0232 - Sieben Siegel der Magie
denn er würde auch nicht verschont bleiben…
***
Sie konnte es nicht fassen!
Das Bild war so unglaublich, so grauenhaft, dass Lady Sarah aufstöhnte und ihre Hände hob. Wie durch ein Wunder hielt sich der Händler noch auf den Beinen, obwohl er mit jedem röchelnden Atemzug mehr Blut verlor.
Er starrte die Horror-Oma an. Sein Gesicht war ein Bildnis der Pein und Qual, er wollte etwas sagen, doch der unsichtbare Totenvogel hatte seine Schwingen längst über ihn ausgebreitet, um ihn in das Reich der Schatten zu ziehen.
Einen Schritt noch schaffte er, dann wurden ihm die Knie weich, er knickte zusammen und fiel Lady Sarah entgegen. Sie fing ihn nicht auf, er war einfach zu schwer und hätte sie von den Beinen gerissen, aber sie schaffte es, ihm das alte Buch aus den Händen zu reißen.
Sieben Siegel der Magie!
Der Titel sprang ihr förmlich ins Auge, als sie das Deckblatt umklappte. Musste Peterson deshalb sterben? Nur weil er das Buch besaß? Wenn das stimmte, war auch sie in Gefahr.
Mit einem dumpfen Schlag fiel der Tote zu Boden. Und dieses Geräusch riss Lady Sarah aus ihren Gedanken. Mein Gott, sie musste weg, sonst war auch sie verloren.
Sie wusste nicht, wer die Mörder des Antiquitätenhändlers gewesen waren, aber sie konnte sich kaum vorstellen, dass so etwas von Menschen begangen worden war. Nein, da mussten andere dahinter stecken. Sie umklammerte das Buch wie einen wertvollen Schatz. Bevor sie kehrtmachte, fiel ihr Blick noch auf die offene Tür.
Nach wie vor quoll der grünliche Brodem aus dem Spalt und verbreitete sich auch im Innern des Geschäfts. Er vernebelte zum Teil die Sicht, allerdings gelang es Lady Sarah, eine schreckliche Gestalt innerhalb der Nebelschwaden zu sehen. Ein furchtbares Wesen, ein echsenköpfiges Monstrum mit relativ kleinen Armen, aber Krallen, die den Schaft einer Lanze umklammert hielten.
Eine Lanze steckte im Körper des Toten. Lady Sarah kombinierte richtig. Falls diese eine Echse nicht mit zwei Lanzen bewaffnet gewesen war, dann musste sie noch einen Helfer gehabt haben.
Plötzlich trommelte das Herz der alten Frau hoch oben im Hals. Gegen diese mordgierigen Bestien kam sie nicht an, und sie wich blitzschnell zurück, stieß dabei noch gegen den Rand der Verkaufstheke, fiel fast über ihren Stock und schaffte es, den Tresen hinter sich zu lassen. Das wertvolle Buch nahm sie mit. Trotz der Panik ließ sie es nicht los und klemmte es sich unter den Arm.
Flucht! An etwas anderes dachte sie nicht. Aber es war verdammt schwer, aus diesem Laden zu kommen, der vollgestopft mit altem Trödel war. Es gab keinen richtigen Weg, die Kunden mussten hergehen, wo sie Platz fanden, und es auch in Kauf nehmen, manchmal über Gegenstände hinwegzusteigen.
Vielleicht hätte Lady Sarah das alles nicht als so schlimm empfunden, wäre nicht plötzlich die Gestalt im offenen Rechteck der Tür aufgetaucht. Ein unheimliches Echsenwesen, vom giftgrünen Nebel umwallt, und mit einer Lanze in der Pranke.
Genau in dem Augenblick wandte Lady Sarah noch einmal den Kopf.
Die Blicke des Untiers und des Menschen trafen sich. Die Horror-Oma sah die hervorquellenden Augen, die sie in ihrer Kälte an Wasser erinnerten, und sie bemerkte, wie die Echse ihr Maul aufriss, wobei sie gleichzeitig die Pranke anhob.
Ihre Absicht war klar, sie wollte die Lanze schleudern und Lady Sarahs Rücken damit treffen.
Für einen Moment schien die ältere Frau zu Eis erstarrt zu sein. Ihr Gesicht spiegelte den Schrecken wider, alles an ihr erstarrte, und da warf das Echsenwesen sein tödliches Instrument.
Lady Sarah aber schleuderte die Erstarrung von sich weg, sie wich aus und hätte es vielleicht nicht geschafft, wenn sie nicht über eine am Boden stehende Kiste gestolpert wäre.
Dieser wirkliche Zufall rettete ihr das Leben. Die Horror-Oma glaubte, ein sausendes Geräusch zu vernehmen, so nahe zischte die Lanze an ihr vorbei, dann wuchtete sie in das Gehäuse einer Uhr, durchschlug dies und landete zwischen altem Zinngeschirr, das scheppernd umfiel.
Dieses Geräusch mobilisierte auch Mrs. Goldwyn. So einfach wollte sie sich nicht unterkriegen lassen. Zudem hatte sie Glück im Unglück, denn sie war nicht zu Boden gefallen, sondern auf die Truhe, und sie hielt das Buch sowie ihren Stock fest.
Lady Sarah kletterte über die Kiste, lief zwei Schritte und verschwand im ersten Verkaufsraum. Jetzt deckte sie die Trennmauer der beiden Räume gut ab.
Es war zu hören, wohin sie flüchtete, denn zu rennen,
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