0233 - Allein in der Drachenhöhle
den Boden kaum zu berühren. Im Haus war es still. Entweder schliefen die Bewohner, oder sie waren überhaupt nicht da.
Die Scott hatte eine Idee. An der Treppe blieb sie stehen. Das Haus war ähnlich gebaut wie das der Lady Sarah. Die Untote konnte die Stufen hochschauen und sah, dass sich die letzten im Dämmer verloren.
Hier würde sie kaum jemand suchen, das Versteck war gut, denn nun mussten erst neue Pläne geschmiedet werden.
Lady X entschloss sich schnell. Auf den Stufen nahm sie Platz, legte die kleine MPi über ihre angewinkelten Knie und griff dorthin, wo sich ihr Rücken befand.
Sie hob das Oberteil des Lederanzugs ein wenig an, so dass ihre Finger den Hosengürtel fanden. Hier hatte sie sich eine Spezialtasche annähen lassen, die kaum zu sehen war. Aber in ihr steckte der Würfel des Unheils, eine Waffe, die ungemein gefährlich war. Sie übertraf die anderen bei weitem, vielleicht auch das Kreuz, so dass Lady X hoffte, den Würfel einmal dagegen einsetzen zu können.
Diesen weißlichblau schimmernden Gegenstand, der im Innern immer milchig wirkte, konnte man manipulieren. Er gehorchte dem jeweiligen Besitzer und produzierte das, was der Träger jeweils wollte.
Dr. Tod hatte damit seinen Horror-Nebel geschaffen. Lady X allerdings dachte da ein wenig spitzfindiger. Sie brauchte den Würfel für andere Zwecke, für Kontaktaufnahmen mit anderen Dämonen oder für einen Blick auf ihre Feinde, denn sie wollte immer darüber informiert sein, was die anderen gerade taten.
Sie nahm den Würfel in beide Hände. Zehn Finger presste sie gegen die Seiten, denn sie brauchte unbedingt einen Kontakt zum Spuk. Sie wollte sehen, was er unternahm, und sie konzentrierte sich wie selten in ihrem untoten Leben.
Innerhalb des Würfels wallte es auf. Da bildeten sich Schlieren, Schwaden, die sich zu einem Nebel verdichteten. Lady X konzentrierte ihre Gedanken auf den Würfel, sie stellte sich den Spuk vor, sie wollte ihn sehen, doch der Würfel reagierte nicht.
Er zeigte kein Bild.
Ein wütender Fauchlaut entrang sich dem Maul der Blutsaugerin. Wild schüttelte sie den Kopf, so dass ihre Haare flogen. So etwas war ihr noch nie passiert, bisher hatte sich der Würfel all ihren Wünschen gefügt, nun aber zeigte er sich verschlossen.
Dafür musste es einen Grund geben. Ob er vielleicht mit dem Buch oder Sinclairs Kreuz zusammenhing?
Kaum möglich. Normalerweise hatte der Würfel sich ihren Wünschen immer gefügt und da hatte es das Kreuz auch schon gegeben.
Sie nahm einen zweiten Anlauf. So leicht gab sie nicht auf. Die Konzentration wurde so stark, dass sie fast wie ein Mensch reagierte und stöhnte.
Kein Bild. Nur ein weißes, konturenloses, nebliges Gebilde, das die Seiten des Würfels einnahm.
Wie von selbst sanken die Arme der Vampirin nach unten. Sie fühlte sich schlecht, zwar nicht erschöpft, Vampire haben keine menschlichen Gefühle, aber irgendwie war es anders als sonst. Dass der Würfel nicht reagierte, damit hätte sie niemals gerechnet. Er hatte sich bisher über alles hinweggesetzt, was an Widerständen im Weg stand, und nun dies.
Ein schrecklicher Verdacht keimte in ihr auf. Sollte es John Sinclair bereits gelungen sein, das Rätsel des Kreuzes zu lösen? Hatte er eine Gegenmagie eingesetzt?
Durchaus möglich, wenn auch nicht wahrscheinlich. Es war eine viel zu kurze Zeitspanne vergangen, zudem hatte sich der Spuk bereitgemacht, das Buch an sich zu nehmen.
Es schien ihm nicht gelungen zu sein…
Die Ungewissheit war für Lady X noch schlimmer. Sie fühlte sich in einem Vakuum und hätte liebend gern Kontakt mit dem Spuk aufgenommen, was nicht mehr möglich war.
Jetzt musste sie allein entscheiden. Eigentlich kein Problem, wenn sie nicht den Pakt mit dem Spuk geschlossen und abgemacht hätte, die Aktionen genau abzusprechen. Jeder sollte darüber informiert sein, was der andere tat. Das war nicht mehr möglich.
Und dann glaubte sie, ein Geräusch gehört zu haben. Es war ein Schleifen, kaum zu vernehmen, aber ihre Sinne waren ganz auf Abwehr eingestellt.
Hinter ihr lauerte es…
Noch zwei Sekunden blieb Lady X sitzen, dann ließ sie den Würfel fallen, spritzte in die Höhe, riss die Maschinenpistole hoch und kreiselte herum.
Die Mündung wies auf eine schattenhafte Gestalt, die über ihr am Ende der Treppe stand.
Es war Lupina!
***
Das Buch und das Kreuz hatte ich nicht aus der Hand gegeben, denn ich ließ Suko fahren. Wir hatten meinen Bentley genommen, der Chinese wollte seine
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