durch den Nebel. Er sah einen gelben Wagen, dessen betrunkener Fahrer das Pedal durchtrat. Und Sanguinus-Kerr fuhr so, daß er rechtzeitig eine ganz bestimmte Kreuzung zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt erreichte.
Die Schicksalsfäden wurden zu einem unzerreißbaren Netz. Sanguinus-Kerr verzog keine Miene, als er im Rückspiegel den verheerenden Unfall sah. Der Druide wollte sich aufbäumen, aber der Dämon zwang ihn eiskalt unter seine Kontrolle und ließ ihn weiter fahren.
Er hatte ein Ziel.
Jenes Krankenhaus, in welchem ein Mann namens Zamorra vor sich hin dämmerte.
Wilde dämonische Freude erfüllte Sanguinus. Es hatte doch einen Vorteil, sich ausgerechnet von Quirileinen »einfangen« zu lassen. Denn dieser Quirileinen hatte dem Dämon einen Gegner in die Hände gespielt, mit dem noch eine Rechnung zu begleichen war.
Professor Zamorra!
Damals, in jener Nacht in der Schreckensburg oben in Schottland, mußte Sanguinus fliehen. Zamorra bezwang ihn und die Vampirbrut, die im Entstehen begriffen war. Diese Niederlage hatte Sanguinus bis heute noch nicht verwunden. Doch nun war jener Zamorra ihm ausgeliefert, gelähmt durch Quirileinens
Weitere Kostenlose Bücher