0234 - Macht und Mythos
Reporter seinen Schritt stoppte. Jetzt wusste er überhaupt nicht mehr, was er sagen sollte. Sheila musste den Verstand verloren haben, eine andere Erklärung kam ihm nicht in den Sinn.
Mit einem heftigen Schwung stand Sheila plötzlich auf den Beinen. Sie hatte das Schwert bei dieser Aktion nicht losgelassen, und die Spitze wies weiterhin auf Myxin.
»Rührt euch nicht!« flüsterte sie rauh. »Verdammt, wagt es nicht, euch zu rühren!« Sie bewegte ihre rechte Hand, so dass die Schwertspitze wechselte. Einmal wies sie auf Myxin, dann zeigte sie in Karas Richtung, und auch Bill Conolly blieb nicht ausgeschlossen.
Der Reporter übernahm das Wort. Die anderen hatten sich bewusst zurückgehalten, denn Bill war hier der Hausherr. »Sheila, was ist denn in dich gefahren? Weshalb tust du das?«
»Frag mich nicht«, keuchte die Frau und duckte sich leicht zusammen. Ihr Gesicht war schweißnass.
Die Anstrengung des inneren Stresses zeichnete sich auf ihren Zügen ab. »Verflixt, fragt mich nicht. Verschwindet nur aus dem Raum!«
Bill breitete die Arme aus. Auch in seinem Innern tobte eine Hölle. Er konnte seine Frau einfach nicht begreifen. Innerhalb von Sekunden hatte Sheila einen Wandel durchgemacht. Aber hatte er sich nicht schon zuvor angekündigt? Bill dachte an das Benehmen seiner Frau, als sie das Haus verlassen hatte. Sie war lange weggewesen, zu lange eigentlich, und sie hatte sich in Johnnys Zimmer aufgehalten.
Gleichzeitig dachte Bill an das Benehmen der Wölfin. Sie hatte ebenfalls nicht normal reagiert, sondern war unruhig durch den Garten bis unter das Zimmerfenster des Jungen gelaufen.
Zählte Bill seine Beobachtungen zusammen, so gab es nur ein Ergebnis. All das, was passiert war, musste in einem unmittelbaren Zusammenhang mit Johnny Conolly stehen.
Bill hing an seinem Jungen. Wie auch seine Frau Sheila, so liebte er den Kleinen abgöttisch. Wenn ihm etwas passiert war oder andere Kräfte dabei waren, ihm etwas anzutun… Bill dachte bewusst nicht mehr weiter. Er spannte einen Körper, stand auf dem Sprung, und das bemerkte auch seine Frau.
»Bleib stehen, Bill!« schrillte ihre Stimme. Sie bewegte dabei ihren Arm, so dass die Klinge genau auf den Reporter wies. Und der las die finstere Entschlossenheit in Sheilas Augen, so dass er zögerte.
Vielleicht hätten die anderen eingegriffen, doch etwas hielt sie zurück. Zudem stand nicht irgend jemand vor ihnen, sondern Sheila Conolly, die Frau eines Freundes.
Bill versuchte es weiterhin mit Worten. »Mach doch keinen Blödsinn, Sheila. Sei vernünftig. Was ist denn in dich gefahren?«
Ihr Blick irrlichterte. Sie atmete schnell und stoßweise. Die Adern am Hals zuckten, als sie ihre Mundwinkel nach unten zog, die Augen füllten sich mit Tränen, und sie schluchzte auf. »Geht doch endlich. Verflucht, so geht doch, sonst ist alles verloren!«
Mit dem letzten Wort sank auch die Schwertspitze ein wenig nach unten. Bill sah schon seine Chance, doch bevor er starten konnte, hatte Sheila die Klinge wieder gezückt.
»Nein«, knurrte sie. »So nicht…«
Sonst ist alles verloren, hatte sie gesagt. In Bills Kopf hallten die Worte nach. Was war denn verloren?
Etwa der Junge?
Niemand sprach. Allen Anwesenden war schlecht zumute. Sie fühlten sich mies, wollten raus aus dieser Misere, doch von Sheila bekamen sie keine Antwort.
Niemand hatte mehr mit ihr gerechnet, keiner hatte an sie gedacht. Aber sie war da. Urplötzlich tauchte sie an der Terrassentür auf, hetzte mit gewaltigen Sprüngen an den anderen vorbei und war so schnell auf Sheila zugesprungen, dass diese nicht mehr zu einer Gegenreaktion kam. Der Wolfskörper wuchtete in die Höhe und rammte Sheila so hart an der rechten Seite, dass sie taumelte.
Diese Chance nutzte Bill Conolly sofort aus. Bevor Sheila sich versah, hatte er sie gepackt, ihren Arm zur Seite gehebelt und ihr mit einer Drehung seiner rechten Hand das Schwert entrissen. Bevor sie nachgreifen konnte, warf Bill es fort.
Kara lief schnell und nahm ihre Waffe wieder an sich.
Bill aber kümmerte sich um Sheila, die weinend zusammengebrochen war, den Kopf schüttelte und davon sprach, dass nun nichts mehr zu retten sei.
»Was ist denn nur geschehen?«
»Mein Gott, Bill. Es geht um Johnny, er befindet sich in tödlicher Gefahr. Jane Collins ist bei ihm…«
***
»Dass dein Kreuz, John Sinclair, von dem Propheten Hesekiel erschaffen worden ist, weißt du inzwischen, aber du weißt nicht, was sich dieser weise Mann dabei gedacht
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